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Valentinstag auf thailändisch

Patrick Tippelt/Martina Straumann13. Februar 2006

Jedes Jahr verlieren Tausende junger Thailänderinnen ihre Jungfräulichkeit - geplant und absichtlich, mit vollem Bauch und einem Strauß Rosen in der Hand. Schuld daran ist der Valentinstag.

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Zunächst wurde erwogen, Kondome im Blue Elephant zu verteilen. Dann aber entschloss sich das Management des vornehmsten Thai-Restaurants Bangkoks lieber Miniaturelefanten aus Schokolade in einer Goldbox an alle Pärchen zu verschenken, die am Valentinstag dort dinieren.

Die Jagd auf die Rosen

Der Tag, der die Liebe feiert, ist auch in Thailand Big Business. Die Blumenpreise steigen seit voriger Woche stetig und werden am Valentinstag ihren Höhepunkt erreichen. Dann kostet eine langstielige Rose, aus China importiert, rund sechs Euro, mehr als dreimal soviel wie in den anderen 51 Wochen des Jahres. Wer allerdings nicht vorgeplant hat, könnte leer ausgehen. Blumen sind in diesen Tagen Luxus, den man wochenlang vorher bei den Floristen bestellt haben muss.

Sämtliche schicken Gastrotempel der Stadt sind ausgebucht, und es scheint, als ginge es den wenigsten Gästen um Atmosphäre: Hauptsache, die Rechnung fällt hoch aus. Das Blue Elephant scheint da fast eine charaktervolle Ausnahme zu sein – aber auch hier werden die Weinpreise für einen Tag angezogen. Je mehr Baht geblecht werden, desto höher das Ansehen des Zahlenden – im asiatischen Macholand sind das ausschließlich die Herren. Deren Begleiterinnen teilen die Summe auch gern ihren Freundinnen mit. Das Handy ist immer dabei, meist im Handtäschchen, auf wohlgekleideten Oberschenkeln ruhend. Jedes Paar scheint Modezeitschriften entsprungen zu sein.

Balz im Restaurant

Dabei putzen sich die meisten heraus in Erwartung an hochwahrscheinliche post-kulinarische Aktivitäten. Laut nur ungern publizierten Umfragen verlieren fast 80 Prozent aller Thailänderinnen ihre Jungfräulichkeit am 14. Februar. Das Abendessen also ein Paarungstanz? Tradition hat dies gewiss nicht, ist doch das Konzept des Tags der Liebe ein sehr junges. Noch vor 20 Jahren waren die Pärchen, die Bangkoks Restaurants belagerten, ausschließlich weißer Hautfarbe. Doch mittlerweile ist der Kommerz im Königreich angekommen – und verdrängt bettelnde Eltern und Kulturwächter. Beide versuchen den weiblichen Nachwuchs vor eventuellen Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten, die ihnen am Valentingsabend drohen, zu bewahren.

Wie "Sex and the City" missverstanden werden kann

Die Medien sind voll mit warnenden Kommentaren. Die Jungfrauen sollen zur Vernunft kommen und sich nicht hergeben für ein paar Stunden Gefühlsduselei. Die Idee komme aus dem lasterhaften Westen und dürfe nicht nachgeahmt werden. An den Schulen werden im Februar ein paar Aufklärungslektionen in den Stundenplan gepfercht. Manche Lehrer geben aus Verzweiflung Kondome an die Schülerinnen aus – die Jungs haben sie entweder vorsorglich besorgt oder haben vor, das Fräulein zum "Sex ohne" zu überreden – was auch nicht wenigen gelingen wird. Mit der Verhütung hapert es nämlich immer noch in Thailand. Ein kanadischer Journalist versuchte vergangene Woche, Prostituierte auf Patpong zum ungeschützten Sex zu überreden – es gelang ihm nach 38 Sekunden, zum Aufpreis von 10 Euro.

Den jungen Frauen im heutigen Thailand scheint alljährlich die Vernunft abzugehen. Eine wunderliche Mixtur aus Souvenirs von importierten Fernsehserien, Diskussionen mit Freundinnen, abstrusen Vorstellungen von Romantik westlicher Art und jede Menge Unwissen gewinnt Oberhand, überkommt die Ratio. Geplant ist geplant. Rückzieher stehen nicht zur Debatte. Der jungfräuliche Status Quo wird aufgegeben. Egal ob das schicke Abendessen im kleinen Schwarzen nun gut verläuft oder nicht. Sex muss sein.