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Außenminister Westerwelle reist nach Birma

Rodion Ebbighausen (mit Agenturen)29. April 2012

Während sich die Tür zur Demokratie einen Spalt breit geöffnet hat, ist sie für Investitionen weit aufgestoßen worden. Außenminister Westerwelle reist nach Birma, um deutsche Interessen zu vertreten.

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Supporters of Myanmar democracy leader Aung San Suu Kyi's National League for Democracy gather outside the party headquarters as they wait to see the results of the by-election on Sunday, April 1, 2012 in Yangon, Myanmar. The party said Suu Kyi won a seat in Myanmar's parliament after Sunday's landmark election, setting the stage for her to hold public office for the first time. (AP Photo/Khin Maung Win)
Nachwahlen in Birma 2012Bild: dapd

Deutschland sei bereit, "nachhaltige Reformen für Demokratie und Freiheit" zu unterstützen, sagte Westerwelle am Sonntag (29.04.2012) nach einem Treffen mit der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. In der Geschichte der Bundesrepublik ist Westerwelle der erste Außenminister, der nach Birma reist. Sein nächster prominenter Gesprächspartner ist Montag (30.04.2012) Birmas Präsident
Thein Sein.

Im Rahmen seiner Reise nach Südostasien (25.04.-30.04.2012) besucht Westerwelle auch Brunei und Thailand. Wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes der Deutschen Welle mitteilte, stehen dabei drei Themen im Zentrum: die Stärkung der Zusammenarbeit mit dem Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN), die Überwindung der europäischen Schuldenkrise - und die Beförderung der demokratischen Entwicklung in Thailand und vor allem Birma.

Der seit eineinhalb Jahren andauernde Reformprozess in Birma hat mit den Nachwahlen am 1. April einen bedeutenden Schritt getan. Die Nationale Liga für Demokratie (NLD) und ihre berühmteste Kandidatin Aung San Suu Kyi errangen 43 der 45 zur Wahl stehenden Parlamentssitze. Die Nachwahl ändert an den herrschenden Machtverhältnissen freilich wenig, da bei ihr nur weniger als ein Zehntel aller Sitze des Parlaments neu vergeben wurden.

Militär zeigt Flagge im Parlament

Dass die demokratische Entwicklung in Birma nach wie vor förderungsbedürftig ist, zeigen Ereignisse, die über die Euphorie der Wahlen leicht verdrängt werden. Am Montag (23.04.2012) boykottierte die NLD den Einzug ins Parlament. Sie weigerte sich, auf die Verfassung von 2008 zu schwören, wodurch sie ihrer Ansicht nach die Macht des Militärs festigen würde. Die Demokratieaktivisten wollen sich nämlich nicht dazu verpflichten, die Verfassung zu schützen („safeguard“), sondern nur zu achten („respect“), und verlangen eine dementsprechende Änderung der Eidesformel.

Aung San Suu Kyi in einer Menschenmenge (Foto: Reuters)
Suu Kyi und die NLD wollen Änderungen am Eid für AbgeordneteBild: Reuters

Nicht alle Beobachter messen der Wortwahl diese hohe Bedeutung bei. "Die NLD war in dieser Frage schlecht beraten. Andere Oppositionsparteien äußerten schon Kritik. Es gibt wirklich drängendere und wichtigere Probleme als den Eid", so Gerhard Will, Asienexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

Stadtansicht von Rangun (Foto: dpa)
Demokratische Reformen in Birma - dafür gibt es internationales LobBild: picture alliance/dpa

Während die NLD also das Parlament boykottierte, hat das Militär seine Parlamentssitze neu besetzt. Altgediente Hardliner des ehemaligen Staatschefs Than Shwe haben im Parlament die Plätze jüngerer Offiziere eingenommen. Das spricht zwar einerseits für die gestiegene Bedeutung des Parlaments, zeigt aber auch, dass die einstige Elite ihre Privilegien nicht freiwillig aufgeben wird. Nhy Ohn Mint, Mitglied der NLD, zeigt sich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters besorgt: "General Than Shwe ist aufgewacht und wird möglicherweise die Gelegenheit ergreifen, um den demokratischen Prozess zu sabotieren."

Der Westen bleibt wachsam

Der Besuch des deutschen Außenministers, der damit die Reihe hochrangiger westlicher Politiker wie US-Außenministerin Hillary Clinton (im November 2011) und Großbritanniens Premierminister David Cameron (im April 2012) fortsetzt, ist nicht nur ein Signal an die Regierung, am Reformprozess unbedingt festzuhalten, sondern auch an die Bevölkerung. Der Westen, so die Botschaft, werde die Entwicklung aufmerksam überwachen. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist an diesem Wochenende in Birma, um sich ein genaues Bild vom Reformprozess zu machen.

Westerwelle mit Amtskollegen von EU und ASEAN in Brunei (Footo: EPA)
Westerwelle mit Amtskollegen von EU und ASEAN in BruneiBild: picture-alliance/dpa

Um den Reformprozess aber nicht nur mit Worten, sondern mit Taten zu fördern, hat Deutschland die Entwicklungszusammenarbeit aufgestockt. Deutschlands Engagement wurde mit 16 Millionen Euro mehr als verdoppelt und die Europäische Union stellt weitere 150 Millionen Euro bereit.

Wirtschaftliche Interessen

Der Reformprozess in Birma muss sich nicht nur gegen die alten Hardliner behaupten, sondern auch gegen eine allzu stürmische wirtschaftliche Öffnung. Ban Ki Moons Berater für Birma, Vijay Nambiar, sagte am Mittwoch (25.04.2012), dass Birma das Potenzial habe, der nächste ökonomische Tiger Asiens zu werden. Auch das Auswärtige Amt attestiert dem verarmten Land ein "enormes wirtschaftliches Potenzial". Der Fachinformationsverlag International Handling Services (IHS) sagt dem ASEAN-Mitglied bis 2020 jährliche Wachstumsraten von sechs Prozent und eine Verdopplung des Bruttoinlandsprodukts auf 93 Milliarden Euro voraus.

Als Maßnahmen, die den Reformprozess unterstützen sollen, nennt das Auswärtige Amt neben der Ausweitung der Arbeit politischer Stiftungen und der Zusammenarbeit im Kulturbereich ausdrücklich auch die "Ermunterung an die Wirtschaft, die neuen Möglichkeiten zu nutzen und sich zu engagieren." Auch Asienexperte Will von der SWP betont: "Es geht für Deutschland um wirtschaftliche Interessen. Gerade im Reformprozess bieten sich große Chancen." Die wirtschaftliche Entwicklung sei zugleich eine Chance für Birma: "Der Erfolg des Reformprozesses hängt im hohen Maße davon ab, ob es gelingt, die wirtschaftliche Entwicklung anzukurbeln und den Lebensstandard der Menschen zu heben", so Will.

Die Voraussetzung für wirtschaftliche Investitionen aus Deutschland wurde mit dem Aussetzen der Sanktionen, wie sie die EU-Außenminister am 23.04.2012 in Luxemburg beschlossen haben, ermöglicht. Da die Wahlen im April in Birma nach Ansicht vieler Beobachter frei und fair abgelaufen sind, hat die EU Einreiseverbote, Vermögenssperren und Handelsbeschränkungen ausgesetzt. Einzig das Waffenembargo ist noch in Kraft.