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Gemeinsame Offensive der Türkei und der USA in Syrien

24. August 2016

Die Türkei und die US-geführte Koalition haben in Syrien erstmals eine gemeinsame Großoffensive gegen den IS gestartet. Die türkische Regierung hat dabei aber auch die Kurden-Milizen im Auge. Das stößt auf Kritik.

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Türkei Offensive gegen IS in Syrien (Foto: Getty Images/AFP/B. Kilic)
Bild: Getty Images/AFP/B. Kilic

Die türkischen Einheiten wurden bei ihren Vorstoß von Kampfflugzeugen der USA und deren Verbündeten unterstützt. Auch die türkische Luftwaffe bombardierte IS-Stellungen. Allerdings sind sich die Regierungen in Ankara und Washington uneins über die Ziele des Angriffs.

Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte, die Offensive richte sich auch gegen kurdische Milizen, schloss ein US-Regierungsmitarbeiter dies definitiv aus. Die Differenzen dürften auch Thema beim Besuch von US-Vizepräsident Joe Biden sein, der nur wenige Stunden nach Beginn des Angriffs in Ankara landete. Die syrische Regierung verurteilte den Angriff als Verletzung der Souveränität des Landes.

Dscharablus wurde eingenommen

Ziel des Vorstoßes nach Syrien ist die vom IS gehaltene grenznahe Stadt Dscharablus. Mindestens neun türkische Panzer seien unterstützt von Bodentruppen gegen syrische Rebellen vorgerückt, teilte das türkische Militär mit. Inzwischen sei es gelungen, ins Zentrum der Stadt Dscharablus vorzudringen.

Die türkische Armee will verhindern, dass Dscharablus in die Hand der Kurden gerät und unterstützt deshalb die Rebellen der Freien Syrischen Armee. Ankara fürchtet, dass die Erfolge der Kurden-Partei PYD in Syrien Kurden in der Türkei zum Kampf für mehr Autonomie anstacheln könnte. Ankara sieht enge Verbindungen zwischen der PYD und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, die seit Wochen punktuelle Angriffe auf die türkische Armee startet.

Ein türkischer Panzer (Foto: Getty Images/AFP/B. Kilic)
Auch mit Panzern rückte die türkische Armee vorBild: Getty Images/AFP/B. Kilic

Heftige Kritik seitens der Kurden

Der türkische Außenminister Mevlut Cavusolglu forderte deswegen, die kurdischen Milizen in Syrien müssten sich in die Region östlich des Flusses Euphrat zurückziehen. Andernfalls werde die Türkei "tun, was nötig ist". Der militärische Arm der PYD, die YPG-Miliz, hat im Laufe des Bürgerkriegs weite Bereiche Nordsyriens unter ihre Kontrolle gebracht.

Die YPG wertete den Vorstoß auf Dscharablus als eklatante Einmischung in die inneren Angelegenheiten Syriens und sprach von einer Kriegserklärung gegen die autonomen kurdischen Regionen in Nordsyrien. Ein Sprecher der Miliz sagte, Ankara arbeite an einem Abkommen mit dem syrischen Präsidenten Baschar al Assad und Iran. Das käme einem Kurswechsel Erdogans gleich, dessen Ziel bislang der Sturz Assads war.

Zustimmung und Kritik aus Berlin

Die Bundesregierung erklärte ihre Unterstützung für die türkische Militäroffensive in der Türkei. Ankara handle im Einklang mit den Zielen und Absichten der internationalen Koalition gegen die Dschihadisten-Miliz "Islamischer Staat" (IS), sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Offensichtlich bestehe das Interesse der Türkei auch darin, dass im Norden Syriens kein Gebiet unter vollständiger kurdischer Kontrolle entstehe.

Dagegen kritisierte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, den Vorstoß: "Für türkische Angriffe auf kurdische Einheiten in Syrien gibt es keine rechtliche oder politische Rechtfertigung", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Bundestagsabgeordnete der Linken, Sevim Dagdelen, warf der Türkei Völkerrechtsbruch vor und forderte den sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen an die Türkei.

Symbolisches Datum

Erdogan bemüht sich schon seit längerem darum, die von Mustafa Kemal Atatürk gegründete moderne Türkei wieder stärker in die Tradition des Osmanischen Reiches zu stellen. Vor diesem Hintergrund ist das Datum der Militäroffensive interessant: Sie begann auf den Tag genau 500 Jahre nach einer der wichtigsten Schlachten in der Geschichte des Osmanischen Reiches.

Am 24. August 1516 besiegte das osmanische Heer im Norden des heutigen Syrien die Armee der Mamelucken, die damals große Teile der arabischen Welt beherrschten. Doch in der Schlacht von Mardsch Dabik - rund 80 Kilometer südwestlich des heutigen Kampfschauplatzes gelegen - ließen die überlegenen Truppen Konstantinopels den Mamelucken keine Chance. Der Sieg öffnete den Osmanen den Weg zur Eroberung von Damaskus, Kairo und großen Gebieten der arabischen Welt.

mm/qu (rtr, dpa, afp)