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PolitikPolen

US-Wahl: Der Kampf um die Stimmen der polnischen Amerikaner

25. Oktober 2024

Die US-Wahl entscheidet sich in den sogenannten Swing States, vor allem in Pennsylvania. Mehr als 700.000 US-Amerikaner polnischer Abstammung, die dort leben, könnten entscheidenden Einfluss auf den Wahlausgang haben.

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Eine Frau geht in ein kleines Geschäft mit polnischen Aufschriften, auf einem großen Schild steht der Name Polus
Polnisches Geschäft in Philadelphia im US-Bundesstaat PennsylvaniaBild: RYAN COLLERD/AFP/Getty Images

In der US-Wahl 2024 kämpfen die Demokratin Kamala Harris und der Republikaner Donald Trump um jede Stimme und versuchen wichtige Wählergruppen für sich zu gewinnen. Zu denen zählen unter anderem auch Gruppen, die traditionell eine starke Verbindung zu ihren ethnischen oder religiösen Wurzeln oder ihrem ursprünglichen Herkunftsland haben. Eine dieser Gruppierungen, die polnische Minderheit in den USA, die sogenannte Polonia, zählt diesmal auch zu den von Harris und Trump besonders in den Blick genommenen.

Die Polonia macht rund drei Prozent der US-amerikanischen Gesamtbevölkerung aus und hat sich bei bisherigen Präsidentschaftswahlen einen ganz eigentümlichen "Expertenstatus" erworben: Interessanterweise haben sich die Wähler und Wählerinnen der Polonia bei vergangenen Wahlen in den zurückliegenden 100 Jahren so gut wie nie geirrt und stimmten jeweils mehrheitlich für den späteren Sieger.

Wer im US-Bundesstaat Pennsylvania siegt, gewinnt wohl auch die Gesamtwahl - US-Wahlexperten sind sich da einig. Die polnischen Amerikaner haben hier 2015 mehrheitlich Donald Trump gewählt. Der versprach der Polonia damals die Befreiung von der Visumspflicht für ihre Landsleute aus Polen. 2020 unterstützten sie mehrheitlich den Kandidaten der Demokratischen Partei, Joe Biden.

Ein Marmordenkmal mit einer polnischen Fahne, daneben stehen ein Junge und ein Mädchen in Uniformen, im Hintergrund sind Grabsteine eines Friedhofs zu sehen
Denkmal für die polnische Gewerkschaft Solidarnosc und den polnischen Widerstand gegen die kommunistische Diktatur in Doylestown im US-Bundesstaat PennsylvaniaBild: RYAN COLLERD/AFP/Getty Images

Für die laufende Wahl 2024 gibt es unter den polnischen Amerikanern noch keine zuverlässigen Umfragewerte, allerdings geht der Polonia-Forscher John Radzilowski, der das Polish Institute of Culture and Research in Orchard Lake Village im US-Bundesstaat Michigan leitet, von einer leichten Präferenz für Donald Trump aus. Trump dürfte bei der zumeist katholischen Polonia mit Themen wie Abtreibungsverbot punkten, aber auch mit der harschen Ablehnung von LGBTQ-Rechten, die Kamala Harris wiederum stärken will. Die Demokratin gilt als langjährige Verbündete der LGBTQ-Community in den USA.

Ukraine oder Geld in der Tasche?

Wer dieses Mal die Stimmen der Polonia holen will, muss aber vor allem auf zwei Schlüsselthemen achten: den Krieg in der Ukraine und die wirtschaftliche Lage in den USA. Angesichts der immer noch hohen Verbraucherpreise in den Vereinigten Staaten interessiere er sich vor allem für das zweite Thema, meint Wojtek Dworak, ein polnischstämmiger US-Amerikaner aus Chicago im Gespräch mit der DW. Donald Trump und seiner Republikanischen Partei spricht er größere wirtschaftliche Kompetenz zu. "Für meine Familie steht im Vordergrund, dass mein Geschäft gut läuft und das wir die Ausbildung unserer Kinder finanzieren können", sagt er.

Katarzyna Kucharska, die in Philadelphia im Osten des Bundestaates Pennsylvania ein polnisches Lebensmittelgeschäft betreibt, glaubt nicht, dass Trump wirtschaftlich kompetenter ist als seine Rivalin. Der Ex-Präsident habe angekündigt, die Importe mit Zöllen zu belegen. Im Falle der Waren, die sie aus Polen importiert, würde das Preiserhöhungen bedeuten und für ihr Geschäft schädigend sein, gibt sie im Gespräch mit der DW zu bedenken.

