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Die Zukunft gehört den Superkondensatoren

25. November 2016

Die elektrochemische Energiespeicherung durch Batterien könnte irgendwann der Vergangenheit angehören. Forscher aus Florida haben jetzt einen experimentellen Durchbruch mit Superkondensatoren erzielt.

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Superkondensator als Energiespeicher
Bild: University of Central Florida

Man stelle sich ein Elektroauto vor, in dem der Energiespeicher innerhalb von wenigen Minuten, oder gar Sekunden aufgeladen werden kann - schneller als heute ein üblicher Boxenstopp an einer Tankstelle dauert; oder ein Mobiltelefon das innerhalb weniger Sekunden geladen ist, und eine ganze Woche durchhält.

Und bei all dem liefert der Energiespeicher über Jahre immer die gleich hohe Leistung. Den nervigen Memory-Effekt und ausgelutschte Akkus kann man dann getrost vergessen.

Bisher klingt das mehr nach Fiction als nach Science, aber Forscher der University of Central California sind dem Traum jetzt mit einem Experiment einen großen Schritt näher gekommen.

Ein Nano-Nagelbrett aus Kondensator-Drähten

Ihnen ist es gelungen, eine nanotechnologische Oberfläche zu schaffen, die in etwa so aussieht wie ein Nagelbrett. Aus diesem Brett stehen Drähte hervor, die aus mehreren Schichten bestehen. Was für ein Material es ist, halten die Forscher noch geheim.

Aber klar ist: Die Drähte funktionieren als winzige Kondensatoren. Ein Strom leitender Draht - so dünn wie nur wenige Atome - ist umhüllt von einer isolierenden Atom-Schicht. Darauf folgt eine weitere leitende Schicht. Weil es so viele Drähte sind, haben sie eine riesige Oberfläche. Die beiden leitenden Schichten des Drahtes sind dabei quasi die Kondensator-Platten.

Deutschland Graphen - Die dünnste «Wellpappe» der Welt
Eine Graphenoberfläche - in einigen herkömmlichen Superkondensatoren bildet sie die Elektrode. Bild: picture alliance / dpa

Damit verbessern die Forscher das Design der modernsten Arten heutiger Superkondensatoren. Auch diese sind eine nanotechnologische Lösung. Sie bestehen aus Graphen. Dabei handelt es sich um eine netzartige Schicht von elektrisch leitenden Kohlenstoff-Molekülen. Da diese immer nur eine Atomschicht-dünn sind, lassen sich sehr viele davon aufeinander legen. Die vielen Schichten bilden dann die Kondensator-Elektroden.

Es gibt auch Kondensatoren aus Kohlenstoff-Nano-Röhrchen ("Carbon-Nanotubes"). Das ist eigentlich auch Graphen - aber das Kohlenstoff-Molekül-Netz bildet dabei keine Fläche sondern Schläuche, die zu Fasern werden. Auch wenn die Erfinder es noch nicht öffentlich bekanntgegeben haben, so liegt es doch nahe zu vermuten, dass die neuartigen geschichtet-aufgebauten Nano-Drähte in der Tat den Kohlenstoff-Nano-Röhrchen sehr ähnlich sind. Möglicherweise sind sie auch aus Graphen.

Allerdings ist Graphen bisher noch nicht in sehr großen Mengen industriell verfügbar. Daher sind bisherige Graphen-Superkondensatoren meist noch sehr klein.

USA Superkondensator CAP-XX and Perpetuum
Im Vordergrund sind zwei Superkondensatoren. Diese werden durch den Vibrationsgenerator im Hintergrund geladen. Bild: picture-alliance/dpa/CAP-XX and Perpetuum

Zwei Platten mit einem Feld dazwischen

Mancher erinnert sich sicher noch aus dem Physikunterricht daran, was ein Kondensator ist: Er besteht aus zwei großen Metallplatten (Elektroden), die so dicht aneinander stehen, dass in einem Gleichstromkreis dazwischen ein elektrostatisches Feld entsteht. In den Platten lassen sich elektrische Ladungen speichern. Die Kapazität der Kondensatoren wird mit der Einheit Farad bezeichnet.

