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UN: Klimawandel hat katastrophale Folgen

Ajit Niranjan
25. September 2019

Der Bericht des Weltklimarats (IPCC) über den Zustand der Meere fordert drastische Emissionseinsparungen und dringende Investitionen, wenn man die Folgen durch schmelzende Gletscher und Extremwetter verhindern will.

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Indonesien Klimawandel
Bild: Getty Images/U. Ifansasti

Die Meere erwärmen sich und steigen immer schneller an, warnt ein neuer Sonderbericht der Vereinten Nationen, das hat dramatische Folgen für die Menschen und den Planeten. Der Bericht über die Meere und Eisgebiete der Erde, an dem über 100 Wissenschaftler mitgearbeitet haben und dessen Zusammenfassung an diesem Mittwoch veröffentlicht wird, stellt fest, dass die rasche Erwärmung von Ozeanen, Polar- und Gletscherregionen immer mehr Meereslebewesen tötet und den Klimawandel beschleunigt.

Selbst im besten Falle einer deutlichen Reduzierung von Treibhausgasemissionen, werden um das Jahr 2050 mehrere Küstenstädte und kleine Inselstaaten von extremen Fluten überschwemmt – jedes Jahr. Bisher war das höchstens einmal in hundert Jahren der Fall.

Korallenbleiche am Great Barrier Riff
Warme Meerestemperaturen setzten den Korallen am Great Barrier Reef vor Australien immer weiter zuBild: picture-alliance/dpa/G. Torda

"Obwohl die Ozeane und die Kryosphäre [gefrorene Regionen der Erde] weit weg von den meisten Menschen zu sein scheinen, sind sie mit jedem von uns verbunden", sagt Lijing Cheng, Ozeanographin an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und eine Hauptautorin des Berichts.

"Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass sich die beiden großen Systeme verändern - und zwar ziemlich schnell - und das hat bereits ernste Auswirkungen auf die Menschen."

Männer arbeiten an einer Strasse unter Palmen
Inseln wie die Malediven müssen sich auf immer häufigere Überflutungen vorbereiten Bild: Getty Images/A. Adam

Kernpunkte des Berichts:

- Die Geschwindigkeit der Meereserwärmung hat sich seit 1993 mehr als verdoppelt, und der Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt sich weiter wegen des Eisverlustes in Grönland und der Antarktis.

- In Szenarien mit hohen Emissionen wird der durchschnittliche Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts um 0,84 m ansteigen, 10 cm höher als bisher angenommen. Die Reduzierung der Emissionen könnte den Anstieg halbieren.

- Heißere Ozeane bergen das Risiko "schwerer" Auswirkungen auf Natur- und Küstenökosysteme. Auch wenn die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt ist.

- Koordinierte Anpassung muss mit "dringenden und ehrgeizigen" Emissionsreduktionen einhergehen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden.

Eisbären sitzen auf einem Schneefeld
Eisbären haben immer größere Probleme, weil sich ihre Jagdgebiete so schnell verändernBild: picture-alliance/WILDLIFE/S. Muller

Warum schmelzendes Eis und steigende Meeresspiegel schlechte Nachrichten sind

Ungefähr einer von zehn Menschen lebt in einer Region, die weniger als zehn Meter über dem Meeresspiegel liegt – und viele Küstenbewohner sind schon jetzt von stärkeren Stürmen und mehr Überschwemmungen betroffen als ihre Eltern und Großeltern. 

Einige der Autoren des Berichts warnen in Interviews, dass die Erwärmung auch immer stärkere Auswirkungen im Landesinneren haben werden, weil Nahrungsmittelvorräte schrumpfen und Küstenbewohner gezwungen sein werden, ihre Heimat zu verlassen. Laut dem Bericht führen höhere Meerespiegel zu stärkeren Stürmen und immer mehr Versalzung, wie zum Beispiel im südostasiatischen Mekong-Delta. Ernteerträge könnten schrumpfen und steigende Lebensmittelpreise auch in Binnenländern auf anderen Kontinenten verursachen. Gleichzeitig pumpt der auftauende Permafrost in der Arktis und in Sibirien immer mehr Methan und Kohlendioxid in die Atmosphäre. Dadurch beschleunigt sich die globale Erwärmung weiter. Es droht ein gefährlicher Rückkopplungskreislauf.

Yak Karawane im Himalaya
Die Gletscherschmelze im Himalaya hat auch Auswirkungen auf die Lebensbedingen im Hochgebirge Bild: Getty Images/P. Mathema

In den Hindukusch-Bergen des Himalaya - dessen Flüsse heute fast 2 Milliarden Menschen ernähren - wird voraussichtlich ein Drittel des Eises komplett geschmolzen sein, wenn die Kinder von heute alt sind.

Durch das Abschmelzen der Gletscher strömt zunächst Süßwasser in die Ozeane, mit gravierenden Konsequenzen für Küstenstädte und tief liegende Inseln. Ist das Eis geschmolzen, trocknen die Flüsse immer weiter aus, und flussabwärts droht Wassermangel.

"Wasser ist das verbindende Element", erklärt Zita Sebesvari, der United Nations University, eine Hauptautorin des Berichts, die sich darauf spezialisiert hat, was der Anstieg des Meeresspiegels für Küsten und Inseln bedeutet. "Was passiert, ist die Verlagerung von Wasser in großem Maßstab, vom gefrorenen Teil des Planeten zum Meer. Und das verursacht Probleme an beiden Enden." 

