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Urteil nach Brandanschlag auf Asylbewerberheim vor 32 Jahren

9. Oktober 2023

Es war Mord: Samuel Kofi Yeboah aus Ghana starb am 19.09.1991 in Saarlouis durch einen rassistischen Anschlag. Jetzt wurde der Täter aus der damaligen Neonazi-Skinheadszene verurteilt.

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Ein Mann, dessen Gesicht unkenntlich gemacht ist, steht in Handschellen zwischen zwei anderen Männern, die zu ihm blicken, einer in einer Uniform mit der Aufschrift Justiz, der andere im schwarzen Talar eines Rechtsanwalts
Peter S. (Mi.) aus der damaligen Neonazi-Skinheadszene in Saarlouis wurde wegen Mordes an Samuel Kofi Yeboah am 19.9.1991 verurteiltBild: Thomas Frey/dpa/picture alliance

32 Jahre nach einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft im saarländischen Saarlouis ist der frühere Neonazi-Skinhead Peter S. wegen Mordes, versuchten Mordes und besonders schwerer Brandstiftung verurteilt worden.

Das Gericht ist überzeugt, dass er aus Hass auf Ausländer handelte. Bei dem Anschlag am 19. September 1991 starb der 27-jährige Ghanaer Samuel Kofi Yeboah qualvoll bei vollem Bewusstsein durch schwerste Verbrennungen am ganzen Körper. Weitere Bewohner wurden verletzt.

Schwarzweiß-Foto: Ein Mann mit kurzem dunklen Haar und muskulösen Armen mit Brille, heller Hose und dunklem Sweatshirt sitzt auf dem Boden und schaut lächelnd zur Seite
Samuel Kofi Yeboah aus Ghana starb mit 27 Jahren durch einen rassistischen Brandanschlag in Saarlouis am 19.09.1991Bild: Andreas Engel

Das zuständige Oberlandesgericht in Koblenz verhängte gegen den heute 52-jährigen Peter S. eine Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten. Jugendstrafrecht hatten die Vertreterin des Jugendamts und eine Gutachterin wegen der Unreife von Peter S. zur Tatzeit empfohlen. Mit 20 Jahren galt er als Heranwachsender. Die mögliche Höchststrafe lag deshalb bei zehn Jahren. Strafmildernd wirkte sich seine Alkoholisierung zur Tatzeit aus.

Die Bundesanwaltschaft hatte neuneinhalb Jahre Freiheitsstrafe wegen Mordes aus rassistischen Motiven und nationalsozialistischer Überzeugung gefordert, die Verteidigung viereinhalb Jahre wegen Beihilfe. Die Verteidiger hatten Peter S. als Mitläufer beschrieben, der bei der Tat eines anderen Skinheads nur dabeigestanden habe. Dieser Darstellung folgte das Gericht nicht..

Gericht erkennt drei Merkmale für Mord

Die Richter zeigten sich überzeugt, dass Peter S. aus der rechten Neonazi-Skinhead-Szene in Saarlouis, einer 35.000-Einwohner-Stadt im Saarland im Westen Deutschlands, die Tat selbst begangen hat. Er soll sich nachts in ein Asylbewerberheim geschlichen, Benzin auf die Holztreppe gegossen und entzündet haben. Im Haus lebten geflüchtete Menschen aus Ghana, Nigeria, der Elfenbeinküste, Mauretanien, dem Sudan und dem ehemaligen Jugoslawien. Das Feuer breitete sich rasend schnell aus.

Das Gericht erkannte drei Mordmerkmale: niedere Beweggründe, Heimtücke gegen wehrlose Menschen und durch die Brandstiftung mit Benzin sogenannte gemeingefährliche Mittel. Peter S. habe vor dem Hintergrund seiner rechtsextremen Überzeugung aus Ausländerhass gehandelt und habe mit seiner Tat ein Zeichen an alle Ausländer senden wollen, dass sie in Deutschland nicht in Sicherheit leben können, sagte Richter Konrad Leitges. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sei dies besonders verachtenswert.