Uniformierte Jungen und Mädchen verschiedenen Alters marschieren gemeinsam und und halten dabei Schilder und Wappen hoch
Polnische Parade in Philadelphia am 6.10.2019Bild: Tom Gralish/The Philadelphia Inquirer/AP Photo/picture alliance

Je nachdem, auf welche Seite sich eine Mehrheit der polnischstämmigen US-Amerikaner bei der Wahl in wichtigen Swing States schlägt, könnte das tatsächlich den Wahlausgang bestimmen. Swing States sind diejenigen Bundesstaaten in den USA, in denen es keine stabile strukturelle Mehrheit für eine der beiden großen US-Parteien gibt und die daher in Wahlkampagnen besonders umkämpft sind. 

"In Pennsylvania und Michigan könnten schon ein paar hundert oder wenige tausend Stimmen einen großen Unterschied ausmachen. In einigen US-Staaten, die eine signifikante polnische Bevölkerung haben, könnte eine Verschiebung um nur ein paar tausend Stimmen in die eine oder andere Richtung das Wahlverhalten dieses Staates grundlegend ändern", sagt John Radzilowski.

Buhlen um die Gunst der Polonia 

Trump versucht in den Swing States Michigan, Pennsylvania und Wisconsin vor allem die polnischstämmigen Arbeiter anzusprechen, meint der Politologe Dominik Stecula vom Forschungszentrum Piast Institute in Hamtramck in Michigan: "Das sind republikanische Wähler, die sich von dem amerikanischen Mainstream vernachlässigt fühlen. Die Zusicherung von Trump, dass er ihnen die Würde zurückgibt und das Gefühl vermittelt, dass man sich für sie interessiert, scheint ein Teil der Botschaft von Trump an Polonia zu sein."

Männer und Frauen mit roten Schirmmützen zwischen Eisenzäunen
Polnischstämmige US-Amerikaner, die Trump unterstützen, am 22.09.2024 in Doylestown im U-Bundesstaat PennsyvaniaBild: RYAN COLLERD/AFP/Getty Images

Kamala Harris wiederum versucht die Stimmen der Polonia mit dem Versprechen zu gewinnen, die Ukraine mehr zu unterstützen als Trump. In einem ihrer Wahlspots ging Harris sogar direkt auf die polnischen Amerikaner ein und zitierte einen legendären Satz aus der polnischen Geschichte: "Für unsere und Eure Freiheit". Er wurde auch während des russischen Einmarsches in der Ukraine im Jahr 2022 zum Ausdruck der Solidarität mit dem ukrainischen Volk. "Anders als der Durchschnitt der Amerikaner sieht die Polonia Russland und nicht China als den geopolitischen Hauptgegner der USA", sagt Dominik Stecula. "Kamala Harris konzentriert sich in ihren Wahlspots deshalb auf die Ukraine, die NATO und Amerikas Rolle in der Welt." Auch John Radzilowski glaubt, dass Kamala Harris mit dieser Verneigung vor den Gefühlen der Polonia ein paar tausend wichtige Stimmen mehr auf sich vereinigen könnte.

Kopf-an-Kopf-Rennen

Stecula betont, dass in allen drei "polnischen" Bundesstaaten Michigan, Pennsylvania und Wisconsin die Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Kandidaten vorhersagen. In Wisconsin haben sich viele Polonia-Gruppen für Kamala Harris ausgesprochen, in Michigan und Pennsylvania sei Polonia zweigeteilt - die jüngeren Polonia-Enklaven, die näher an Philadelphia liegen, tendieren zu Harris, für die älteren um Pittsburgh und Scranton stünden die Alltagsprobleme in Amerika, nicht die in Polen, im Vordergrund, so Stecula.

Eine Menschenmenge vor einem Friedhof, zu sehen sind auch eine US- und eine polnische Fahne
Polnischstämmige US-Amerikaner warten am 22.09.2024 in Doylestown auf den polnischen Staatspräsidenten Andrzej DudaBild: RYAN COLLERD/AFP/Getty Images

Mit dieser Auffassung identifiziert sich auch Wojtek Dworak. Von Kamala Harris' Appellen, wegen des Krieges in der Ukraine für sie zu stimmen, hält er wenig. Denn: "Streng genommen fordert Kamala Harris uns auf, unseren Treueid zu brechen. Bei der Einbürgerung haben wir doch feierlich geschworen, dass wir die Interessen der USA immer den Interessen anderer Länder vorziehen werden", meint er.

Katarzyna Kucharska sieht das anders. Für sie ist die Sicherheit Polens und Europas nicht nur wegen ihres Geschäftes wichtig - sondern sie läge auch im Interesse der USA, wie sie sagt. "Ich will nicht, dass die Ukraine an Putin fällt, ich möchte, dass sie unterstützt wird und die NATO unter Beteiligung der USA für Sicherheit sorgt“, sagt sie mit Überzeugung, gibt allerdings zu, dass ihre polnischstämmige Kundschaft in Philadelphia in ihren Ansichten zweitgeteilt ist.

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Darius Cierpialkowski Autor und Redakteur mit Schwerpunkt Osteuropa, Russland, Polen
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Bartosz Dudek Redakteur und Autor der DW Programs for Europe