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Rückkehr nach Somalia

Dirk Eckert19. Mai 2008

Die UNO will wieder eine Friedensmission nach Somalia schicken. Ohne eine politische Einigung der Kriegsparteien kann die UNO jedoch nichts ausrichten, sagen Politikwissenschaftler.

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Bundeswehr-Soldaten mit blauen Mützen (Quelle: AP)
1993 waren auch deutsche Soldaten als Blauhelme in SomaliaBild: AP

Ausgerechnet Somalia. 1992 hatte die UNO schon einmal versucht, dort Frieden zu schaffen. Doch statt als Friedensstifter gefeiert zu werden, wurden die Interventionstruppen damals in den Bürgerkrieg hineingezogen, der seit 1991 in dem ostafrikanischen Land tobt. Am Ende blieb ihnen nur der Rückzug, Somalia wurde wieder sich selbst überlassen. Heute bekämpfen sich in Somalia Regierung und oppositionelle Islamisten, die Ende 2006 mit Unterstützung äthiopischer Truppen von der Macht verdrängt worden waren.

Jetzt also sollen wieder UN-Mitarbeiter an das Horn von Afrika zurückkehren. Wie der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am Donnerstag (15.5.2008) in New York auf Antrag von Großbritannien beschlossen hat, soll Generalsekretär Ban Ki Moon die dafür notwendigen Sicherheitsvorkehrungen treffen. Außerdem wird die Entsendung von Blauhelmen geprüft. Diskutiert wird über eine Friedenstruppe von bis 27.000 Blauhelmen und 1500 Polizisten.

Politische Einigung nötig

Demonstration (Quelle: AP)
Einmischung unerwünscht: Demonstration in Somalia im Dezember 2006 gegen regionale FriedenstruppenBild: AP

Bedingung sei aber, dass der Friedensprozess in Somalia ernsthaft in Gang komme, hieß es in New York. Genau das ist nach Ansicht von Politikwissenschaftlern auch unbedingt notwenig. "Soldaten zu schicken ist nur sinnvoll, wenn sich die verschiedenen somalischen Gruppen einigen", sagt Volker Matthies, Politikwissenschaftler an der Universität Hamburg. Er vermutet, dass der Beschluss des UN-Sicherheitsrates auch Ausdruck einer gewissen Verzweiflung ist: "Irgendetwas musste der Sicherheitsrat tun, weil keine Lösung in Sicht ist."

Dabei sind längst Friedenstruppen der Afrikanischen Union (AU) in Somalia. Aber diese hätten sich als ineffektiv erwiesen, sagt Matthies. Für die Bevölkerung würden sie nichts tun. Die Entwicklung in Somalia habe vor allem eins gezeigt, sagt Matthies: "Leute mit Zwang zu entwaffnen, funktioniert nicht."

Langer Atem nötig

Karte von Somalia mit dem Horn von Afrika und der arabischen Halbinsel
Bild: AP

Unter bestimmten Bedingungen können Blauhelmeinsätze durchaus erfolgreich sein, sagt Sven Bernhard Gareis, Politikwissenschaftler an der Universität Münster und UN-Experte. "Es ist entscheidend, dass eine Blauhelmtruppe nicht Konfliktpartei wird." Das sei die Lehre, die man aus der gescheiterten Mission in Somalia nach 1992 ziehen könne. Neutralität dürfe aber nicht mit Nichtstun verwechselt werden. Das jeweilige Mandat müsse notfalls gegen Störer durchgesetzt werden.

Die UNO sei mit ihren Blauhelmen oftmals erfolgreich gewesen, sagt Gareis: Auf den Golan-Höhen, dem Sinai oder auf Zypern sei auf diese Weise verhindert worden, dass die Kämpfe wieder beginnen. "Wir haben immer dort gewisse Erfolge gesehen, wo ein politisches Mandat, eine Strategie und vor allen Dingen auch der politische Wille der Staatengemeinschaft vorhanden war, dieses Unternehmen zum Erfolg zu führen", sagt Gareis. Gerade bei Ländern mit Bürgerkriegen dürfe man aber keine schnellen Erfolge erwarten: "Das sind langfristige Prozesse. Ein Land, das vielleicht viele Jahre in einen Bürgerkrieg versunken ist, das ist nicht in zwei drei Jahren wieder auf die Beine zu stellen."

Kein Modell für Birma

Auch im Fall von Birma wird zurzeit über ein Eingreifen diskutiert, weil die dortige Militärjunta die Zusammenarbeit bei der Katastrophenhilfe für die Sturmopfer in ihrem Land verweigert. UN-Experte Gareis bezweifelt, dass eine Militärintervention irgendeinen Nutzen hätte. Theoretisch könne die UNO aber eingreifen, sagt er: "Wenn der Sicherheitsrat zu der Überzeugung käme, dass die Situation in Birma eine Bedrohung des Weltfriedens darstellt, dann könnte er tatsächlich Zwangsmaßnahmen veranlassen, gegebenenfalls auch gegen den Willen der Regierung in Birma. Aber das ist mehr als hypothetisch, es hat dafür auch noch keinen Präzedenzfall gegeben."