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US-Wahlen 2024: Zeit der ausländischen Einflussnahme

Clare Roth
28. Juli 2024

Mit welchen Mitteln versuchen Länder wie Russland, China und der Iran, Einfluss auf die US-Wahlen in 100 Tagen zu nehmen? Nachrichtendienste warnen vor der Zunahme ausländischer Wahlbeeinflussung in sozialen Medien.

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Computerbildschirm, auf dem Zahlen und Buchstaben zu sehen sind (Symbolbild)
Experten befürchten, dass sich Russland - wie schon im Jahr 2016 - in die Wahlen in den USA einmischen könnteBild: picture alliance/dpa

Ausländische Akteure versuchen auch in diesem Jahr, die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten zu beeinflussen. Daran lassen Experten der US-Nachrichten- und Sicherheitsdienste auf Nachfrage der DW keinen Zweifel.

Der Großteil der Informationen, die die Nachrichtendienste zur Einmischung in die US-Wahlen 2024 gesammelt haben, ist zwar nicht öffentlich, doch verschiedene offizielle Äußerungen bestätigen die Einschätzung - darunter ein Statement von FBI-Direktor Christopher Wray aus dem Februar.

Obwohl die ausländische Einmischung laut einem im April veröffentlichten Bericht des Microsoft Threat Analysis Center (MTAC)in diesem Jahr nur langsam Fahrt aufnahm, wurden schon etliche Online-Angriffe - insbesondere durch russische Akteure - registriert. Ziel der ausländischen Akteure ist es wohl, die US-Demokratie zu schwächen und die amerikanische Politik zugunsten der Interessen ihrer eigenen Länder zu verändern.

Vereinbarungen mit sozialen Medien 

Die Einmischung Russlands in die US-Wahlen des Jahres 2016 war laut einem Bericht des Sonderermittlers Robert Mueller "umfassend und komplex". Russische Hacker nutzten zum Beispiel Bots, um in den sozialen Medien Falschinformationen zu verbreiten und zu polarisieren.

Zudem gelang es ihnen, die Server des Organisationsgremiums der Demokratischen Partei zu hacken. Nach Meinung vieler Experten stehen die Wahlen 2016 für eine neue Front der internetbasierten Wahlbeeinflussung.

Die US-Nachrichtendienste haben seitdem "der ausländischen Wahlbeeinflussung eine höhere Priorität zugeordnet und sich neu aufgestellt, um sicherzustellen, dass die Erkenntnisse der verschiedenen Stellen miteinander geteilt und von einem Expertenteam ausgewertet werden", erzählt Stephen Slick, ein ehemaliger Mitarbeiter der CIA und des US-amerikanischen National Security Council, der DW.

Die Betreiber sozialer Medien haben in den vergangenen Jahren mit der US-Regierung kooperiert. Sie prüfen ihre Plattformen auf Anzeichen ausländischer Wahleinmischung und haben ihre Mittel für die Bedrohungsanalyse aufgestockt.

Eines der jüngsten Beispiele für diese Kooperation wurde im Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt. Führungskräfte unter anderem von Amazon, Google, Meta und TikTok unterzeichneten eine Vereinbarung, in der sie sich darauf einigten, "angemessene Vorsichtsmaßnahmen" zu ergreifen, um zu verhindern, dass KI-Tools Wahlen weltweit gefährden.

Augenmerk auf Russland

Slick leitet heute das Intelligence Studies Project der University of Texas-Austin. Er ist überzeugt, dass Russland bei den Versuchen aus dem Ausland, die US-Wahlen am 5. November zu beeinflussen, die wichtigste Rolle spielen wird.

"Präsident Putin ist zunehmend verbittert und diplomatisch isoliert", verdeutlicht er. "Für das russische Staatsoberhaupt besteht kein Zweifel, dass ein Wahlsieg von Donald Trump vorzuziehen ist." Kamala Harris würde Putin demnach nicht so gerne als Nachfolgerin von Joe Biden im Weißen Haus sehen. 

