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Ungarn nutzt Schlupfloch in UEFA-Regel

Stefan Nestler mit dpa, BBC
1. Juni 2022

Ein "Geisterspiel" vor mehreren zehntausend Zuschauern? Eine UEFA-Regel macht dies möglich. Ungarn nutzt sie, um eine Strafe wegen rassistischer und homophober Gesänge seiner Fans auszuhebeln.

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Rassistische Schmähungen gegen Englands Raheem Sterling durch ungarishe Fans im WM-Qualifikationsspiel im September 2021
Nicht nur die UEFA, auch die FIFA bestrafte Ungarn wegen rassistischer Schmähungen wie hier in der WM-Qualifikation gegen Englands Raheem SterlingBild: Attila Trenka/empics/picture alliance

Dieses Ei hat sich die UEFA selbst ins Nest gelegt. Obwohl das Nations-League-Spiel Ungarns gegen England an diesem Samstag ein "Geisterspiel" sein soll, werden in der 67.000 Zuschauer fassenden Puskas-Arena wahrscheinlich mehrere zehntausend Menschen die Partie verfolgen. Die UEFA hatte Ungarn für rassistische und homophobe Gesänge im Stadion in Budapest während der Europameisterschaft 2021 eigentlich damit bestraft, das nächste UEFA-Pflichtspiel ohne Zuschauer austragen zu müssen. Der ungarische Verband nutzt allerdings offenbar ein Schlupfloch in den UEFA-Regularien, um das Zuschauerverbot zu umgehen.

Eingeladene Kinder mit Begleitern dürfen rein

Artikel 73 der UEFA-Disziplinarverordnung von 2019 regelt die Ausnahmen im Falle von Geisterspielen. So dürfen bis zu 200 Fans der Gastmannschaft - wenn sie Karten der höchsten Preiskategorie haben - sowie je 20 VIPs pro Team ins Stadion. Unter Artikel 73h heißt es, das Verbot gelte auch nicht für "Kinder bis zum Alter von 14 Jahren (in ordnungsgemäßer Begleitung) von Schulen und/oder Fußballschulen, die kostenlos zum Spiel eingeladen werden". Unter Berufung darauf hat der ungarische Verband nach Informationen des britischen Senders BBC 30.000 Kinder für das Spiel am Samstag gegen England registrieren lassen. Rechnet man die Begleiter dazu, dürfte das Stadion also ziemlich voll werden.

Auch England will Schlupfloch nutzen

Nach Angaben der UEFA ist die Zahl der eingeladenen Kinder nicht beschränkt. "Das wird vom gastgebenden Verband koordiniert", teilte die UEFA der Deutschen Presseagentur auf Anfrage mit. Der entsprechende Paragraph sei auch in den vergangenen Jahren schon angewendet worden.

Laut BBC will der englische Verband Artikel 73h ebenfalls in Anspruch nehmen, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß. Beim Nations-League-Spiel gegen Italien am 11. Juni in Wolverhampton sollten auf diese Weise rund 2000 Zuschauer ins Stadion gelassen werden. Die UEFA hatte England wegen Zwischenfällen beim EM-Finale 2021 zu dem Geisterspiel verurteilt. Damals hatten englische Fans die Absperrungen vor dem Wembley-Stadion überrannt und während des Spiels Gegenstände aufs Spielfeld geworfen.

England und Ungarn spielen in derselben Nations-League-Gruppe wie die deutsche Fußballnationalmannschaft. Die DFB-Elf bestreitet am Samstag ihr Auftaktspiel: Gegner in Bologna ist Europameister Italien. Am kommenden Dienstag (7. Juni) trifft die Mannschaft von Hansi Flick dann auf England, am Samstag kommender Woche (11. Juni) auf Ungarn - in der Puskas-Arena, die dann auch ohne Umgehung von UEFA-Sanktionen gefüllt sein darf.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter