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USA prüfen Zusammenarbeit mit Iran

16. Juni 2014

Der ungebremste Vormarsch der ISIS-Islamisten im Irak wird im gesamten Nahen Osten als Bedrohung wahrgenommen. Im Gegenzug zeichnen sich plötzlich Allianzen ab, die vor kurzem noch undenkbar schienen.

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Die Außenminister des Iran und der USA, Javad Zarif und John Kerry, auf der Münchener Sicherheitskonferenz (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

Erst Syrien, nun der Irak – die neue Terrorwelle der sunnitischen Dschihadisten könnte das Machtgefüge im Nahen Osten drastisch verändern. Schon jetzt wirbelt der rasante Vormarsch der Extremistengruppe ISIS im Irak althergebrachte Bündnisse und Einflussbereiche im Nahen Osten kräftig durcheinander. Selbst Erzfeinde wie die USA und der Iran sehen sich durch die Krise gezwungen, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.

US-Außenminister John Kerry (im Artikelbild rechts im Gespräch mit seinem iranischen Kollegen Javad Zarif) zeigt sich demonstrativ offen für Gespräche mit der Regierung in Teheran. Es stehe außer Frage, dass von ISIS nicht nur eine Gefahr für den Irak und Syrien ausgehe, sondern auch für Europa und die Vereinigten Staaten, sagte Kerry in einem Interview mit dem Internet-Portal Yahoo: "Ich würde nichts ausschließen, was konstruktiv sein könnte." Ein Vertreter der US-Regierung sagte in Wien, bereits diese Woche könnten Unterhändler der USA und des Irans am Rande der Gespräche über das umstrittene iranische Atomprogramm auch über die Irak-Frage reden.

Kurswechsel in der US-Politik?

Selbst außenpolitische Hardliner in der Opposition von US-Präsident Barack Obama sind für eine Zusammenarbeit mit Teheran. Dies käme einem Kurswechsel der US-Politik gleich, denn vor einem Jahr war der Iran für die USA ein Schurkenstaat. Seit der Geiselnahme ihrer Diplomaten in Teheran 1979 haben die USA ein angespanntes Verhältnis zur Islamischen Republik. Sie verdächtigen das Land zudem, Atomwaffen zu entwickeln.

Die neue Offenheit für eine Zusammenarbeit mit dem Iran erwächst aus der Erkenntnis, dass die Lage nur gemeinsam mit den regionalen Mächten zu bewältigen ist. Eine friedliche Lösung werde es nur geben, wenn "alle Spieler" eine konstruktive Rolle übernehmen würden, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Die radikalen Islamisten im Irak gehören zur Glaubensgemeinschaft der Sunniten, die die schiitisch geprägte Regierung in Bagdad stürzen will. Schutzmacht der Sunniten ist Saudi-Arabien, das Zentrum der schiitischen Glaubensrichtung ist der Iran.

Skepsis in Teheran

Die iranische Führung zeigt sich aber noch skeptisch. "Die US-Politik ist ja die Ursache für die Entstehung von Terrorgruppen wie Isis", sagt Ali Schamchani, Generalsekretär des iranischen Sicherheitsrates. Die Amerikaner sollten ihre "illegitimen" Interessen im Irak und in der Region gefälligst selbst beschützen und die Probleme wegen ihrer falschen Nahostpolitik auch selber lösen. Schamchani sagte zugleich, dass Iran dem Irak helfen werde - der Regierung und der Menschen wegen, und unabhängig von den USA. Präsident Hassan Ruhani sieht das grundsätzlich genauso, aber er schließt eine Zusammenarbeit mit den USA nicht aus. "Wenn die sich melden, könnte man über eine Zusammenarbeit nachdenken", sagt der moderate Kleriker. Die Zeiten seien vorbei, wo der Kontakt zwischen den beiden Ländern zu den außenpolitischen Tabus zählte.

Angesichts von Berichten über ein Massaker der sunnitischen ISIS-Kämpfer an 1700 schiitischen Soldaten könnten die USA nicht tatenlos bleiben, sagte Kerry. "Man muss diese Morde stoppen und tun, was dazu notwendig ist - aus der Luft oder auf andere Weise."

rb/gmf (afp, ap, dpa, rtr)