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KonflikteIsrael

US-Regierung: Israel hat Einsatzpläne für Rafah verkleinert

22. Mai 2024

Israel hat offenbar den Bedenken der USA zum militärischen Vorgehen in Rafah im Süden des Gazastreifens Rechnung getragen. Die Israelis hätten ihre Pläne aktualisiert, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter.

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Ein Bombenkrater nach einem israelischen Angriff in einer Straße in Rafah
Ein Bombenkrater nach einem israelischen Angriff in einer Straße in RafahBild: AFP

"Die Israelis haben viele der Bedenken, die wir geäußert haben, berücksichtigt", zitierte die Zeitung "Times of Israel" in der Nacht zum Mittwoch einen ranghohen Beamten der Regierung der USA. Es gebe eine Diskussion, die fortgesetzt werde und die "konstruktiv" verlaufe. Der Beamte bezog sich auf Gespräche, die der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, am Wochenende mit hochrangigen Vertretern Israels geführt hatte, unter anderem mit Regierungschef Benjamin Netanjahu. Entscheidend sei, was tatsächlich passiere, sagte der Beamte. "Wir geben kein grünes Licht für israelische Operationen, das ist nicht unsere Aufgabe."

Auch die "Washington Post" hatte zuvor berichtet, Israel habe nach Gesprächen mit der US-Regierung beschlossen, die Pläne für eine Großoffensive in der an Ägypten grenzenden Stadt aufzugeben und stattdessen in einem begrenzteren Rahmen vorzugehen. Ein früherer Plan, zwei israelische Armee-Divisionen in die Stadt im Gazastreifen zu schicken, werde nicht weiterverfolgt, berichtete die US-Zeitung unter Berufung auf namentlich nicht genannte US-Beamte.

US-Präsident Joe Biden hat sich öffentlich gegen eine große Bodenoffensive in Rafah ausgesprochen. Seit Anfang Mai führt die israelische Armee trotz internationaler Warnungen eigenen Angaben zufolge "gezielte" Einsätze am Boden und Luftangriffe in Rafah aus, wo sie die letzten verbleibenden Kampfeinheiten der militant-islamistischen Hamas verortet. Die EU, die USA, Deutschland und andere Länder stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

Rafah ist nach mehr als sieben Monaten Krieg die letzte noch halbwegs intakte Stadt im abgeriegelten Gazastreifen. Nach einem Bericht der Zeitung "Times of Israel" haben nach jüngsten Schätzungen des Militärs binnen zwei Wochen etwa 950.000 Palästinenser Rafah verlassen. Derzeit sollen sich demnach noch rund 300.000 bis 400.000 Zivilisten dort aufhalten. Vor dem Vormarsch der israelischen Armee im Osten von Rafah hatten mehr als eine Million Binnenflüchtlinge aus anderen Teilen des Gazastreifens in der Region Schutz gesucht.

UNRWA verteilt keine Lebensmittel mehr in Rafah

Derweil setzte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA nach eigenen Angaben die Verteilung von Lebensmitteln in Rafah aus. Zur Begründung verwies es auf "Versorgungsengpässe und Unsicherheit". Die Verteilungszentren des UNRWA sowie des Welternährungsprogramms (WPF) in Rafah seien aufgrund der anhaltenden israelischen Offensive unzugänglich, teilten die Vereinten Nationen mit.

Ein Lastwagen transportiert Hilfsgüter im Zentrum des Gazastreifens
Ein Lastwagen transportiert Hilfsgüter im Zentrum des Gazastreifens Bild: Rizek Abdeljawad/XinHua/dpa/picture alliance

Medienberichten zufolge hält Ägypten humanitäre Hilfsgüter wegen Israels Vorgehen in Rafah zurück. Der dortige Grenzübergang, über den zuvor Hilfe nach Gaza gelangte, ist nach der Übernahme der Kontrolle auf der palästinensischen Seite durch die israelischen Streitkräfte geschlossen.

Ägypten blockiert Hilfstransporte

Damit ist der Grenzübergang Kerem Schalom als Nadelöhr für Hilfsgüter nach Gaza noch wichtiger geworden. Jedoch hat Ägypten nach einem Bericht der US-Tageszeitung "Politico" sämtliche Lieferungen über diese Passierstelle gestoppt. Ägyptische Beamte hätten die israelische Führung monatelang gedrängt, eine Bodenoffensive in Rafah nicht voranzutreiben, da dies nahe an der ägyptischen Grenze Chaos stiften und die Sicherheit des Landes gefährden würde, hieß es. Auf der ägyptischen Seite des Grenzübergangs Rafah stapelten sich jetzt Hilfsgüter, schreibt die "Times of Israel". Ägypten hat Medienberichten zufolge angedeutet, es werde den Transport von Hilfsgütern durch Rafah nicht koordinieren, bis die israelischen Truppen abgezogen sind.

Unterdessen transportierten nach Angaben Zyperns vier Schiffe aus den USA und Frankreich vom zyprischen Hafen Larnaca aus Hilfsgüter in den Gazastreifen. Die Hilfsgüter sollen den Gazastreifen über eine provisorische Anlegestelle an der Küste erreichen. Pentagon-Sprecher Pat Ryder sagte jedoch, er glaube nicht, dass die Hilfsgüter bereits an Bedürftige verteilt worden seien.

Palästinenser plündern am 18. Mai Lastwagen mit Hilfsgütern am provisorischen Pier
Palästinenser plündern am 18. Mai Lastwagen mit Hilfsgütern am provisorischen Pier Bild: Ramadan Abed/REUTERS

Netanjahu: Keine Siedlungen im Gazastreifen

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versicherte derweil, man wolle nach dem Krieg im Gazastreifen dort keine Siedlungen errichten. "Das war nie vorgesehen", unterstrich er in einem Interview des US-Nachrichtensenders CNN. Sobald die Hamas besiegt sei, müsse eine nachhaltige Demilitarisierung des Gazastreifens erreicht werden. "Wir wollen eine zivile Verwaltung, die von Bürgern von Gaza geführt wird, die weder der Hamas angehören noch sich für sie engagieren."

Haft­be­fehle gegen Net­anjahu und Hamas-Führer bean­tragt

Mehrere rechtsnationale Minister in Netanjahus Koalition hatten sich wiederholt für den Bau jüdischer Siedlungen auf dem Gazastreifen ausgesprochen. Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hatte am Dienstag sogar erklärt, er würde gerne selbst dort leben.

Auslöser des Israel-Hamas-Kriegs war der Großangriff militanter Palästinenserorganisationen wie der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Die radikalislamischen Kämpfer töteten nach israelischen Angaben mehr als 1170 Menschen. 252 weitere Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 35.600 Menschen getötet.

kle/sti (afp, dpa, rtr)