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Unsterbliche Seele

Michael Hollenbach3. Dezember 2007

900 Millionen gläubige Hindus gibt es auf der Welt. Der Tod hat im Hinduismus eine besondere Bedeutung: Er ist Wechsel in ein anderes Leben und Anfang der Wiedergeburt.

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Ein weiß gekleideter Hindu stößt mit einem Stock in ein Feuer. (Foto: picture alliance)
Heiliges FeuerBild: picture-alliance / Godong

Die Verstorbenen werden im Hinduismus verbrannt. In Deutschland in Krematorien, doch in Indien häufig immer noch auf rituellen Plätzen, wo die Toten auf Holzstöße gelegt werden: "Das Feuer gilt als heilig", erklärt die Indologin Kabita Rump. "Es bringt meine Seele zu der Götterwelt oder zu der Welt der Ahnen." Die Asche der Verstorbenen wird dann möglichst in den für die Hindus heiligen Fluss Ganges gestreut oder in ein anderes Gewässer.

Ein Fährmann auf einem kleinen Holzboot stakt durch den Fluss Ganges. Im hintergrund andere Gefährte. (AP Photo/Rajesh Kumar Singh)
Hier verstreuen die Asche der Verstorbenen: Der Fluss Ganges.Bild: AP

Eigentlich wird jeder verstorbene Hindu verbrannt, Doch es gibt Ausnahmen: "Das Beerdigen, wie in den abrahamitischen Religionen, dass man sechs Fuß unter der Erde begraben wird, das ist im Hinduismus nur vorgesehen für Selbstmörder oder Kinder, die zu jung gestorben sind", erklärt Sri Krishnapillai vom Hindu-Tempel in Hannover. "Wer jung stirbt oder Selbstmord begeht, eigentlich das Leben, das ihm das Karma aufgetragen hat, nicht wirklich zu Ende erduldet hat, muss deshalb durch einen längeren Prozess verwesen, um dann wieder in eine neue Hülle zu kommen."

Trennung von Tod und Tempel

Der Hinduismus ist keine einheitliche Religion und deshalb sind die Bestattungsriten auch durchaus unterschiedlich. Auf Sri Lanka zum Beispiel lobt der Priester die Gottheit Shiva. Das Gebet soll dazu beitragen, dass der Verstorbene, gemäß seinem Karma, wiedergeboren wird. Und der Priester betet um die Milde Shivas, falls der Verstorbene zu wenig für ein gutes Karma getan hat.

Doch zum Totengebet verlässt der Priester den Tempel. Und auch die Hinterbliebenen, die den Toten betrauern, dürfen einige Zeit nicht mehr den Tempel betreten. "Eigentlich gehört das Thema Tod und Sterben in unserer Religion gar nicht in den Tempel, weil das in unserer Religion so stark tabuisiert ist, dass man die kultischen Handlungen durchaus vom Tod und vom Denken ans Sterben trennt“, sagt Sri Krishnapillai.

Unsterbliche Seele

Ein Tempel mit vier großen Türmen. (Foto: picture alliances)
Der Tod gehört im Hinduismus nicht in den Tempel.Bild: picture-alliance/dpa

Im Hinduismus stirbt nur die körperliche Hülle, Atman, die Seele, ist unsterblich. Atman ist das Selbst des Menschen, unabhängig vom Körper, sagt die Indologin Kabita Rump: "Der Tod ist kein endgültiger Abschied, die Existenz geht weiter, und man wird ja wiedergeboren, deshalb ist der Tod lediglich ein Wechsel von diesem Leben in das andere Leben.“ Atman, die Seele, inkarniert sich nach dem Tod wieder in einem anderem Lebewesen.

Als was man wiedergeboren wird, hängt von dem Karma ab: von all den Handlungen und Gedanken seines Lebens. "Ich selbst bestimme mein Leben, wie ich geboren werde und wo ich geboren werde und wie es verlaufen wird", erklärt die Indologin Kabita Rump. "Und das kann ich auch für mein künftiges Leben tun: das heißt, ich kann mir sagen, ich möchte als Gott geboren werden oder als Pflanze oder als Tier oder als Mensch."

Höchstes Ziel: Erleuchtung

Etwas verkürzt gesagt: Je schlechter ein Mensch gelebt hat, je schlechter das Karma, desto niedriger das Lebewesen, in das sich seine Seele einnistet. Doch am besten ist es, so Kabita Rump, wenn ein Hindu gar nicht mehr wiedergeboren wird: "Das größte Ziel des Hinduismus ist die Erleuchtung und die vollzieht sich dann, wenn die Seele mit der höchsten Wahrheit verschmilzt. Das höchste Ziel wird von jedem erreicht in irgendeinem Leben, nur die verschiedenen Menschen befinden sich auf verschiedenen Ebenen."

Obwohl die Hindus überzeugt sind, dass die Seele des Verstorbenen in einem anderen Wesen weiterlebt, gedenken sie doch der Toten. Nicht mit Gedenksteinen auf einem Friedhof, wie im Judentum, Christentum oder dem Islam, sondern - oft nach einem Jahr - mit einer Art Familienfeier, bei der man sich an den Verstorbenen erinnert. Und nicht selten schreiben die Hinterbliebenen ihre Erinnerungen an den Verstorbenen auf. So entsteht ein Dokument des Gedenkens: ein Buch über den Verstorbenen, dessen Atman, dessen Seele, aber dann bereits wieder in einem anderen Körper weiterlebt.