Uni Bayreuth: Guttenberg täuschte bewusst
11. Mai 2011In dem mehr als 40-seitigen Abschlussbericht kommt die Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" der Universität Bayreuth zu dem Schluss, dass der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bei seiner Doktorarbeit die Standards guter wissenschaftlicher Praxis grob verletzt hat. Dadurch, dass weite Passagen seiner Arbeit ohne Quellenangaben von anderen übernommen wurden, habe Guttenberg die Prüfungskommission vorsätzlich getäuscht, sagte der Kommissionsvorsitzende Stephan Rixen am Mittwoch (11.05.2011). Nicht spekulieren wollte Rixen über die Frage, ob denn die gesamte Arbeit von einem Ghostwriter geschrieben worden sei.
Nach Überzeugung der Kommission hat sich Guttenberg in zahlreichen Fällen die Autorenschaft für fremde Texte angemaßt. Das setze bewusstes Vorgehen voraus, heißt es in dem Bericht. Für eine vorsätzliche Täuschung sprächen eine Vielzahl von Indizien wie Umformulierung der Originaltexte, Umstellung der Syntax, Verwendung von Synonymen und einzelne Auslassungen. Eine Mitschuld des Doktorvaters von Guttenberg, Peter Häberle, sieht die Kommission nicht.
"Chaotische Arbeitsweise"
Wegen des Plagiats hatte die Staatsanwaltschaft Hof im März Ermittlungen aufgenommen. Gegen Guttenberg wird unter anderem wegen des Verdachts der Urheberrechtsverletzung ermittelt. Guttenberg selbst räumte gravierende Fehler bei seiner Doktorarbeit ein. In seiner Stellungnahme sprach Guttenberg von einer "ungeordneten Arbeitsweise" mit "gelegentlich chaotischen Zügen".
All dies habe sich über Jahre in einer Situation abgespielt, in der die - durch die Übernahme neuer beruflicher Tätigkeiten und politischer Ämter entstandene - "vielfache Arbeitsbelastung" ihm teilweise über den Kopf gewachsen sei.
Doktor weg, Ministeramt weg
Die Hochschule hatte Guttenberg bereits am 23. Februar den Doktortitel aberkannt. Am 1. März legte der CSU-Politiker nach wiederholten Rücktrittsforderungen sein Ministeramt nieder. Damit endete eine steile Politikerkarriere abrupt. Der 39-Jährige hatte zuvor als beliebtester Politiker der Republik gegolten und war sogar als möglicher Nachfolger von Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Gespräch gebracht worden.
Jetzt geht Guttenbergs Parteifreund und Ex-Wissenschaftsminister Thomas Goppel nicht mehr davon aus, dass es ein Comeback Guttenbergs als Politiker gibt. "Das ist im Prinzip vorbei", sagte Goppel im Deutschlandfunk. Mit solch einer Geschichte könne man nicht mehr davon reden, dass er wiederkomme.
Auch Koch-Mehrin holt Plagiatsaffäre ein
Nach Guttenberg nun auch die FDP-Spitzenpolitikerin Silvana Koch-Mehrin. Die FDP-Spitzenpolitikerin ist am Mittwochabend wegen einer Plagiatsaffäre von allen ihren politischen Ämtern zurückgetreten. In einer schriftlichen Erklärung teilte sie mit, sie wolle mit diesem Schritt verhindern, dass ihre Familie durch die öffentliche Diskussion weiter belastet werde. Die Politikerin war bislang Vorsitzende der Liberalen im Europäischen Parlament, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Präsidiumsmitglied der FDP. Nach Informationen mehrerer Medien will die Universität Heidelberg ihr den Doktortitel aberkennen, weil in der Dissertation Plagiate gefunden wurden. Die Vorwürfe seien so ernst, dass bereits ein förmliches Entziehungsverfahren eingeleitet worden sei, heißt es.
Die Hochschule selbst wollte dies nicht bestätigen. Man befinde sich nach wie vor im Prüfverfahren. Die Internetseite "VroniPlag" kommt zu dem Schluss, dass sie "in erheblichem Ausmaß" abgeschrieben hat. Auf 56 von 201 Textseiten seien Plagiatstellen nachgewiesen worden, heißt es auf der Website. Dokumentiert seien Textübernahmen aus 15 verschiedenen Quellen. Dabei handele es sich häufig um Artikel aus Handbüchern der Wirtschaftswissenschaft und der Wirtschafts- und Sozialgeschichte.
Und noch ein Plagiatsfall
Ihren Titel bereits los ist die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), Veronica Saß. Die Universität Konstanz entzog ihr den Doktortitel. Nach umfassender Prüfung ihrer Dissertation sei der Promotionsausschuss zum Ergebnis gekommen, dass erhebliche Teile der Arbeit Plagiate seien, teilte die Hochschule mit.
Rektor Ulrich Rüdiger begründete den Schritt damit, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Verleihung des Doktortitels nicht vorgelegen hätten. Er verwies auf die Regeln wissenschaftlicher Redlichkeit, wonach eine Doktorarbeit ein eigenständiger wissenschaftlicher Beitrag zum Fortschritt eines Faches sein muss. "Wird diese Grundregel nachweislich verletzt, ist es an der Universität, ihr wieder Geltung zu verschaffen", sagte Rüdiger.
Bei soviel Verlierern gibt es bei den Plagiats-Affären aber auch Gewinner: So wurde das so genannte "GuttenPlag Wiki", also die Web-Site, auf der die plagiierten Textstellen der Dokterarbeit Guttenbergs dargestellt wurden, für den Spezialpreis des renommierten Grimme-Online-Awards nominiert.
Autor: Martin Muno (dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Christian Walz