Allerdings erkannte das Gericht für die Menschen, die in der Tatnacht im Erdgeschoß einen Geburtstag feierten, im Gegensatz zur Anklage und Nebenklage keinen versuchten Mord, der Täter habe bei ihnen von einer Rettung ausgehen können, weil er Licht sah und Stimmen hörte. Nebenklagevertreter Björn Elberling, der einige von ihnen vertritt, hält das für nicht nachvollziehbar. Es sei klar das Ziel gewesen, Menschen zu töten. Auch Ursula Quack vom saarländischen Flüchtlingsrat, die im Kontakt mit Betroffenen ist, kritisierte die Einschätzung, diese Menschen nicht als Mordopfer zu werten.

"Eines Tages werden die mich umbringen"

Der Richter erinnerte daran, dass Samuel Kofi Yeboah selbst am Abend vor der Tat mit seinem Freund an den Skinheads auf dem Großen Markt in Saarlouis vorbeigekommen war. Dort habe er zu ihm gesagt: "Du wirst sehen, eines Tages werden die mich umbringen." Wenige Stunden später traf ihn die Feuerwalze.

Yeboah und sein Freund hatten am Vortag einen Fernsehbericht über rassistische Ausschreitungen gegen Asylbewerber gesehen. Im Prozess ging es auch um die Welle ausländerfeindlicher Anschläge Anfang der 1990er Jahre in Deutschland , die Vernetzung von Rechtsextremisten im In- und Ausland sowie um Versäumnisse von Polizei und Politik. Ein Prozess, der ein Signal sein könnte sowohl für Betroffene rechter Gewalt als auch für die Täter.

Dank an eine mutige Zeugin

Die Anklage und die Beweisaufnahme im Prozess stützten sich auf Vernehmungen von Mitgliedern der Neonazi-Szene, das Verhalten von Peter S. nach der Tat und die Aussage der Hauptbelastungszeugin, die 2019 neue Ermittlungen ausgelöst hatte.

Eine Frau mit langen blonden Haaren und ein Mann mit kurzen grauen Haaren, beide in weinroten Gewändern, sitzen an einem Tisch und schauen in ihre Laptops, im Hintergrund eine holzvertäfelte Wand
Staatsanwältin Sophie Gößl und Oberstaatsanwalt Malte Merz vertraten im Prozess die BundesanwaltschaftBild: Thomas Frey/dpa/picture alliance

Der Angeklagte soll der Zeugin 2007 bei einem Grillabend über den Brandanschlag gesagt haben: "Das war ich und sie haben mich nie erwischt." Als sie erfuhr, dass jemand dabei getötet wurde, meldete sie das der Polizei. Acht Überlebende der Brandnacht hatten sich dem Prozess als Nebenkläger angeschlossen. Ihre Anwälte bedankten sich für ihre mutige Aussage, ebenso wie für die Arbeit der Ermittler und der Anklagebehörde seit 2019.

Verteidigung: Mitläufer ohne rassistisches Motiv

Die Verteidiger hatten eine deutlich niedrigere Freiheitsstrafe gefordert. Sie begründeten das damit, dass ihr Mandant die Tat nicht selbst begangen habe. Außerdem soll er 1991 nicht aus rassistischen Motiven gehandelt haben, argumentierte Rechtsanwalt Guido Britz. Zum Tatzeitpunkt sei S. neu in der Neonazi-Skinhead-Szene gewesen, ein Mitläufer, der dazu gehören wollte und einen Familienersatz suchte. Er bedaure das Geschehene zutiefst.

Das Gericht stellte fest, diese Worte in der Verteidigererklärung seien die einzigen Anzeichen von Reue. Sein Verhalten nach der Tat zeige keine Empathie oder menschliche Regung. Bei Durchsuchungen vor seiner Festnahme wurden bei ihm menschenverachtende Bilder in Chats gefunden sowie ein Foto, das ihn in SS-Uniform mit Hakenkreuzbinde zeigt.

Ein Mann in dunkler Kleidung, dessen Gesicht unkenntlich gemacht ist setzt sich gerade. Hinter ihm stehen zwei weitere Männer, einer davon in Uniform mit der Aufschrift Justiz
16.11.2022: Strafverteidiger Guido Britz (Mi.) mit seinem Mandanten Peter. S. am ersten Prozesstag vor dem Oberlandesgericht KoblenzBild: Thomas Frey/dpa/picture alliance

Nach anfänglichem Leugnen im Prozess hatte der Angeklagte durch seinen Verteidiger erklären lassen, er sei beim Brandanschlag auf das Asylbewerberheim dabei gewesen. Das Benzin ausgegossen und angezündet habe aber Heiko Sch. aus der Skinhead-Szene. Peter S. beantwortete keine Fragen. Das Gericht schenkte dieser Darstellung keinen Glauben, erkannte aber Täterwissen, weil er von einer Holztreppe mit Teppich berichtet hatte. 

