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Im Ton höflich, in der Sache hart

Jannis Papadimitriou14. Mai 2015

Griechenlands Finanzminister weigert sich, eine "rezessionsfördernde" Vereinbarung mit den internationalen Geldgebern zu unterzeichnen - und gibt sich dennoch optimistisch. Aus Athen Jannis Papadimitriou.

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Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis hält eine Rede auf einer Wirtschaftskonferenz in Athen am 14.05.2015. (Foto: picture-alliance/AP Photo/P. Giannakouris)
Bild: picture-alliance/AP Photo/P. Giannakouris

Auf einer Wirtschaftstagung in Athen, die von der britischen Economist Group organisiert wurde, erklärt Yanis Varoufakis, bisherige Vereinbarungen seines Landes mit den internationalen Geldgebern seien nicht "konsequent", da die ihnen zugrundeliegenden Wirtschaftsdaten nicht zu Ende gedacht seien. Diesen Fehler wolle er nicht wiederholen. "Würde ich eine derartige Vereinbarung unterzeichnen, dann wäre ich eben auch ein Finanzminister, der seine Unterschrift unter einen Vertrag setzt, den er nicht umsetzen kann", meinte der Ökonom und Finanzminister.

Vor wichtigen Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft erklärte Varoufakis das laufende Rettungsprogramm wiederholt für gescheitert. Dennoch hält er eine Einigung mit den Kreditgebern für möglich, da es "in den meisten Punkten" eine Übereinstimmung gäbe. Ein Kompromiss gilt als Voraussetzung dafür, dass Griechenland neue Kredite bekommt und einen Zahlungsausfall abwendet.

"Falscher Ansatz des Rettungsprogramms"

Sollte Regierungschef Alexis Tsipras auch die von seinen Vorgängern zugesagten Reformen umsetzen, winken Finanzhilfen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro. Doch genau dies lehnt der Premier bisher ab. Sein Finanzminister hält die Auszahlung der nächsten Kredittranche nicht einmal für das wichtigste Ziel: "Es hat keinen Sinn, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, um 7,5 Milliarden zu bekommen, wenn wir wissen, dass wir in einem Monat wieder vor ähnlichen Problemen stehen", sagte Varoufakis auf der Economist-Konferenz. Griechenland sei wohl ein international einmaliger Fall als ein Land, dessen Exporte stagnierten, obwohl die Arbeitskosten zurückgingen. Der Grund dafür sei ein falscher Ansatz des Rettungsprogramms, das lediglich auf Spardisziplin und kaum auf Wachstumsimpulse ausgerichtet sei, so Varoufakis.

Die konservative Opposition sieht das anders: Hätte Griechenland die in der Vergangenheit bereits zugesagten Reformen tatsächlich umgesetzt, dann wäre es heute in der Lage, sich selbst über den Kapitalmarkt zu refinanzieren, sagte der Fraktionssprecher der Konservativen, Kyriakos Mitsotakis, auf derselben Konferenz. Im Gespräch mit der DW erklärte Mitsotakis, er wünsche sich eine Einigung mit den Kreditgebern und würde diese auch unterstützen. Er fügte aber auch hinzu: "Ich bin skeptisch, ob die Linkspartei Syriza über ihre inneren Widersprüche hinauswachsen und radikale Stimmen in den eigenen Reihen isolieren kann, damit dieser Kompromiss auch zustandekommt."

An einem Büdchen hängen Aufkleber mit der griechischen Fahne und mit Verkehrsschildern. (Foto: dapd)
Nach wie vor ist völlig unklar, wie Griechenland aus der Krise herauskommtBild: dapd

Varoufakis will Aufschub für Rückzahlungen

Für Aufsehen sorgte die Forderung des griechischen Finanzministers Varoufakis, Rückzahlungen an die Europäische Zentralbank (EZB) sollten verschoben werden. Vor den Zuhörern erklärte der Ökonom, griechische Anleihen in Höhe von 27 Milliarden Euro, die im Besitz der EZB sind und ab diesem Sommer fällig werden, sollte man "in die ferne Zukunft" verschieben - am besten durch ein smartes Swap-Geschäft: Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) würde fällige Anleihen der EZB aufkaufen und diese anschließend durch ein bilaterales Abkommen mit Griechenland auf die ganz lange Bank schieben.

Sämtliche griechische Medien haben diesen Vorschlag als Ankündigung eines Zahlungsausfalls, möglicherweise schon im Juli, gewertet. Diese skeptische Haltung vieler Kommentatoren hat wohl auch damit zu tun, dass Varoufakis die EZB wegen ihrer Zurückhaltung in der Griechenland-Krise immer wieder stark kritisiert und zunehmend auch den Chef der griechischen Zentralbank, Jannis Stournaras, in seine Kritik mit einbezieht. Am Donnerstagnachmittag fühlte sich der Finanzminister zur Medienschelte veranlasst: Seine Rede auf der Economist-Konferenz werde verdreht, protestierte der Gescholtene auf Twitter. Ihm einen Zahlungsausfall unterstellen zu wollen, sei einfach "übler Journalismus" und so etwas müsse endlich "isoliert" werden, mahnte er in ungewöhnlich scharfem Ton.

Seitenhiebe in Richtung Berlin

Auf Kritik gegenüber Deutschland haben alle griechischen Fachminister bei der Konferenz verzichtet. Dafür kam Staatsminister Nikos Pappas zu Wort - ein Mann der leisen Töne, der als engster Vertrauter von Regierungschef Tsipras gilt: "Es hilft nicht, wenn derzeit gewisse Kreise in Deutschland - und ich spreche hier nicht vom Kanzleramt - Szenarien über einen möglichen Grexit (den Austritt Griechenlands aus dem Euro-Raum) in Umlauf bringen", erklärte der Linkspolitiker in einer Tischrede. Der Athener TV-Sender "Alpha" bewertet dies als einen deutlichen Seitenhieb gegenüber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Es bleibt noch die Frage, ob die Athener Regierung auch sich selbst in der Pflicht sieht, damit dringend notwendige Reformen vorankommen. Der Schlüssel dafür liege in einem effizienten Staat, erklärten internationale Verwaltungsexperten in einer Gesprächsrunde mit Vize-Innenminister Giorgos Katrougalos. Priorität habe die Bewertung des Personals im öffentlichen Dienst - ein wichtiges Reformprojekt, das die Beamtengewerkschaft auf die Barrikaden bringt und deshalb seit Ende 2014 auf Eis liegt. Nun verspricht Katrougalos Besserung: Seine Regierung sei dabei, mit Verwaltungsexperten aus Frankreich und Schweden zu beraten, die einschlägige Erfahrung hätten. Er werde spätestens in einem Monat einen entsprechenden Gesetzesentwurf ins Parlament einbringen, erklärt der Vize-Innenminister.

Porträt von Georgios Katrougalos (Foto: DW/B. Riegert)
"Kein Teil des Systems": Vize-Innenminister Giorgos KatrougalosBild: DW/B. Riegert

Ähnliches haben seine Vorgänger auch in der Vergangenheit versprochen. Warum soll diesmal alles anders sein? "Anders als die Vorgängerregierungen ist unsere Partei nicht dem Schutz privater Wirtschaftsinteressen verpflichtet. Wir waren nie Teil des Systems und sind deshalb auch in der Lage, Reformen ohne Rücksicht auf Reaktionen umzusetzen", versicherte Katrougalos im Gespräch mit der Deutschen Welle.