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US-Investoren wettern gegen Energiewende

Sabine Kinkartz19. März 2014

Regelmäßig befragt die AmCham Germany die umsatzstärksten US-Unternehmen in Deutschland nach ihrer Meinung. Selten war die so gut, wie heute. Unmut erzeugen allerdings die steigenden Strompreise.

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Deutsche Flagge neben der US-amerikanischen
Bild: imago/Seeliger

Coca-Cola, Hewlett-Packard, Philip Morris, McDonald's – die Liste der in Deutschland engagierten US-Unternehmen ist lang. 44 der umsatzstärksten, die zusammen 92 Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaften und 177.000 Mitarbeiter in Deutschland beschäftigen, haben sich in diesem Frühjahr für das Business Barometer der amerikanischen Handelskammer in Deutschland befragen lassen. Ihr Urteil könnte kaum besser ausfallen.

Die Unternehmen würden mit großer Zuversicht ins laufende Jahr blicken, sagt Bernhard Mattes, Präsident der AmCham Germany. Beim Umsatz erwarten knapp 80 Prozent eine Steigerung zum Vorjahr, auch in der Jobbilanz sollte am Ende ein Plus für den Standort Deutschland stehen und besonders erfreulich ist die hohe Investitionsbereitschaft, denn jeder zweite Topmanager rechnet 2014 mit einem Anstieg der Investitionen. "Die positiven Erwartungen der US-Investoren sind ein Indiz dafür, dass die gesamte deutsche Wirtschaft weiter den Weg nach oben nimmt."

Schlechte Noten für die deutsche Industriepolitik

Die Perspektiven scheinen glänzend und stabil zu sein, jedenfalls für eine absehbare Zeit. Rund 60 Prozent der Top-Führungskräfte sehen ihre Aktivitäten in den nächsten drei bis vier Jahren eher wachsend und wollen sie ausbauen. Ganz besonders schätzen die US-Amerikaner in Deutschland die Qualität der Mitarbeiter, die Zuliefernetzwerke, Forschung und Entwicklung, sowie die Infrastruktur und das Potenzial Deutschlands als Absatzmarkt.

Weniger gut werden die Investitions- und Finanzierungskosten, die Arbeitskosten, sowie die Wirtschafts- und Industriepolitik beurteilt. Hier vergibt ein Drittel der Befragten eine schlechte Note.

Angela Merkel IAA Frankfurt 2011
AmCham-Präsident Mattes ist auch Chef von Ford in Deutschland, hier mit der Bundeskanzlerin auf der IAABild: picture-alliance/dpa

Das sei ein Warnsignal, sagt Bernhard Mattes. Deutschland dürfe nicht teurer werden. "Und damit sollten sich alle Beteiligten, die Politiker, die die Rahmenbedingungen setzen, aber auch die Unternehmen selber nicht auf den Lorbeeren der letzten Jahre ausruhen." So gut es auch laufe, US-Topmanager sähen einen Reformbedarf am Standort Deutschland. "Es muss mit der industriepolitischen Ausrichtung weitergehen. Sie hat zu einer stabilen Basis geführt aber sie muss in den innovativen Sektoren weiter nach vorne getrieben werden."

Warnung vor höheren Stromkosten

Mit Abstand am schlechtesten schneiden bei den Standortfaktoren die Energiekosten ab. 71 Prozent der Befragten beurteilt die deutsche Energiepolitik negativ. Dabei treibt die Investoren nicht nur die Sorge an, dass die Stromkosten weiter steigen könnten, sondern sie drängen auch auf verlässliche Rahmenbedingungen, sagt Ralf Brinkmann, Vorstand des Chemie-Unternehmens Dow Deutschland und Vizepräsident der AmCham Germany. "Die Planungsunsicherheit und der dramatische Kostenanstieg beim Thema Energie sind in den Augen potenzieller amerikanischer Industrie-Investoren, die anderswo nur ein Drittel für Gas und die Hälfte für Strom zahlen müssen, beileibe kein Pluspunkt."

Aktuell gehe es in Deutschland um die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und um die dazu geltenden europäischen Beihilferichtlinien. "Es muss darum gehen, das EEG bezahlbar zu machen und nicht immer mehr zu EEG-Zahlern zu machen." Höhere Kosten, so Brinkmann, könnten die Attraktivität des Standorts Deutschland erheblich schmälern.

Läuft Asien Europa den Rang ab?

Noch sticht die Bundesrepublik in Europa positiv hervor. 29 Prozent der Investoren halten Deutschland für den attraktivsten Standort, gefolgt von Großbritannien mit 17 Prozent und Polen mit 12 Prozent. Allerdings gelten andere Regionen als zukunftsträchtiger. 76 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Asien in zehn Jahren der weltweit wichtigste Industriestandort sein wird. Europa wird von lediglich sieben Prozent genannt.

Deshalb, so meint AmCham Präsident Mattes, sei es ungemein wichtig, das transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa (TTIP) auf den Weg zu bringen.

US-Unternehmen rechnen mit Gewinnen in Deutschland

Auch 67 Prozent der für das Business-Barometer befragten Unternehmen sind der Meinung, dass das Abkommen deutliche Wachstumsimpulse erzeugen würde. "Der transatlantische Markt ist und bleibt der größte der Welt und gerade Europa braucht diese zusätzlichen Wachstumspotenziale dringend für seine Gesundung", argumentiert Mattes. "Wenn sich jetzt die zwei größten Wirtschaftsräume der Welt auf eine umfassende Partnerschaft einigen, können wir global Maßstäbe setzen und den Weg für weitere internationale Standards ebnen."

Acht von zehn für das Business Barometer befragte Topmanager sind zuversichtlich, dass das TTIP erfolgreich unter Dach und Fach gebracht werden wird. Allerdings, so fordert Mattes, müssten die Verhandlungen in Zukunft deutlicher zur Chefsache erklärt werden. Gleichzeitig räumt er ein, es sei an der Zeit, die Verhandlungen transparenter zu machen und die Öffentlichkeit besser und sachlicher zu informieren. Nur wenn es einen gesellschaftlichen Konsens gebe, könne das Abkommen tatsächlich ein Erfolg werden.