Trump läuft sich warm für Präsidentschaftskandidatur
6. Februar 2022Kürzlich sprach Donald Trump bei einer Kundgebung in Texas wieder über Hillary Clinton und wie ihm die Wahl 2020 durch Wahlbetrug angeblich gestohlen worden sei.
"Die Wahl 2020 wurde manipuliert und jeder weiß es", erklärte Trump, obwohl derlei Behauptungen bereits gründlich widerlegt worden sind. Eine Klage mit dem Ziel, die Wahlergebnisse in vier umkämpften Bundesstaaten aufzuheben, hat der Oberste Gerichtshof der USA abgewiesen - obgleich er dank der von Trump ernannten Richter mehrheitlich konservativ besetzt ist.
Sollten einem solche Phrasen bekannt vorkommen, dann liegt das daran, dass die Botschaften, die auf Trumps Kundgebungen heute zu hören sind, aus altbekannten Versatzstücken bestehen. Sie stammen aus der Zeit, als er sich zum ersten Mal um das Amt des US-Präsidenten bewarb - so etwa der Hass gegen Hillary Clinton - und aus den Verschwörungserzählungen zum Wahlbetrug, auf die er sich seit seiner Niederlage 2020 konzentriert.
"Er tut das, was er schon immer getan hat: Er sagt das, was seine Basis hören will, und wirft ihnen ein paar saftige Happen hin", analysiert Brandon Conradis, Politikredakteur bei der politischen Nachrichtenseite "The Hill" und ehemaliger DW-Mitarbeiter. "Er spielt weiterhin seine größten Hits."
Trump will Aufrührer begnadigen
So gesehen stellte Trump bei seiner Kundgebung in Conroe, Texas, am vergangenen Wochenende eine neue Hit-Single vor. Deutlicher als je zuvor sprach sich der ehemalige Präsident für die Aufrührer aus, die am 6. Januar 2021 das US-Kapitol in Washington stürmten.
"Wenn ich kandidiere und gewinne", sagte er mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2024, "dann werden wir die Leute vom 6. Januar fair behandeln. Wir werden sie fair behandeln. Und wenn dafür Begnadigungen nötig sind, dann werden wir sie begnadigen, denn sie werden einfach unfair behandelt."
"Wenn Trump solche provokanten Äußerungen macht, dann vor allem, weil er nach Aufmerksamkeit giert", so Michael Cornfield, Professor für Politikmanagement an der George Washington University, gegenüber der DW.
Bei dem gewaltsamen Angriff auf das Kapitol unterbrach ein wütender Mob die Sitzung des Kongresses, in der der Wahlsieg Joe Bidens bestätigt werden sollte. Fünf Menschen starben, über 700 wurden seitdem angeklagt. Aufgrund des Angriffs musste Trump sich während seiner letzten Tage als Präsident noch einem Amtsenthebungsverfahren wegen "Anstiftung zum Aufruhr" stellen.
Gegenwind von führenden Republikanern
In den Tagen nach der Kundgebung in Conroe sprachen sich zahlreiche hochkarätige Republikaner gegen Trumps Plan aus, die Angreifer auf das Kapitol zu begnadigen. Lindsey Graham, Senator aus South Carolina und ein bekannter Trump-Verbündeter, meinte, er hoffe, dass die Schuldigen "ins Gefängnis wandern und die gesamte Härte des Gesetzes zu spüren bekommen, denn das haben sie verdient".
Chris Sununu, Gouverneur von New Hampshire, positionierte sich ebenfalls deutlich. "Natürlich nicht", antwortete er auf die Frage des TV-Senders CNN, ob die Randalierer vom Kapitol begnadigt werden sollten. "Du meine Güte. Nein."
Doch Beobachter weisen darauf hin, dass hochrangige Republikaner ohnehin nicht die Zielgruppe seien, die Trump mit seinen umstrittenen Äußerungen anspricht.
"Trump schert sich nicht um Kritik aus den oberen Rängen seiner Partei", sagt der Journalist Conradis. "Er wendet sich an seine Basis, und dazu gehören definitiv die Menschen, die das Kapitol gestürmt haben. Das sind die unbeirrbaren Anhänger, die ihn wählen werden, egal was passiert."
Trump gibt den "Showman"
Eine enge Beziehung zu seinen Anhängern wäre für Trump unverzichtbar, wenn er beschließen sollte, bei der Präsidentschaftswahl 2024 wieder anzutreten. Sätze, die mit den Worten beginnen "wenn ich kandidiere und wenn ich siege", legen nahe, dass eine neuerliche Kandidatur wahrscheinlich ist.
"Es kann natürlich alles Mögliche passieren, aber so wie die Dinge stehen, will er definitiv erneut antreten und bereitet den Boden vor", sagt Conradis. "Die Menschen sollen ihn nicht vergessen. Er liebt das Rampenlicht, er ist ein Showman und er sucht die Aufmerksamkeit der Medien."
Cornfield ist sich nicht so sicher. "Er ist ein Entertainer mit einer wichtigen politischen Position und einer politischen Vergangenheit. Aber seine politische Zukunft ist ausgesprochen ungewiss."
So oder so - sollte Trump sich für eine erneute Kandidatur entscheiden, stehen seine Chancen nicht schlecht. Ende Januar veröffentlichte "The Hill" eine Umfrage zur Vorwahl in der Republikanischen Partei mit einem hypothetischen Szenario mit acht Kandidaten. Mit 57 Prozent nähme Trump 2024 unbestreitbar den ersten Platz ein. Weit abgeschlagen auf Platz zwei läge mit 12 Prozent der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis.
Massen an Spenden - für Gerichtsprozesse?
Trump hat zudem eine beeindruckende Kriegskasse gefüllt. Allein in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 sammelte er 51 Millionen US-Dollar an Spenden ein und verfügt damit laut Unterlagen der Bundesbehörden über Mittel von insgesamt 122 Millionen US-Dollar. Viel von diesem Geld stammt von Kleinspendern, "gewöhnlichen Amerikanern", sagt Redakteur Conradis. "Das allein zeigt, auf wie viel Unterstützung er noch zählen kann."
Cornfield weist darauf hin, dass Trump nur einen Bruchteil dieses Geldes darauf verwendet hat, Kandidaten auf lokaler und bundesstaatlicher Ebene bei den im kommenden November anstehenden Zwischenwahlen zu unterstützen. Normalerweise, erklärt der Politikwissenschaftler, gäben potentielle Präsidentschaftskandidaten hierfür viel mehr Geld aus. Er ist überzeugt, dass Trump das Geld für andere Zwecke zurückhält. "Er steckt knietief in Rechtsstreitigkeiten und es könnte noch schlimmer werden", so Cornfield. Doch eine gute Verteidigung sei teuer.
"Er könnte wieder gewinnen"
Natürlich ist es möglich, dass Trump darauf hofft, dass er sich nicht den Richtern stellen muss, wenn alles nach Plan läuft.
"Ich möchte nicht zynisch sein, aber ein Hauptgrund für eine erneute Kandidatur ist der, dass er dann argumentieren wird, als Präsidentschaftskandidat immun gegen Strafverfolgung zu sein", vermutet Cornfield.
Ob so ein Schachzug funktioniert, steht auf einem anderen Blatt. Noch ist nicht klar, ob Trump antreten wird, das Weiße Haus zurückzuerobern. Versucht er es, hätten es die Demokraten mit einem ernstzunehmenden Gegner zu tun. "Trump ist noch immer dieselbe Person, die 2016 gewählt wurde", sagt Conradis. "Darum könnte er auch wieder gewinnen."
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.