US-Wahl: Deutsche hoffen auf das kleinere Übel
30. Oktober 2016Theresia Scholz, 85 Jahre, aus Reutlingen, ist seit 50 Jahren Mitglied der CDU.
Am liebsten wäre mir, Obama könnte weiter machen. Er macht eine gute Figur und schaut rechtschaffen aus. Ich wäre dafür, dass die Amerikaner ihm eine dritte Amtszeit ermöglichen. Trump könnte man nicht einmal eine halbe Amtszeit gebrauchen. Er ist unsympathisch: wie er aussieht, wie er sich benimmt und wie er spricht. Ein richtiger Bauer.
Clinton macht da schon eher den Eindruck, als ob sie rechtschaffen ist und den Leuten helfen möchte. Natürlich ist sie mehr sozialdemokratisch, wie wir in Deutschland sagen würden. Aber ich glaube, dass sie das, was sie sagt, auch gern tun würde.
Das Wichtigste ist doch, dass die Leute eine Krankenkasse haben, und das will der Trump ja wohl abschaffen.
Amerika ist ein christliches Land und als Christenmensch kann ich nicht mein Land zumachen. Ich weiß nicht, ob der Trump irgendeine Religionszugehörigkeit hat …
Ich würde der amerikanischen Wählerschaft sagen: Wählt das kleinere Übel. Es gibt nichts Vollkommenes. Aber jemanden, der sowohl unappetitlich, als auch ein Schreihals ist und sich dauernd widerspricht wie Trump kann man nicht wählen.
Helmut Kopp, 46 Jahre, Unternehmensberater nahe Frankfurt am Main.
Ich verfolge den Wahlkampf und habe mir auch die erste TV-Debatte live im Fernsehen angeschaut. Einerseits aus Interesse, aber auch, weil ich es mittlerweile fast wie Kabarett sehe.
Man hat gesehen, dass Trump nicht vorbereitet war und dass er immer nur die gleichen Plattitüden hat, und die wiederholen sich. Er hat nur Thesen aufgestellt, aber keine Antworten gegeben.
Aber ich bin auch kein Hillary-Clinton-Anhänger. Ich finde es erbärmlich, dass ein 320-Millionen-Volk die Wahl zwischen zwei so alten Kandidaten hat. Die beiden sollen sich auf die letzten Jahre ihres Daseins vorbereiten und nicht so tun als wären sie 50-jährige Yuppies.
Ein Unternehmer, der in Kategorien wie Ausländer und Ausland denkt, polarisiert innerhalb seiner Mitarbeiter und zwischen Ländern, und ich frage mich, was das für ein Unternehmer ist. Das ist für mich ein Unding. Bei uns im Unternehmen haben wir, glaube ich, 35 Nationalitäten, und ich sehe das als Bereicherung. Für mich ist die EU ein Gottesgeschenk. Ich kann nicht verstehen wie die Engländer mit dem Brexit so dumm sind und hier rausgehen. Und das ist im Prinzip das, was Trump verkörpert. Ein Unternehmer würde in Nationalitäten kategorisieren oder Genderfragen aufwerfen.
Man muss wählen gehen und, im Zweifelsfall auch gegen die eigene Überzeugung, den Kandidaten wählen, der das "bessere Übel" ist.
Stefan Hauser, 46, arbeitet in einem Online-Shop in Dresden und gibt einen Taschenkalender mit verstorbenen Rock-Stars heraus.
Ich lese täglich, was es im US-Wahlkampf Neues gibt in diversen Online-Zeitungen.
Generell hat dieses Zwei-Parteien-System, das einen personalisierten Wahlkampf abliefert, schon einen gewissen Unterhaltungswert. Ich mag ja alles, was mit Trash zu tun hat, und da ist Trump schon ein guter Kandidat. Allerdings muss ich sagen, dass mir bei Trump das Lachen irgendwann im Halse stecken blieb.
Erstens ist er schon 70. Ist man in so einem Alter in der Lage, den roten Atomknopf bedienen zu dürfen? Zweitens ist er so ein garstiger Opa, ein Populist und einfach auch nicht der Hellste, und irgendwann haben sich seine Ausfälle wiederholt und wurden immer exzessiver. Das war am Ende nicht mehr unterhaltsam.