Heiko Sch. sagte zweimal vor Gericht aus. Gegen ihn und den damaligen Anführer der Saarlouiser Skinheadszene Peter St. ermittelt mittlerweile die Bundesanwaltschaft. Peter St. befindet sich seit Juni in Untersuchungshaft. Am Abend vor der Tat hatten die drei Männer nach übereinstimmenden Aussagen in einer Gaststätte Alkohol getrunken und über die rassistisch motivierten Angriffe auf Ausländer in Ostdeutschland gesprochen.

Zwei Tage vor dem Brandanschlag in Saarlouis hatten in Hoyerswerda Angriffe begonnen, Brandsätze wurden geworfen. Auch an anderen Orten gab es pogromartige Zustände. Nach Aussage von Heiko Sch. soll der dominante Szeneführer St. gesagt haben: "Hier müsste auch mal sowas passieren". Peter S. und Peter St., die als enge Freunde gelten, haben das bestritten.

Verhöhnung des Ermordeten

Nach Anklage- und Nebenklage-Plädoyers erinnerte auch der vorsitzende Richter Konrad Leitges in der Urteilsbegründung an die Brandnacht und den Ermordeten: Samuel Kofi Yeboah (27) kämpft in der Nacht zum 19.09.1991 im Dachgeschoss des brennenden Asylbewerberheim in Saarlouis um sein Leben. "Ich sterbe, ich sterbe" - Mitbewohner, die sich über Fenster, Balkone oder Feuerleitern retten konnten, hören zehn bis 15 Minuten lang seine verzweifelten Hilfeschreie aus dem Dachgeschoss, die langsam verstummen, das haben sie ausgesagt. Wegen der Flammen und des Rauchs auf der Treppe können sie ihm nicht helfen.

Paßfoto eines jungen Manns mit kurzen dunklen Haaren im dunklen Sweatshirt. Er schaut freundlich in die Kamera
Samuel Kofi Yeboah aus Ghana wurde als sehr freundlich und hilfsbereit beschrieben. Er boxte, spielte Fußball und hatte viele deutsche Freunde Bild: Andreas Engel

Als der 27-Jährige schließlich von der Feuerwehr herausgetragen wird, ist sein ganzer Körper verbrannt und verkrümmt. Einer der Mitbewohner berührt ihn, da bricht ein Finger ab. Samuel Yeboah ist die ganze Zeit bei Bewusstsein, bis er im Krankenhaus qualvoll stirbt. Zwei Mitbewohner haben sich Knochenbrüche zugezogen, andere leiden unter Rauchvergiftungen.

In der Skinheadszene wurde der Ermordete verhöhnt, das berichteten Zeugen. Peter S. selbst sagte: "Der Idiot ist in die falsche Richtung gelaufen." Man verglich den Toten mit einem verkohlten Würstchen. Der Angeklagte Peter S. habe "hämisch gegrinst", wenn über den Anschlag gesprochen wurde, berichteten Zeugen. Er wurde als "Feuerteufel" bezeichnet.

Traumata bei Überlebenden

"Dieser Mann wollte uns alle ermorden und hat unseren Freund Samuel Kofi Yeboah getötet", das sagte Abdul S. (Name geändert), einer der Überlebenden und Nebenkläger im Prozess am OLG Koblenz. Feuer können einige bis heute nicht ertragen, das berichteten sie vor Gericht. "Wenn geschrien wird, verliere ich die Kontrolle", hat ein Mandant von Nebenklage-Vertreter Björn Elberling ausgesagt. Ein Familienvater wache oft nachts weinend auf.

