Innenpolitische Niederlage für Obama
28. September 2016Erst vergangene Woche hatte US-Präsident Barack Obama ein Gesetz abgelehnt, das Hinterbliebenen der Terroranschläge vom 11. September 2001 Entschädigungsklagen gegen Saudi-Arabien wegen staatlicher Unterstützung von Terrorismus ermöglicht hätte. Der US-Kongress hat dieses Veto nun ausgehebelt. Damit das Gesetz mit dem Namen "Justice Against Sponsors of Terrorism Act" (JASTA) doch in Kraft treten kann, benötigte es in beiden Parlamentskammern eine Zweidrittelmehrheit, die problemlos erreicht wurde.
Im Senat stimmte nun nicht nur die republikanische Mehrheit dafür, das Veto zu annullieren, sondern auch fast alle Vertreter von Obamas Demokratischer Partei. 97 Senatoren waren gegen das Veto, nur einer unterstützte es (Artikelbild). Dabei handelte es sich um den Anführer der Demokraten im Oberhaus, Harry Reid. Wenige Stunden danach stimmte das Repräsentantenhaus mit 348 zu 77 gegen das Veto. Charles Schumer, US-Senator für den Bundesstaat New York und Unterstützer des Gesetzes, warf dem Weißen Haus und der Exekutive vor, stärker an der Diplomatie interessiert zu sein. "Wir sind mehr an den Familien und Gerechtigkeit interessiert."
Sorge um Reaktion Saudi-Arabiens
Obama nannte die Entscheidung in einem Interview mit dem Sender CNN einen "Fehler". "Es ist ein gefährlicher Präzedenzfall", so der US-Präsident. Er war gegen das 9/11-Gesetz, da es nicht mit internationalem Recht vereinbar sei. Außerdem betrachtete er es als "schädlich für die nationalen Interessen der USA". Der Staat müsste im Gegenzug zahlreiche Klagen wegen des Vorgehens seiner Soldaten in anderen Ländern fürchten. Josh Earnest, Sprecher des Weißen Hauses, nannte die Abstimmung im Senat "das Peinlichste", das die Legislative in Jahrzehnten getan habe.
John Brennan, Direktor des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, äußerte sich besorgt darüber, wie Saudi-Arabien letztlich reagieren wird. "Es wäre eine Schande, wenn dieses Gesetz die Bereitschaft Saudi-Arabiens beeinflusst, weiterhin zu unseren besten Partnern bei der Terrorismusbekämpfung zu gehören", sagte Brennan. Die Saudis hätten erhebliche Mengen an Informationen bereitgestellt, um Pläne von Extremisten zu vereiteln.
Verkauf von Staatsanleihen angedroht
Saudi-Arabien, das jegliche Verantwortung für die Anschläge vom 11. September 2001 zurückweist, hatte schon im Mai den Gesetzentwurf heftig kritisiert. Sollte er umgesetzt werden, würden sie im Gegenzug US-Staatsanleihen und weitere US-Vermögenswerte in Höhe von 750 Milliarden US-Dollar verkaufen. Das Königreich könnte Milliarden Dollar aus der US-Wirtschaft abziehen. Genauso könnte es seinen Einfluss im Golf-Kooperationsrat (GCC) geltend machen. "Dieser Punkt sollte den USA und dem Rest der Welt klar sein", sagt Abdulkhaleq Abdullah, Professor für Politikwissenschaft an der United Arab Emirates University. "Wenn ein Staat des GCC ungerecht behandelt wird, stehen ihm die anderen bei." Die anderen Staaten könnten ihre Mitarbeit bei der Terrorismusbekämpfung einschränken, Investitionen verringern oder den Zugang zu regionalen Luftwaffenstützpunkten erschweren.
15 der 19 islamistischen Selbstmordattentäter vom 11. September 2001 waren saudische Staatsbürger. Seit den Anschlägen waren immer wieder Vorwürfe laut geworden, die Attentäter hätten Hilfe von saudi-arabischer Seite erhalten. Obama hat im Laufe seiner fast achtjährigen Amtszeit insgesamt zwölf Mal von seinem Recht Gebrauch gemacht, sein Veto gegen Gesetzesvorhaben einzulegen. Bislang wurde noch keines dieser Vetos vom Kongress überstimmt.
ust/mak (dpa, afp, rtre, ape)