"Wir können nicht länger warten” 

Das Meere, die die meiste überschüssige Wärme aus der globalen Erwärmung aufgenommen haben, reagieren nur langsam auf die Veränderung des Klimas. Das bedeutet auch, dass die früheren Emissionen die Meere weiterhin erwärmen werden, selbst wenn wir heute aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen und Wälder abzuholzen. 

"Da wir das Klima nicht auf seinen ursprünglichen Zustand reduzieren können, müssen wir uns anpassen", erklärt Hans-Otto Pörtner, Klimaforscher am Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Deutschland und Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe, die den Bericht erstellt hat. "Wir können nicht länger warten." 

Kind geht über einen fast völlig überfluteten Sandstrand
In wenigen Jahrzehnten wird die Inselnation Kiribati ganz unter Wasser stehenBild: picture-alliance/ZUMA Press/UNICEF/Sokhin

Grenzen der Anpassung 

Küstenstädte und Inselatolle haben begonnen, sich an die immer bedrohlichere Konfrontation mit den Naturkräften anzupassen. Megacities wie Jakarta und Shanghai haben riesige Mauern gebaut, um die Menschen vor dem Anstieg des Meeresspiegels und stärkeren Sturmfluten zu schützen. Dünn besiedelte Inselnationen wie Fidschi siedeln ganze Gemeinden um. Die Menschen verlassen ihre Häuser in einem sogenannten "kontrollierten Rückzug".

Kleine Inselstaaten und niedrig gelegene Inseln sind besonders gefährdet, weil ihnen die Ressourcen fehlen, sagte Helene Jacot Des Combes, eine in Fidschi ansässige Expertin für Katastrophenvorsorge an der University of the South Pacific, eine weitere Hauptautorin des Berichts. "Welche Lösung [sie auch immer finden], sie muss in Zusammenarbeit mit der globalen Gemeinschaft erfolgen."

Zum Schutz von Küsten hebt der Bericht die Bedeutung der Erhaltung natürlicher Gezeitenbarrieren wie Mangroven und Feuchtgebiete hervor. Aber es gibt "Grenzen der Anpassung", wenn die Emissionen weiter steigen, sagt Matthias Garschagen, Professor für Geographie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ein Hauptautor des Berichts. 

Mit jedem Meter Meeresspiegelanstieg steigen die Kosten für die Sicherung der Küsten und der Platz auf kleinen Inseln schrumpft, so Garschagen. "Die Modelle zeigen, dass man nur in emissionsarmen Szenarien eine Chance auf eine erfolgreiche Anpassung hat", fügt er hinzu.

Flutwall am Meer
Weil der Flutwall in Jakarta das Meer nur kurzfristig aufhalten kann, soll die indonesische Hauptstadt auf eine andere Insel umziehen Bild: picture-alliance/NurPhoto/A. Raharjo

Wer ist am meisten gefährdet?

Die IPCC-Wissenschaftler betonen, dass diejenigen, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind, am stärksten von den Veränderungen im Ozean und in der Kryosphäre betroffen sind. Das Schmelzen von Eis in Bergen und der Arktis hat meist negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen, ihren Lebensunterhalt und sogar ihre Fähigkeit zu essen und zu trinken, so der Bericht. Es wird erwartet, dass das Katastrophenrisiko für Siedlungen in den Bergen und der Arktis steigen wird, da Menschen und Gebäude eher Gefahren wie Überschwemmungen und Lawinen ausgesetzt sind.

Der Verlust von Fischbeständen durch Übersäuerung der Meere könnte die Nahrungsgrundlage von Hunderten von Millionen Menschen bedrohen - viele von ihnen haben bereits heute Schwierigkeiten, sich selbst zu ernähren. Fische machen 17 Prozent des tierischen Proteins aus, das wir essen, so die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO).

Fischer in Bangladesh geht neben Booten
Fischer haben es immer schwerer, wenn Stürme zunehmen und Fischbestände schrumpfen Bild: Reuters

Einige indigene Gemeinden in den Bergen werden erleben, wie ihre Wasserquellen versiegen. "Es gibt sehr wenig Positives zu sehen", sagt John Tanzer, Experte für Ozeane bei der Umweltschutzorganisation World Wildlife Fund. "Ich weiß nicht, ob der Groschen [in reichen Ländern] über das Ausmaß der möglichen humanitären Folgen gefallen ist. Und diese werden sich voraussichtlich sogar noch verstärken."

Aber wenn die Regierungen jetzt handeln, können sie den Schaden begrenzen, so die Forscher. Küstenschutz könnte das Hochwasserrisiko in diesem Jahrhundert um das Zehn- bis Hundertfache reduzieren, wenn die Regierungen hunderte Milliarden US-Dollar investieren. Außerdem wird hinzugefügt, dass "tiefgreifende" wirtschaftliche und institutionelle Veränderungen eine nachhaltige Entwicklung angesichts der sich verändernden Ozeane und eisigen Orte ermöglichen werden. "Die Realisierung dieses Potenzials hängt von transformativen Veränderungen ab", schreiben die Autoren.