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Vatikan ahndet Kindesmissbrauch drastischer

4. Juni 2016

Katholischen Bischöfen droht bei nachlässigem Umgang mit Missbrauchsfällen künftig die Entlassung aus dem Amt. Die Amtsenthebung kann innerhalb von 14 Tagen erfolgen. Die Entscheidung liegt beim Papst.

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Symbolbild sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche
Bild: picture-alliance/dpa/H. Tittel

Ein veröffentlichter Erlass von Papst Franziskus sieht die Absetzung vor, wenn sich ein Bischof einer schweren Sorgfaltspflichtverletzung beim Vorgehen gegen Missbrauch Minderjähriger oder schutzbedürftiger Erwachsener schuldig macht.

Solche Fälle werden schwerwiegender eingestuft als andere bischöfliche Amtspflichtverletzungen zum Schaden von einzelnen oder Gemeinschaften. Dort müssen sehr schwere Versäumnisse nachgewiesen werden, um einen Bischof oder gleichrangigen Verantwortlichen aus dem Amt zu entfernen. Die Regelung, veröffentlicht in Form eines sogenannten Motu Proprio mit dem Titel "Come una madre amorevole" ("Wie eine liebende Mutter"), tritt am 5. September in Kraft.

Keine Toleranz mehr im Vatikan

Sollten sich Vorwürfe erhärten, kann die vatikanische Behörde die Amtsenthebung verfügen oder den Betroffenen zum Rücktritt binnen vierzehn Tagen auffordern. Die endgültige Entscheidung steht der neuen Regelung zufolge dem Papst zu.

Franziskus hatte in der Vergangenheit wiederholt zu null Toleranz gegenüber Kindesmissbrauch aufgerufen. In seinem Lehrschreiben "Amoris Laetitia" (Freude der Liebe) zum Familienbild der katholischen Kirche bezeichnete er Anfang April Kindesmissbrauch als "eine der skandalösesten und perversesten Wirklichkeiten" der heutigen Gesellschaft.

Der sexuelle Missbrauch von Kindern werde noch skandalöser, wenn er an den Orten geschehe, wo sie geschützt werden müssen, besonders in den Familien, in den Schulen und in den christlichen Gemeinschaften und Institutionen, führte das Kirchenoberhaupt in dem Lehrschreiben aus. Die katholische Kirche wurde weltweit durch zahlreiche Fälle von Kindesmissbrauch erschüttert, die oft Jahrzehnte zurückreichen. Immer wieder wurden Vorwürfe laut, dass die Kirche nicht entschieden gegen die Missstände vorgehe.

Probleme in Australien

Die 2014 von Papst Franziskus gegründete Kinderschutzkommission hatte vor wenigen Monaten eines der Mitglieder im Streit über den Umgang mit Missbrauchsfällen freigestellt. Der Australier Peter Saunders war vom Kirchenoberhaupt als Missbrauchsopfer in das Gremium berufen worden, hatte jedoch in der Öffentlichkeit weiterhin Kritik am Umgang der Kirche mit Pädophilie geäußert, insbesondere am Präfekten des vatikanischen Wirtschaftssekretariats, dem australischen Kardinal George Pell.

Vatikan Australien George Pell Kardinal Foto: SOLARO/AFP/Getty Images)
Steht in der Kritik: der australische Geistliche George PellBild: Getty Images/AFP/A. Solaro

Rolle der Laien gestärkt

Ebenfalls verfügte der Papst die Zusammenlegung der päpstlichen Räte für Laien und für Familie in eine neue Laienkongregation. Deren Sekretär und somit zweithöchster Amtsträger könne ein Laie sein, verfügte Franziskus. Bislang sind Präfekten und Sekretäre vatikanischer Kongregationen mit Geistlichen besetzt. Die im Zuge der Kurienreform erwartete Neuerung soll die Rolle der Laien in der Kirche stärken. Die beiden zusammengelegten Behörden hatten als päpstliche Räte weniger Gewicht als eine vatikanische Kongregation.

cgn/fab (afp, epd, kna)