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Unnachgiebige Anklägerin in Den Haag

Klaus Dahmann17. November 2003

In den vergangenen vier Jahren hat Chefanklägerin Carla del Ponte das Haager Tribunal für das ehemalige Jugoslawien maßgeblich beeinflusst. Ein Porträt der Schweizer Juristin von DW-WORLD.

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Streitbar und kompromisslos: <br> Carla del PonteBild: AP

Einfache Rechtsanwältin wollte Carla del Ponte nicht bleiben. Es widerstrebe ihr, schuldige Straftäter zu verteidigen, so begründete sie einmal ihren Schritt, als Untersuchungsrichterin zur Anklagebehörde in Lugano zu wechseln. Wenig später wurde sie Staatsanwältin und machte sich als couragierte und hartnäckige Kämpferin gegen Wirtschaftskriminelle, Drogen- und Waffenhändler einen Namen. Zudem gelang es ihr, in der Schweiz einen Geldwäscher-Ring der sizilianischen Mafia zu zerschlagen. Als sie sich während der Ermittlungen mit dem später ermordeten italienischen Richter Giovanni Falcone in Palermo traf, entging sie nur knapp einem Attentat. Anfang der neunziger Jahre stieg Carla del Ponte zur Bundesanwältin und kurz darauf zur obersten Schweizer Strafverfolgerin auf.

Überzeugt von der Mission des Tribunals

Auf die kompromisslose Juristin wurde UN-Generalsekretär Kofi Annan aufmerksam: Er holte sie im September 1999 als Chefanklägerin an die Tribunale für Ex-Jugoslawien und Ruanda. Und Carla del Ponte ging ihre Aufgabe zielstrebiger und konsequenter an als ihre Vorgänger. "Die bloße Existenz dieser beiden Gerichte ist die kraftvollste Botschaft für alle potenziellen Täter von der untersten Befehlsstufe bis zum Staatschef, dass niemand, aber auch niemand über dem Gesetz steht", sagte del Ponte selber einmal.

Unermüdlich in der Sache

Für das Tribunal in Den Haag reiste Carla del Ponte unermüdlich durch die Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens, um die Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher zu erreichen. Dabei ließ sie Entschuldigungen für die zögernde Kooperation der Regierungen in Belgrad und Zagreb nicht gelten, dass diese unter massivem Druck eines Teils der Bevölkerung standen. Auch auf Kompromissvorschläge, man könne ja den einen oder anderen heiklen Fall vor ein heimisches Gericht bringen, wollte sie nicht eingehen. In Sachen Slobodan Milosevic zahlte sich ihre Hartnäckigkeit aus: Nur wenige Monate nach seiner Entmachtung schleuste ihn die serbische Führung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Den Haag, wo er seit Februar 2002 vor Gericht steht. "Dieser Prozess wird Geschichte machen", frohlockte sie seinerzeit.

Ärger mit Washington

Einige Monate später wurde ihr in Münster der Westfälische Friedenspreis verliehen. Sie sei "eine Institution und ein Symbol gegen menschenverachtende und kriminelle staatliche Willkür", heißt es in der Begründung. Carla del Ponte nutzte die Gelegenheit, in ihrer Rede auch für den ständigen Internationalen Strafgerichtshof zu werben. Mehrfach kritisierte sie die USA dafür, dass sie diesen nicht unterstützen. Den Unmut Washingtons zog sie sich aber auch zu, als sie vor das Kriegsverbrecher-Tribunal für Ruanda nicht nur Hutus, sondern auch Tutsis bringen wollte. Die heutige ruandische Tutsi-Regierung ist einer der wichtigsten afrikanischen Verbündeten der USA. Die Konsequenz: Im Herbst dieses Jahres erreichten die Amerikaner, dass das Mandat der 57-jährigen Schweizerin für Ruanda nicht mehr verlängert wurde; künftig ist sie ausschließlich für Ex-Jugoslawien zuständig.

Und hier könnte es im Falle Milosevic kritisch werden: Carla del Ponte muss sich vorwerfen lassen, dass sie zwar eine umfangreiche Klageschrift zu Kosovo, Bosnien und Kroatien verfasst, allerdings dafür zu wenig belastendes Material gesammelt hat.