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USA gehen auf Kuba zu - einen kleinen Schritt

Andreas Knobloch
30. Mai 2024

Washington weicht die Sanktionen für Kubas Privatsektor auf: Erstmals können kubanische Unternehmer Bankkonten in den USA eröffnen und US-Onlinedienste nutzen. Die Reaktionen fallen in den USA und Kuba gemischt aus.

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Kubanische Flagge vor Havannas Botschaft in Washington
Kubanische Flagge vor Havannas Botschaft in WashingtonBild: Lenin Nolly/picture-alliance

Der Schritt hat für einigen Wirbel gesorgt: Erstmals seit der Revolution in den 1950er Jahren können kubanische Unternehmer ein US-Bankkonto eröffnen und von der Insel aus darauf zugreifen. Am Dienstag kündigte die US-Regierung regulatorische Änderungen an, "um die Internetfreiheit in Kuba zu fördern, unabhängige kubanische Unternehmer des Privatsektors zu unterstützen und den Zugang zu bestimmten Finanzdienstleistungen für die kubanische Bevölkerung zu erweitern", wie es in einer Pressemitteilung des US-Finanzministeriums heißt.

Kubas Privatsektor ist stark gewachsen, seit die Regierung in Havanna im Jahr 2021 für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erstmals eine Rechtsform geschaffen hat. Mehr als 11.000 private Unternehmen sind seitdem gegründet worden - von Tante-Emma-Läden bis hin zu Transport- und Baufirmen. Und es sind es vor allem diese neu geschaffenen KMU, die mit ihren Importen das Warenangebot auf der Insel zuletzt merklich verbessert haben.

Kubanische Migranten flüchten über das Meer nach Florida
Noch immer flüchten Kubaner über das Meer in die USA - die Lockerungen der Sanktionen sollen das mindernBild: Mary Martin/AP Photos/picture alliance

Mittel gegen Migration?

Die am Dienstag angekündigten Maßnahmen ermöglichen es kubanischen Unternehmern, künftig nicht nur Bankkonten in den USA zu eröffnen, sondern auch in den USA ansässige Social-Media-Plattformen, Online-Zahlungsseiten, Videokonferenzen und Cloud-basierte Dienste zu nutzen. Damit können sie beispielsweise künftig Geldtransaktionen über Online-Zahlungsplattformen durchführen, wodurch eine bedeutende Hürde beseitigt wird. Auch ermöglichen es die neuen Regularien kubanischen Softwareentwicklern, ihre Apps in den App-Stores von Apple oder Google zum Download anzubieten. Denn auch das war wegen der US-Blockadebestimmungen bislang nicht möglich.

Das US-Finanzministerium macht darüber hinaus eine Maßnahme aus der Trump-Ära rückgängig, die es US-Banken verbietet, Transaktionen zwischen Kuba und Banken in Drittländern abzuwickeln. In der Bankenbranche werden diese als "U-Turn-Transaktionen" bezeichnet. Das ermöglicht Geldtransfers für kubanische Staatsangehörige, solange Absender und Empfänger nicht dem US-Recht unterliegen. Das heißt aber zugleich, dass Finanzierungen, Investitionen und Zahlungen weiter über Drittländer abgewickelt werden müssen: Direkte Bankgeschäfte mit den USA bleiben untersagt.

Kubas Außenminister Bruno Rodríguez bei einer Pressekonferenz
Kubas Außenminister Bruno Rodríguez kritisierte die neuen Regularien als "begrenzt"Bild: Ramon Espinosa/AP/picture alliance

"Die Unterstützung des kubanischen Privatsektors wird dazu beitragen, die irreguläre Migration von der Insel einzudämmen, indem mehr wirtschaftliche Möglichkeiten geschaffen werden", zitiert die US-Tageszeitung Miami Herald einen US-Regierungsbeamten. Bei der Ausarbeitung der Maßnahmen sei versucht worden, ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem Ziel der Unterstützung des kubanischen Privatsektors und dem Wunsch, Vorteile für die kubanischen Behörden zu vermeiden, erklärten andere hochrangige US-Beamte gegenüber der Presse. Geschäfte von US-Unternehmen mit Entitäten der kubanischen Regierung oder des kubanischen Militär bleiben weiterhin beschränkt. Auch kubanische Unternehmen, deren Eigentümer Verbindungen zur kubanischen Regierung haben, sollen nicht von den neuen Regeln profitieren können.