Blick auf ein mehrstöckiges weißes Wohnhaus mit vielen Fenstern und Treppen vor der Eingangstür
Das Asylbewerberheim in der Saarlouiser Straße 53 in Saarlouis: Samuel Kofi Yeboah wurde im Dachgeschoss von den Flammen eingeschlossenBild: Landespolizeipräsidium Saarland

Wer hat ihnen das angetan und warum? Mit diesen Fragen waren sie jahrzehntelang allein, sagen die Überlebenden. Nach dem Anschlag hatte die Polizei nur kurz gegen die rechte Szene ermittelt, Alibis wurden nicht überprüft, in den Akten steht das rassistische N-Wort. Die saarländische Ministerpräsidentinhat sich erst im Juni bei den Betroffenen für Fehler entschuldigt. Die Stadt Saarlouis spricht erst seit kurzem überhaupt von einer rassistischen Tat.

"Zu der allerersten Gedenkveranstaltung der Stadt Saarlouis nach 32 Jahren am 19. September 2023 wurde keiner der Überlebenden eingeladen", kritisieren der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemischer Gewalt (VBRG) und der Saarländische Flüchtlingsrat. Diese Missachtung der Überlebenden zeige massive Defizite in der Auseinandersetzung mit Rassismus und Rechtsterrorismus im Saarland.

Sieben Überlebende konnten nicht mehr ausfindig gemacht werden, 13 haben ausgesagt. Nach dem Brandanschlag bekamen sie keine Hilfe der Behörden, stattdessen erhielten einzelne Abschiebebescheide. Einige erlebten in der nächsten Asylunterkunft in Saarlouis erneut rechte Angriffe und einen Brandanschlag. Es folgten zahlreiche weitere im Saarland.

Blick auf eine Gruppe von Demonstranten, die ein schwarzes Banner halten. Darauf steht: "Im Gedenken an Samuel Yeboah. Gegen Rassismus und deutschen Nationalismus. Kein Kompromiss mit der Barbarei"
Sie sprachen von Anfang an von einem rassistischen Anschlag: Die Antifa Saar, die Aktion 3. Welt Saar und der saarländische Flüchtlingsrat hielten die Erinnerung an Samuel Yeboah und den Brandanschlag über mehr als 30 Jahre wachBild: BeckerBredel/IMAGO

Zeugen aus der Neonazi-Szene

Mord verjährt nicht in Deutschland, aber die Aufklärung nach mehr als 30 Jahren ist aufwendig. Beweisstücke vom Tatort wie den Benzinkanister gibt es nicht mehr. Seit Mitte November hat der Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht Koblenz verhandelt mit vielen tausend Aktenseiten und 94 Zeugenvernehmungen.

"Es ist lange her" - viele Zeugen aus der damaligen Neonazi-Szene beriefen sich auf Erinnerungslücken. Einer beschwerte sich, er habe nicht damit gerechnet, dass ihn seine Vergangenheit in der rechten Szene noch einmal einhole.

Blick von hinten in einen Gerichtssaal, rechts steht ein unkenntlich gemachter Angeklagter zwischen seinen Anwälten in schwarzen Umhängen, vorne stehen vier Männer und eine Frau in schwarzen Umhängen hinter einem langen Tisch. Davor, näher zum Betrachter steht ein einzelner grauer Tisch mit drei Mikrofonen
Der Staatsschutzsenat beim Oberlandesgericht Koblenz hat zahlreiche Zeugen vernommen und immer wieder vor Falschaussagen gewarntBild: Thomas Frey/dpa/picture alliance

Die Richter ermahnten Zeugen mehrfach, die Wahrheit zu sagen, als eklatante Widersprüche zu anderen Aussagen auffielen. Keiner muss sich selbst oder enge Angehörige belasten, doch jeder muss vor Gericht die Wahrheit sagen. Gegen zwei Zeugen wird wegen uneidlicher Falschaussage ermittelt, das hat die Staatsanwaltschaft Koblenz der DW bestätigt.

Rechte Szene: gewaltbereit und gut vernetzt

Mehrere Zeugen aus der Neonazi-Szene sagten aus, Angriffe auf Ausländer habe man damals "gefeiert". Nebenklagevertreterin Kristin Pietrzyk fragte eine Zeugin nach der Reaktion auf andere Brandanschläge wie in Mölln oder Solingen: "Hat schon wieder gebrannt, klasse." "Auch wenn Menschen gestorben sind?" "Ja." "Auch der Angeklagte?" "Ja, der hat das für gut befunden, hat nicht gesagt, tut mir leid." Die Anwältin fragte nach: "Auch nicht, wenn Kinder verbrannt sind?" "Ne."

