US-Wahl: Was bedeutet Donald Trumps Sieg für Klimaschutz?
9. November 2024Der designierte Präsident Donald Trump hat aus seinen Ansichten zum Klimawandel nie einen Hehl gemacht. Während seiner ersten Amtszeit zweifelte er wiederholt an, dass der Klimawandel durch menschliches Verhalten verursacht wird, nannte ihn einen "Schwindel". Und im vergangenen Wahlkampf bezeichnete er den Klimawandel als "eine der größten Betrügereien aller Zeiten".
Was steht also in einer neuen Ära Trump für das Klima auf dem Spiel?
Weltweite Klimabemühungen in Gefahr
"Trumps Sieg stellt ein echtes Hindernis im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel dar", sagt Alice Hill, Leiterin des Lehrstuhls für Energie und Umwelt bei der unabhängigen Denkfabrik Council on Foreign Relations (Institut für Auslandsbeziehungen). "Unter der Führung von Präsident Trump werden die Vereinigten Staaten mit ziemlicher Sicherheit von den globalen und nationalen Bemühungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen abrücken und die Produktion fossiler Energieträger steigern."
Laut einem neuen Bericht des EU-Klimabeobachtungsdienstes, des Copernicus Climate Change Service (C3S), ist so gut wie sicher, dass 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sein wird - und das erste Jahr, in dem die globale Durchschnittstemperatur mehr als 1,5 °C über dem vorindustriellen Durchschnitt liegen wird.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schlagen seit langem Alarm, und betonen, dass die Treibhausgasemissionen, die die Erde aufheizen, bis 2030 halbiert werden müsstenum eine Klimakatastrophe zu vermeiden. Doch Trumps "America First"-Politik steht einer globalen Zusammenarbeit beim Klimaschutz entgegen – dabei sind die USA derzeit nach China der weltweit zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen und historisch betrachtet sogar der größte Emittent überhaupt.
Trump will wieder mehr nach Öl und Gas bohren lassen
Vor den Wahlen versprach Trump, die heimische Produktion fossiler Energieträger auszubauen, mehr auf Öl und Gas zu setzen und weniger für saubere Energie auszugeben.
"Donald Trump und seine Anhänger vertreten eindeutig die Ansicht, dass Öl und Gas für die Stärke Amerikas in der Welt von zentraler Bedeutung sind und dass man diese nicht aufs Spiel setzen sollte", sagt Clarence Edwards, Geschäftsführer des E3G-Büros in der US-Hauptstadt Washington. Die E3G ist eine gemeinnützige Denkfabrik, die sich mit dem Zusammenspiel von Klima- und Geopolitik befasst.
Während seiner ersten Amtszeit förderte Trumps Regierung verstärkt Bohrungen nach Erdöl und Erdgas, auch in geschützten Gebieten wie dem Arctic National Wildlife Refuge in Alaska, und setzte sich für den Bau von Pipelines wie Keystone XL und Dakota Access ein.
Schon vor der Wahl hatte Trump angedeutet, dass er diesen Weg im Falle eines Wahlsiegs fortsetzen werde. Laut Edwards bedeutet dies nicht, dass die erneuerbaren Energien völlig verschwinden werden, sondern, dass sich die neue US-Regierung mehr auf fossile Brennstoffe konzentrieren wird.
Was bedeutet eine zweite Amtszeit Trumps für das Pariser Klimaabkommen?
Trumps Sieg kommt nur wenige Tage vor Beginn der UN-Klimakonferenz COP29 in Aserbaidschan. Während seiner ersten Amtszeit kündigte er die Mitgliedschaft der USA im Pariser Klimaabkommen auf, das die Verpflichtung enthält, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu halten.
Trumps Ausstieg aus dem Abkommen war damals ein großer Streitpunkt, Und obwohl die USA unter Präsident Joe Biden wieder eintraten, hält Edwards es für wahrscheinlich, dass der neue US-Präsident den gleichen Schritt wieder tun wird.
"Das wäre ein falsches Signal. Es ist wichtig, dass sich die USA an ihre Vereinbarungen halten und global engagiert agieren", so Edwards. Ein erneuter Ausstieg Trumps aus dem Pariser Abkommen würde andere internationale Klimaverpflichtungen in Frage stellen.
Welche Auswirkungen hat Trumps Sieg auf die Umweltpolitik?
Während seiner ersten Amtszeit nahm Donald Trump zahlreiche Vorschriften der Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) zurück, lockerte CO2-Beschränkungen für Kraftwerke und Fahrzeuge und schwächte Regulierungen über Schadstoffe wie Methan ab.