Gegen vielfältige Widerstände

Das nun verkündete Maßnahmenpaket des US-Finanzministeriums war laut US-Medienberichten bereits im September fertig, stieß jedoch auf Widerstand im Kongress. Republikanische Abgeordnete äußerten Bedenken, dass es auf der Insel kein freies Unternehmertum gebe, weil der private Sektor unter staatlicher Kontrolle stehe.

Die kubanisch-stämmige Kongressabgeordnete Maria Elvira Salazar kritisierte die angekündigten Maßnahmen denn auch umgehend. "Die Biden-Administration gibt dem 'kubanischen Privatsektor' jetzt Zugang zum US-Finanzsystem", schrieb sie auf X. "Dies wäre eine Verhöhnung des amerikanischen Rechts, wenn man bedenkt, dass auf der Insel keine Fortschritte in Richtung Freiheit gemacht wurden und die Unterdrückung zugenommen hat." Der frühere Kongressabgeordnete Joe García, der sich für eine stärkere Unterstützung der kubanischen Privatwirtschaft einsetzt, lobte dagegen die Regierung Joseph Biden.

Kuba Entladung eines Bananenlasters in der Altstadt von Havanna
Kubas kleine und mittlere Unternehmen haben das Warenangebot auf der Insel zuletzt merklich verbessertBild: L. F. Postl/blickwinkel/picture alliance

Kubas Außenminister Bruno Rodríguez wiederum kritisierte die neuen Regularien als "begrenzt". "Sie ändern nichts an den grausamen Auswirkungen und der wirtschaftlichen Erstickung, die den kubanischen Familien durch die Anwendung der Blockade und die Aufnahme in die Liste der staatlichen Sponsoren des Terrorismus auferlegt wurden", schrieb er auf der Plattform X. "Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die kubanische Gesellschaft zu spalten."

Ähnlich äußert sich das kubanische Außenministerium in einer offiziellen Erklärung. "Einmal mehr beruht die Entscheidung der US-Regierung auf ihrer eigenen verzerrten Sicht der kubanischen Realität, indem sie den privaten Sektor künstlich vom öffentlichen Sektor trennt, obwohl beide Teil des kubanischen Wirtschaftssystems und der Gesellschaft insgesamt sind", heißt es.

Skepsis überwiegt

Der kubanische Ökonom Ricardo Torres von der American University in Washington DC spricht gegenüber der DW von "positiven Maßnahmen", da sie an "die veränderte Realität in Kuba" angepasst seien. Einigen Sektoren, wie der Softwareentwicklung, werden sie sicherlich zugutekommen, so Torres. Auch die Erleichterungen von Finanztransaktionen seien positiv zu bewerten. "Aber das Eine ist die Intention, das Andere die Praxis", gibt er zu bedenken.

Er verweist auf weiterhin bestehende vielfältige Restriktionen. Banken und Unternehmen aus den USA werden sich gegenüber möglichen künftigen Rechtsansprüchen absichern wollen, da es keine Sicherheit gibt, dass die künftige US-Regierung die Maßnahmen beibehält. Die Umsetzung in der Praxis werde daher vielleicht sehr begrenzt sein, glaubt Torres.

Eine junge Unternehmerin aus Havanna, die nicht genannt werden will, reagiert bei aller Freude über die Ankündigungen ebenfalls mit einer gewissen Skepsis. "Es wäre ein großer Schritt", sagt sie mit Blick auf die mögliche Eröffnung von Bankkonten in den USA und die Nutzung von Online-Zahlungsdiensten. "Aber wir werden sehen, wie es in der Praxis läuft. Mal abwarten, wie es sich entwickelt."