Deutschland, Solingen | Brandanschlag (1993)
Beim Brandanschlag in Solingen am 29.5.1993 verbrannten im Haus der türkischen Familie Genc fünf Menschen, darunter drei KinderBild: Tillmann Pressephotos/imago images

Wie gewaltbereit die Szene war, zeigte schon 1986 der Artikel "Terror der Skins" im Magazin Stern. Zum brutalen Mord an einem jungen Türken in Hamburg sagte ein Skinhead aus Saarlouis: "Die Skins, die das gemacht haben, haben das einzige Mal in ihrem Leben das Richtige gemacht." Er nannte sich Mengele - wie der SS-Arzt im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Das Gericht ordnete den Spitznamen einem Zeugen zu, der die Aussage verweigerte.

Die rechtsextreme Szene war im In- und Ausland vernetzt über Flugblätter, Telefonate, Konzerte und Aufmärsche. Es gibt Fotos von Peter S. und anderen bei einem Gedenkmarsch für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß in Worms 1996. Dort waren auch Mitglieder und Unterstützer des späteren rechtsterroristischen NSU ("Nationalsozialistischer Untergrund") aus Thüringen. Ein Zeuge, der als Sozialarbeiter mit den Skinheads in Saarlouis gearbeitet hatte, berichtete von Drohungen. Jahre später habe er erfahren, dass er auf einer "Feindesliste" des NSU stand.

Grafik mit einer Deutschlandkarte, auf der mehrere Städte markiert sind. Unter den Ziffern eins bis zehn stehen diese Städte noch einmal neben der Karte, jeweils mit dem Namen einer Person. Darunter sind zehn Porträts zu sehen, neun Männer und eine Frau, darunter steht jeweils hinter einem Kreuz das Datum ihrer Ermordung
Der rechtsterroristische NSU ermordete zehn Menschen und verübte mehrere Sprengstoffanschläge

Zehn Tage nach dem Brandanschlag gab es im Saarland im Wald ein Konzert mit der neonazistischen Band Skrewdriver aus Großbritannien. Dort soll auch ein Sprecher des Ku-Klux-Klan aus den USA aufgetreten sein. Szene-Mitglieder engagierten sich in Organisationen, die teilweise später verboten wurden. Eine Zeugin wollte in die "Hatebar" der neonazistischen Hammerskins. Im September wurden die Hammerskins in Deutschland verboten.

Signal für Betroffene rechter Gewalt und Täter

Die Aufklärung des Brandanschlags in Saarlouis sei ein Signal an alle Opfer und Betroffenen der Anschläge in den 1990er Jahren, sagte Oberstaatsanwalt Malte Merz. Rechtsanwalt Björn Elberling, der vier der acht Nebenkläger vertreten hat, ergänzte, es sei auch ein Zeichen an die Täter, dass sie sich nicht sicher fühlen könnten. Auf die Verschwiegenheit der Szene könnten sie sich nicht verlassen. "Wenn alle dichthalten, kommt schon nichts raus", zitierte Richter Leitges einen Ausspruch eines der Neonazis nach Wiederaufnahme der Ermittlungen. Doch einige haben ausgesagt.

"Der Anschlag und dass wir drei Jahrzehnte vom Staat im Stich gelassen wurden, hat unser Leben beschädigt", sagte der Überlebende und Nebenkläger Abdul S.. Seine Hoffnung, dass das Gericht den Angeklagten verurteilt, wurde erfüllt. 

Die Versuche zur Aufklärung sollen in einem Untersuchungssauschuss des saarländischen Landtags weitergehen. Folgen könnte auch noch ein Verfahren gegen den damaligen Szeneanführer Peter St..

Das Urteil gegen Peter S. ist bisher nicht rechtskräftig. Bundesanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage-Vertreter Björn Elberling haben Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Das hat die Sprecherin des Oberlandesgerichts Koblenz der Deutschen Welle bestätigt.

Dieser Artikel wurde am 8.10.2023 publiziert, nach der Urteilsverkündung am 9.10.2023 und am 17.10.2023 nach Einreichung der Revision aktualisiert.