Symbolbild Cyberangriff: Hand gibt Zahlenkolonnen auf Tastatur ein, darüber eine russische Flagge
Nicht nur Russland hat ein Interesse daran, die Wahlen in den USA zu beeinflussenBild: Jakub Porzycki/NurPhoto/imago images

Putin habe mit seinen Versuchen, sich in die Wahlen einzumischen oder diese zu stören, "alles zu gewinnen und wenig zu riskieren", so Slick.

Viele Vermutungen, wenig Beweise

Auch China, Iran und Kuba würden vermutlich versuchen, das Ergebnis der Wahlen zu beeinflussen, meint Slick. Doch diese Versuche dürften weniger umfangreich ausfallen. So sei es nicht wahrscheinlich, dass China dieselben Risiken eingehe wie Russland. David Dunn, Professor für internationale Politik an der Universität von Birmingham in Großbritannien ergänzt: Angesichts des Konflikts in Gaza sei auch die Position Irans in diesen Wahlen weniger eindeutig als die Russlands. "Aus Sicht Teherans ist keine der Regierungen eine gute Option", sagt er zur DW.

Stephen Slick
Arbeitete früher für den US-Auslandsgeheimdienst CIA: Stephen SlickBild: belfercenter.hks.harvard.edu/wikipedia

Konkrete Beweise für eine Manipulation der Wahlen wären ohnehin streng geheim. So sei es schwierig, das Ausmaß der potenziellen Einmischung in die Wahlen 2024 abzuschätzen, macht Corri Zoli, Forschungsdirektorin am Institute for Security Policy and Law der Syracuse University im US-Bundesstaat New York deutlich.

"Die meisten Konkurrenten der Vereinigten Staaten - Russland, China, Iran und andere Nationen - haben zweifellos ein Interesse an unseren Wahlen und lancieren vermutlich bereits Desinformationskampagnen im Internet", ist sie überzeugt. Wie umfangreich deren Bemühungen jedoch tatsächlich sind, sei nur schwer festzustellen. "Wenn Sie nicht die Instagram-Konten der russischen Troll-Armee verfolgen oder der von China gesponserten 'Privatorganisationen', die über Umwege mit der Kommunistischen Partei Chinas verbunden sind, ist es schwer zu sagen, welches Ausmaß das alles hat", erklärt sie.

2024: Die "Deepfake"-Wahlen?

US-Beamte zeigen sich besorgt darüber, dass hochentwickelte generative KI und überzeugend wirkende Deepfake-Videos in den anstehenden Wahlen eine wichtigere Rolle spielen könnten, als sie es bisher getan haben. Der Bericht des MTAC zu technischen Bedrohungen der Wahlen kommt jedoch zu dem Schluss, dass dies zumindest zum jetzigen Zeitpunkt des Wahlkampfs unwahrscheinlich ist.

Deepfake-Videos sind immer schwerer zu erkennen

Bei Deepfakes handelt es sich um Videos, die so manipuliert wurden, dass es wirkt, als würde eine Person etwas sagen oder tun, das sie in Wirklichkeit nicht gesagt oder getan hat.

"Unsere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Annahme, aufwändig produzierte, künstlich erstellte Deepfake-Videos würden eine massenhafte Täuschung oder Verwirrung bewirken, sich nicht bestätigen lässt", heißt es im MTAC-Bericht. Doch es gebe keine Garantien dafür, dass dies nicht noch vor den Wahlen geschieht, warnen die Autoren und weisen darauf hin, dass "fast täglich immer ausgereiftere KI-Tools für Video, Audio und Bild auf den Markt kommen".

Laut Bericht handelt es sich bei den Online-Fälschungen, die das Publikum am meisten faszinieren, in der Regel um die Art von Fälschungen, die von Akteuren mit schlechten Absichten schon seit Jahrzehnten verwendet werden.

"Gefälschte Nachrichten mit gefälschten Logos werden gerne von Akteuren, die mit Russland in Zusammenhang stehen, genutzt. Sie werden deutlich häufiger aufgerufen und geteilt als die vollständig künstlich erstellten generativen KI-Videos, die wir gesehen und ausgewertet haben", schreiben die Autoren in ihrem Bericht.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.