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Politik

Undurchsichtige Geldquellen im Wahlkampf

Sabrina Müller-Plotnikow | Ben Knight | Gianna-Carina Grün
26. Februar 2018

Deutschland unternehme zu wenig, um Parteispenden transparenter zu gestalten, meint der Europarat. Das Problem: Parteispenden entscheiden, wie erfolgreich ein Wahlkampf wird. Transparenz-Initiativen schlagen Alarm.

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Parteienfinanzierung Symbolbild
Bild: picture-alliance/dpa/P. Seeger

"In den letzten zwei Jahren gab es sieben Landtagswahlkämpfe und die Bundestagswahl, wo Millionenbeträge in den Wahlkampf einer Partei gesteckt wurden, ohne dass jemand weiß, woher das Geld eigentlich kommt", kritisiert Annette Sawatzki. Sie arbeitet für die Transparenz-Initiative LobbyControl und hat im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 zusammen mit ihrem Team eine Datenbank über Parteispenden veröffentlicht.

Der für die Bekämpfung von Korruption zuständige Fachausschuss im Europarat (Greco) stellte in seinem neuesten Bericht fest, dass von 20 Empfehlungen zur Parteienfinanzierung bislang nur neun zufriedenstellend umgesetzt wurden. In einigen Punkten habe es sogar seit der Annahme eines früheren Prüfberichts vor mehr als sieben Jahren keine Fortschritte gegeben. Nach der Kritik des Europarats fordert Sawatzki im DW-Interview eine schnelle gesetzliche Regelung, um sofort offenzulegen, wer hinter den Parteispenden - insbesondere für Wahlkampagnen - steckt.

Dubiose Großspender aus der Schweiz

Ihr Vorwurf: Bei der Alternative für Deutschland seien mehrere Millionen Euro auf undurchsichtige Weise in den Wahlkampf gesteckt worden. "Komplette Wahlkampagnen mit Geld von unbekannten Großspendern zu finanzieren ist ein ganz ungeheuerlicher Vorgang, der alle besorgt machen muss", sagt sie.

Berlin Kreuzberg AfD-Wahlplakat
Wahlplakat der AfD in Berlin (September 2017): Wer hat dafür bezahlt?Bild: picture-alliance/dpa/W. Steinberg

Paragraph 25 des deutschen Parteiengesetzes regelt, wie Parteien mit Spenden umzugehen haben. Demnach müssen Parteien jede Einzelspende von mehr als 50.000 Euro dem Bundestag melden, der dann Spender und Betrag auf einer dafür vorgesehenen Webseite veröffentlicht. Diese Grenze müsse abgesenkt werden, heißt es in dem Greco-Bericht, dem sich LobbyControl hier anschließt. Einzelne Spenden zwischen 10.000 und 50.000 Euro werden von den Parteien zunächst intern dokumentiert und erst 18 Monate später veröffentlicht, wenn der Rechenschaftsbericht über das entsprechende Jahr erscheint. Die Namen der Spender werden hingegen nicht auf der Webseite des Deutschen Bundestags genannt.

Parteien berichten nur alle 18 Monate

In dem Rechenschaftsbericht einer Partei wird ebenso die gesamte Spendensumme der Partei offengelegt. 2019 wissen wir dann genau, welche Partei im Wahljahr 2017 wieviel Geld erhalten hat. Den Experten von Greco ist dieser Zeitraum zu lange. Deutschland müsse ein System einführen, das Parteien verpflichtet, frühzeitig Rechenschaft über die Finanzierung ihrer Wahlkämpfe abzulegen. Auch wenn Abgeordnete oder Wahlkandidaten direkt Spenden kassierten, sollten sie darüber Rechenschaft ablegen müssen, empfehlen die Experten. Anonyme Spenden sollten gänzlich verboten werden.

