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UN vor vielen ungelösten Aufgaben

Gero Schließ17. September 2013

Das Ergebnis des Berichts war bereits bekannt, bevor er jetzt offiziell dem UN-Sicherheitsrat übergeben wurde: In Syrien kamen Chemiewaffen zum Einsatz. Nun sind die Vereinten Nationen am Zug.

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UN-Inspektor auf der Suche nach Chemiewaffen-Rückständen bei Damaskus (Foto: AFP/Getty Images)
UN-Inspektor auf der Suche nach Chemiewaffen-Rückständen bei DamaskusBild: AFP/Getty Images

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon selber hatte schon am vergangenen Freitag von einer "überwältigenden" Beweislast für den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien gesprochen. Kein Wunder also, dass die amerikanischen Medien das Topthema der vergangenen Woche nun nicht mehr als Aufmacher brachten.

Auch die überraschende Einigung der USA und Russlands in Genf auf einen Plan zur Zerstörung der syrischen Chemiewaffen hat dem lang erwarteten Bericht der UN-Inspektoren einiges von seiner Dramatik genommen. Und nicht zuletzt, nachdem Syriens Präsident Baschar al-Assad - offensichtlich unter dem Druck amerikanischer Militärdrohungen - den Besitz chemischer Waffen zugegeben hatte, zweifelte kaum noch einer ernsthaft daran, dass die UN-Inspektoren den Einsatz von Chemiewaffen bestätigen würden.

Bericht lässt Frage der Täterschaft offen

Ake Sellström und Ban Ki Moon (Foto: Reuters)
Ban Ki Moon nahm den Syrien-Bericht von Chefinspektor Ake Sellström entgegenBild: Reuters

Der jetzt dem UN-Sicherheitsrat offiziell übergebene Bericht legt tatsächlich Beweise vor, dass am 21. August in der Nähe von Damaskus das Giftgas Sarin "in einem großen Ausmaß" eingesetzt wurde. Die politisch wichtige Frage, ob das Assad-Regime oder die Rebellen dafür verantwortlich sind, beantwortet er nicht. Das war allerdings auch nicht der Auftrag der Inspektoren. Der Nahost-Experte Bruce Riedel von der Washingtoner Denkfabrik "Brookings Institution" wird im Gespräch mit der Deutschen Welle deutlicher. "Der Bericht klagt das Assad-Regime nicht direkt an, aber nur wenige schenken Assads Behauptung Glauben, dass die Rebellen das Massaker verübt hätten."

Ban Ki Moon formulierte es gegenüber dem Sicherheitsrat zunächst diplomatischer, als er forderte, dass die internationale Gemeinschaft "die Verantwortung trägt, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen".

UN-Generalsekretär für Gewaltoption

Bemerkenswert ist allerdings, dass Ban mit Nachdruck darauf hinweist, dass sich Russland und die USA in Genf auf eine UN-Resolution geeinigt hätten, die das Ziel der Zerstörung der syrischen Chemiewaffen notfalls mit militärischer Gewalt durchsetzt. Sollte die Führung in Damaskus die Auflagen nicht erfüllen, sollte dies "Konsequenzen" haben, sagte Ban bei der Vorstellung des Berichts.

Genau das aber ist zwischen den Verhandlungspartnern hart umstritten. Bereits vor Veröffentlichung des Berichts flammte zwischen den USA und Russland erneut eine Auseinandersetzung darüber auf, ob die Androhung von Gewalt für eine UN-Resolution zwingend ist. Während das dür US-Außenminister John Kerry eine unverzichtbare Bedingung ist, dreht sein russischer Kollege Sergej Lawrow den Spieß um und sieht darin eine mögliche unüberwindbare Hürde.

Für Mark Jacobsen vom "German Marshall Fund" bleibt es "unerlässlich, dass jede Vereinbarung über die Aushändigung der chemischen Waffen für Assad einen Durchsetzungsmechanismus enthält. Wenn nicht in der Resolution selber, dann auf anderen UN-Kanälen."

Wenige vergleichbare Erfahrungen

Auf den UN-Sicherheitsrat wird es in den nächsten Tagen und Wochen also ankommen. Das Gremium muss sich in seiner Resolution nicht nur über den Einsatz von militärischer Gewalt einigen, sondern auch kaum lösbare Sicherheitsprobleme anpacken. Hier sieht Bruce Riedel die größte Gefahr, dass der UN-Plan scheitert. "Wer garantiert die Sicherheit der Inspektoren? Die UN können sich nicht auf die syrische Armee verlassen. Sie ist die schuldige Partei in dem Massaker. Und sie kann sich auch nicht auf die Rebellen verlassen", so Riedel.

Das Assad-Regime müsse nicht nur in Sicherheitsfragen kooperieren, sondern auch eine bisher ungewohnte Transparenz zeigen, fordert Mark Jacobsen. Die im Genfer Abkommen geforderten Informationen über Lagerstätten und Beschaffenheit der Chemiewaffen sollten gemäß des engen Zeitplans rasch geliefert werden. Daneben sieht Jacobsen ungelöste technische Probleme bei der Zerstörung der Waffen.

"Auf jeden Fall müssen Hunderte von Fachleuten und Ausrüstung nach Syrien gebracht werden", macht er das Ausmaß des Engagements anschaulich. Es gibt nur wenige vergleichbare Erfahrungen. Im Irak hat man mehr als zehn Jahre für die Vernichtung von Chemiewaffen gebraucht. In Syrien soll es nach dem Willen der USA und Russlands nur ein Jahr dauern. "Es ist sehr sehr schwierig", wird in der "New York Times" ein Vertreter der US-Regierung zitiert, "aber es ist möglich".

Syrien: Giftgas-Einsatz vom 21. August

UN-Inspektoren in großer Gefahr?

Nahost-Experte Riedel sorgt sich vor allem darum, wie sich die Aufständischen verhalten werden. Viele von ihnen betrachten das Abkommen von Genf als Sieg von Assad und trauen weder den USA noch den Vereinten Nationen. "Extremisten im Rebellenlager werden wahrscheinlich versuchen, UN-Inspektionen mit Gewalt und Anschlägen zu verhindern. Al Kaida sieht die UN als Werkzeug einer größeren Macht, die gegen den Islam arbeitet." Anschläge auf UN-Einrichtungen in Bagdad und anderen Städten haben die zerstörerische Macht von Al Kaida bereits vor Augen geführt. Riedel ist sich sicher: Al Kaidas "syrische Filiale", die al Nusra-Front, habe die Fähigkeit, Selbstmordattentate in Damaskus und anderen syrischen Orten zu verüben.