Barry Rabe, Professor für Umweltpolitik an der University of Michigan, sagt eine erneute Verwässerung der Umweltvorschriften voraus. "Herr Trump hat während des Wahlkampfs viel darüber gesagt, wie er die Grenzen der Exekutiv- oder Präsidialmacht erweitern will, etwa, Geldmittel zu beschlagnahmen - wozu der Präsident normalerweise keine Befugnis hat."
Rabe rechnet auch mit einer Rückkehr zu laxeren Klima-Vorschriften, was wahrscheinlich bedeuten würde, dass die USA ihre Klimaziele für 2030 nicht erreichen. "Die USA werden dieses Ziel nicht nur beim CO2, sondern auch bei Methan und den meisten anderen Treibhausgasen deutlich verfehlen", prognostiziert er.
Was wird unter Trump aus dem Inflation Reduction Act?
Einige Beobachterinnen und Beobachter befürchten, dass unter Trump auch der bahnbrechende Inflation Reduction Act (IRA) auf dem Spiel stehen könnte. Das von Joe Biden unterzeichnete Klimagesetz stellt hunderte Milliarden Dollar für den Einsatz erneuerbarer Energien, die Produktion von Elektroautos und die Herstellung von Batterien bereit.
Edwards hingegen teilt diese Befürchtungen nicht. "Das Gesetz war äußerst erfolgreich bei der Förderung sauberer Energien und der Schaffung von Arbeitsplätzen im ganzen Land, insbesondere in den so genannten "roten Bundesstaaten" (in diesen Bundesstaaten hat die Republikanische Partei bei Wahlen üblicherweise die Mehrheit – Anm.d.Red.). In sie fließen rund 70 Prozent der Investitionen aus dem Inflation Reduction Act. Ich denke, dass man nicht das gesamte IRA aufheben, sondern nur Teilen von ihm ändern wird", so Edwards.
Rabe stimmt dem zu. "Realistischerweise würde es eines Gesetzes durch den US-Kongress bedürfen, um die IRA vollständig abzuschaffen. Es wäre allerdings nicht überraschend, wenn Trump bei seiner Rückkehr ins Oval Office versuchen würde, Ausgaben zu stoppen oder zu verlangsamen, die ihm nicht gefallen, aber bereits vom Kongress genehmigt wurden".
Welche Umweltauswirkungen hat das "Projekt 2025"?
Im Vorfeld der Wahlen hat eine Gruppe konservativer Organisationen und Denkfabriken ein umstrittenes Dokument mit dem Titel "Projekt 2025" erarbeitet, das eine Reihe politischer Vorschläge und strategischer Empfehlungen für eine zweite Trump-Amtszeit enthält.
Das Dokument propagiert die Weiterentwicklung der US-amerikanischen Fossil-Industrie und plädiert für eine verstärkte Förderung von Erdöl, Erdgas und Kohle sowie für weniger Einschränkungen beim Abbau fossiler Energieträger und dem Bau neuer fossiler Infrastruktur.
Einem Bericht zufolge würden sich die Treibhausgasemissionen der USA bis 2030 um vier Milliarden Tonnen erhöhen, sollte Trump die im "Projekt 2025" vorgesehenen energie- und umweltpolitischen Maßnahmen umsetzen.
Das entspräche fast der Menge an Treibhausgasen, die die USA in einem ganzen Jahr ausstoßen. Das Ziel der USA, ihre Emissionen bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren, würde damit unmöglich. Doch genau das ist aus Sicht der Wissenschaft unerlässlich, um einen katastrophalen Klimawandel abzuwenden.
Warum Trumps Präsidentschaft nicht nur Schlechtes bedeutet
"Das Wahlergebnis bedeutet jedoch nicht das Ende der Klimaschutzmaßnahmen in den Vereinigten Staaten", betont Alice Hill vom Council on Foreign Relations. Sie verweist darauf, wie viel Kraft diese Maßnahmen bereits auf Ebene der Bundesstaaten entfaltet haben - und auf die bereits erzielten Fortschritte. "Politische und regulatorische Maßnahmen auf lokaler Ebene werden den Kampf für einen lebenswerten Planeten mitentscheiden – ob mit oder ohne Unterstützung durch die Trump-Regierung."
Aus Sicht von Clarence Edwards ist es nach der Wahl vor allem geboten, die Menschen wieder zusammenzubringen, um weiterhin Fortschritte zu machen.
"Es klingt wie ein Hirngespinst, aber ich denke, es ist wichtig, einen überparteilichen Dialog darüber zu führen, was wir in Sachen Klima tun müssen", sagt er. "Wir werden keine nachhaltige, langfristige Klimapolitik in den Vereinigten Staaten haben, wenn wir keinen parteiübergreifenden Konsens finden."
Redaktion: Tamsin Walker
Adaption aus dem Englischen: Jeannette Cwienk