Spendet jemand weniger als 10.000 Euro im Jahr, erfährt die Öffentlichkeit nicht, von wem das Geld stammt. Spendeneinnahmen waren im Jahr der letzten Bundestagswahl, 2013, mit im Schnitt 18 Prozent Anteil die drittwichtigste Einnahmequelle der Parteien.

Doch viele "Großspender" erscheinen nicht auf der Website des Deutschen Bundestags, obwohl sie den Parteien deutlich mehr als 50.000 Euro gespendet haben müssten. Ein Beispiel: Die Firmengruppe Deutschen Vermögensberatung ist mit 1,4 Millionen Euro Spendensumme der zweitgrößte Financier der deutschen Parteien - ohne in den vergangenen vier Jahren jemals mit einer einzigen Großspende gemeldet worden zu sein.

Kleinvieh bringt auch Geld

Eine Strategie ist es, große Spenden aufzuteilen und so eine sofortige Meldung zu umgehen. Anstatt einer Gesamtsumme werden also kleinere Geldbeträge nacheinander überwiesen. 

In einer investigativen Recherche hat die Deutsche Welle offengelegt, wie 36 Unternehmen, Verbände und Personen in Rechenschaftsberichten auftauchen, ohne dass entsprechende Meldungen über Großspenden eingegangen sind. Um welche Unternehmen es sich handelt und was die Konzernspitzen zu den Parteispenden sagen, lesen Sie hier.

Die von der DW befragten Firmen berufen sich auf das geltende Parteifinanzierungsgesetz. Doch Annette Sawatzki nennt deren Vorgehen und auch das Parteifinanzierungsgesetz verfassungswidrig: "Das Parteiengesetz ist verfassungswidrig, weil die Verfassung sagt: Es muss offen gelegt werden, wie sich Parteien finanzieren."

Verflechtungen zwischen Unternehmen und Parteien würden dem Ansehen der Partei und des Unternehmens schaden, sagt Sawatzki und betont, dass das Sponsoring in den vergangenen Jahren für Unternehmen attraktiver geworden sei. Denn wer einer Partei viel Geld zukommen lassen will, ohne dass es öffentlich wird, muss einfach eine Gegenleistung vereinbaren. So wird die Spende zum Sponsoring. Sponsoringpartner müssen nicht offengelegt werden.

Großbritannien Parlamentswahl - Wahlkampf
Kleine Spenden, kleines Wahlplakat: Wahlkampf in Großbritannien Bild: DW/S. Shackle

Beispiel: Frankreich und Großbritannien

Als Vorreiter in Sachen Parteispenden nennt Sawatzki Frankreich und Großbritannien. In Frankreich gibt es ein Spendenverbot für Unternehmen. Dort dürfen nur Privatpersonen einen jährlichen Betrag von 7500 Euro spenden. Im Vereinigten Königreich werden Spenden alle drei Monate veröffentlicht. Während Wahlkämpfen gibt es den Rechenschaftsbericht sogar jede Woche. "Wöchentlich müssen dort die Parteien und auch Dritte, die Kampagnen für die Parteien organisieren, die Spenden ab einer Höhe von 1500 Pfund (umgerechnet 1700 Euro) melden", erklärt sie. "So ist dann gewährleistet, dass die Menschen eine aufgeklärte Wahlentscheidung treffen können."

In Deutschland ist das derzeit nicht der Fall. Wer der ominöse Großspender der AfD ist, würden die deutschen Wählerinnen und Wähler nicht so schnell erfahren. "Die Parteispenden sind entscheidend, wie groß ein Wahlkampf werden kann. Und die Materialschlachten, die immer größer werden bei den Wahlkämpfen, entscheiden durchaus über Wahlerfolge", so Sawatzki. "Vor allem, wenn es dann knapp wird beim Einzug ins Parlament." Sie meint: In Norddeutschland hätte die AfD ohne diese massiven Kampagnen nicht den Sprung in die Parlamente geschafft - mit Folgen für den Bundestageinzug.