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Verfassungsbeschwerde gegen Ceta

30. Mai 2016

Das Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada konnte ohne allzu große Öffentlichkeit bereits ausgearbeitet werden - obwohl es Vorbildcharakter für TTIP haben soll. Nun wollen die Kritiker es in Karlsruhe stoppen.

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Eine Demonstration gegen Ceta am 30. April 2016 in Köln (Foto: picture-alliance/R. Goldmann)
Bild: picture-alliance/R. Goldmann

Ein Bündnis aus Verbänden und Nichtregierungsorganisationen will gegen das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Die Organisationen "Campact", "Foodwatch" sowie "Mehr Demokratie" kündigten bei einem gemeinsamen Auftritt in der Bundespressekonferenz an, sowohl gegen den Inhalt des ausgehandelten Ceta-Abkommens mit Kanada zu klagen als auch gegen dessen vorläufige Anwendung. Diese soll möglich sein, bevor die 28 Parlamente der EU-Staaten Ceta zugestimmt haben. Die Initiativen halten bereits dies für verfassungswidrig. Sie wollen mit dem Vorgehen auch das TTIP-Abkommen mit den USA blockieren, das nach EU-Vorstellungen an Ceta angelehnt sein soll. Die Bundesregierung hat Ceta ein Vorbild für TTIP genannt.

Abschaffung von 99 Prozent aller Zölle

Die Verhandlungen über Ceta zwischen der EU und Kanada sind bereits abgeschlossen. Laut EU-Kommission sieht das Abkommen die Abschaffung von 99 Prozent aller Zölle vor. Allein für die EU-Ausfuhr bei Industrieerzeugnissen bedeutet dies der Behörde zufolge Einsparungen von jährlich etwa 470 Millionen Euro.

Die drei Nichtregierungsorganisationen beklagen dagegen, Ceta beinhalte "Sonderklagerechte für Investoren, demokratisch nicht legitimierte Expertengremien" und eine "fehlende Beteiligung des Deutschen Bundestages". Sie riefen Bürger dazu auf, sich im Internet der Klage gegen das Abkommen anzuschließen. Der juristische Vertreter des Bündnisses, der Völkerrechtsprofessor Bernhard Kempen von der Universität Köln, erklärte, Verträge eines solchen Inhalts wie bei Ceta könnten nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mit dem Grundgesetz übereinstimmen.

Die Ceta-Kritiker Thilo Bode (Foodwatch), Roman Huber (Mehr Demokratie), Maritta Strasser (Campact) und Bernhard Kempen (Instituts für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht an der Universität Köln). Foto: Imago/Metodi Popow
Die Ceta-Kritiker sammeln sich: (v. l.) Thilo Bode (Foodwatch), Roman Huber (Mehr Demokratie), Maritta Strasser (Campact) und Bernhard Kempen (Instituts für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht an der Universität Köln)Bild: Imago/Metodi Popow

Durch die von der EU angestrebte "vorläufige Anwendung" des Handelsabkommens würden Tatsachen geschaffen, bevor auch nur ein Abgeordneter in den 28 EU-Mitgliedstaaten seine Zustimmung zu Ceta gegeben habe, kritisierte das Bündnis. Auf diese Tatsachen könnten sich dann auch Interessenvertreter beim geplanten, noch nicht zu Ende verhandelten Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA berufen, erklärte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. Ceta sei daher "TTIP durch die Hintertür".

"Mit Demokratieprinzip des Grundgesetzes nicht vereinbar"

Das Bündnis erklärte weiter, die in Ceta vorgesehenen Expertengremien und Investitionsgerichte veränderten "den Kern unserer Verfassungsordnung". Die Gremien könnten den Handelsvertrag ohne parlamentarische Zustimmung ändern und Investoren könnten vor den Gerichten gegen schärfere Gesetze zum Schutz von Umwelt und Verbrauchern klagen. Eine solche Paralleljustiz und -gesetzgebung sei "mit dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes nicht vereinbar".

Die EU wird voraussichtlich im Herbst über Ceta entscheiden. Direkt danach will das Organisationsbündnis seine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen, dieses hat jedoch bereits mehr als 100 ähnliche Beschwerden als unzulässig abgewiesen. EU-Kommission und Mitgliedsstaaten sollen das Abkommen im Oktober unterzeichnen. 2017 könnten dann zunächst die Europaabgeordneten und danach nationale Parlamente über Ceta abstimmen.

sti/rb (afp, dpa, kna, rtr)