Trump hat wahrscheinlich Recht, wenn er von Polit-Establishment redet. Hillary Clinton hat wahrscheinlich schon Interesse daran, ein paar Rekorde zu brechen: erste Präsidentin, erstes Ehepaar, das gemeinsam Präsident war… Sie will den Job unbedingt. Die Frage ist nur: zu welchem Zweck?
Es hat eine symbolische Wirkung nach Obama als erstem Afro-Amerikaner. Ich würde es begrüßen, wenn die Amerikaner eine Frau wählen würden.
Die Republikaner haben anscheinend nichts gelernt seit George W. Bush. Jetzt wird der nächste intellektuelle Tiefflieger wieder hofiert. Sie trauern Ronald Reagan hinterher, dem letzten charismatischen Republikaner… aber wahrscheinlich kann man davon ausgehen, dass Präsidenten ohnehin nur Marionetten sind, von daher wird sich nichts ändern.
Wahrscheinlich wäre Trump eher eine Katastrophe für Amerika als für das Ausland.
Pauli Heinz, 19, aus Hamburg. Nach drei Jahren Schule in England fängt sie gerade an, in Berlin Produktdesign zu studieren.
Das meiste verfolge ich nebenbei. Ich gehe nicht gezielt ins Internet und Google: Wie laufen die Wahlen? Ich schaue eher auf Facebook und habe Freunde, die Videos posten oder mir weiterleiten. Das sind meistens kurze Ausschnitte von Trumps Reden oder Hillarys Reden oder von den Debatten. Die meisten sind Trump gegenüber negativ gestimmt, aber ich glaube, das liegt an meiner politischen Einstellung und der meiner Freunde.
Trump ist ja schon ein Phänomen. Niemand hätte geglaubt, dass er überhaupt jemals so weit kommen würde. Ein gruseliges Phänomen, aber schon interessant. In meinem Freundeskreis wäre man schon eine echte Rarität, wenn man Trump gut fände, aber ich kenne persönlich niemanden, der das tut. Trump sagt unheimlich dumme Sachen, und die Leute glauben ihm einfach. Ich habe das Gefühl, Trump-Wähler sind einfach komplett vom Glauben abgefallen.
Dadurch, dass ich mich nicht wirklich aktive mit dem Thema beschäftige, ist Trump viel mehr in Fokus, weil er das größere Phänomen ist als Hillary. Eine Sympathie-Trägerin ist sie jetzt auch nicht unbedingt, aber sie ist wenigstens nicht Trump. Mein Freund, der Politik studiert, sagt, dass sie in Deutschland eher rechts wäre.
Überhaupt: Das amerikanische Wahlsystem finde ich problematisch. Am Ende sind nur zwei Kandidaten, die wirklich eine Chance haben, und wenn man beide nicht mag, dann hat man kaum noch eine Wahl.
Beate Brinkmeier, 40, aus Berlin arbeitet in der Bildredaktion einer Zeitung und studiert Psychologie.
Allein durch meine Arbeit bin ich mit dem Thema konfrontiert. Sonst gucke ich mir das im Frühstücksfernsehen an - zumindest wenn eine Debatte war.
Trump finde ich kurz vor unterirdisch. Ich finde ihn zu dumm, um ihn ganz schlimm zu finden. Ich glaube, der weiß tatsächlich zum Teil nicht richtig, was er macht. Aber das ist vielleicht eine wohlwollende Einschätzung.
Clinton ist ein Wolf im Schafspelz. Sie ist eine vollkommen unehrliche, durchtriebene Person. Und ich glaube schon, dass sie Krieg machen wird, oder zumindest nicht zur Befriedung beitragen wird.
Bei der Wahl würde ich, glaube ich, nicht wählen. Ich frage mich prinzipiell als Europäer, wie es sein kann, dass man da zwei so schlechte Kandidaten hat. Das ist geradezu erschreckend.
Ich habe keine richtige Präferenz. Ich finde auch Hillary Clinton schwierig.
Nur weil jemand eine Frau ist? Solch eine Argumentation ist ja nun dünn. Das Problem als Frau ist ja: Du musst noch mehr zeigen, dass du die Geeignete bist. Du musst noch aggressiver auftreten, damit du ernst genommen wirst. Ich kann auch nicht plötzlich Angela Merkel wählen, nur weil sie eine Frau ist.