Kondensatoren wurden früher vor allem in der Elektronik und Mikroelektronik eingesetzt, wenn es darum geht starke Ladungen für sehr kurze Zeit zu speichern, etwa in der Radio- und Frequenztechnik oder auch in Startern für Leuchtstofflampen. Große Energiemengen konnten sie indes nicht für lange Zeit speichern.

Superkondensatoren - der Weg zum Energiespeicher

Das änderte sich seit der Jahrtausendwende durch die Entwicklung verschiedener Formen von Superkondensatoren. Noch vor denen aus Graphen gab es Modelle mit verschiedenen Formen von Aktivkohle oder auch Metalloxiden. Neu sind Superkondensatoren also nicht. Aber sie kamen bisher von ihrer Leistung nie an die heute üblichen Lithium-Ionen Batterien heran. Um die gleiche Energiemenge zu speichern, müssten sie deutlich größer und schwerer sein als ein vergleichbarer Akku.

Deshalb blieb ihr Einsatzbereich auf Spezialgebiete der Elektrik beschränkt - etwa um für kurze Zeit sehr viel Energie zu speichern und kurz darauf auch wieder abzugeben. So ließen sich komplexe Systeme durch eine unterbrechungsfreie Stromversorgung gegen einen Netzausfall sichern oder Stromnetze stabilisieren.

Weltraumfahrstuhl aus Nanotubes
Ein Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Beim neuen Superkondensator bestehen die Drähten aus mehreren solchen Schichten.Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Schon jetzt in vielen Fahrrädern verbaut

Aber auch in der Unterhaltungselektronik oder Kommunikationstechnik kommen herkömmliche Superkondensatoren schon seit Jahren zum Einsatz. Ein bekanntes Beispiel ist die Standlichtfunktion bei der Fahrradbeleuchtung: Schon bei einer Fahrt von wenigen hundert Metern, lädt der Dynamo den Kondensator auf. Das reicht dann aus, damit beim Stopp an einer Ampel die Lampe nicht völlig ausgeht, sondern noch einige Minuten lang weiter brennt. Auch Dynamo-Taschenlampen nutzen heute Kondensatortechnik - damit man nicht ununterbrochen kurbeln muss.

Die Nutzung lohnt sich also insbesondere da, wo es bei der Stromspeicherung weniger um Gewicht und Volumen geht, als um die Zyklenfestigkeit. Darunter versteht man Haltbarkeit und Robustheit auch noch nach einem mehrjährigen oder jahrzehntelangen Gebrauch. Das ist nämlich die große Schwäche der heutigen Akkus.

So gibt es heute schon Straßenlaternen, bei denen Solarstrom tagsüber in Superkondensatoren gespeichert und Abends wieder abgegeben wird. Bei sparsamen LED Lampen reicht dann die Kapazität für einige Stunden aus. Und das Gewicht der Kondensatoren spielt bei einer Lampe keine Rolle.

Wird Industrie 5.0 die Ära der Superkondensatoren

Bei den neuentdeckten Nano-Nagelbrett-Kondensatoren wäre aber alles anders: Sie wären klein, leicht, könnten viel Energie speichern, wären in Sekunden geladen und gingen praktisch nie kaputt. 30.000 Ladezyklen sollen sie überstehen können. Würde man ein Auto dreimal am Tag mit Strom volltanken und jeden Tag damit fahren, würde es also noch nach 20 Jahren funktionieren.

Bis solche Kondensatoren marktreif sind, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. Aber in dem Moment, wo es gelingt sie im industriellen Maßstab kostengünstig herzustellen, wäre das nichts geringeres als Beginn einer neuen industriellen Revolution: Damit könnte das Ende der Batterietechnik eingeläutet werden, wie wir sie heute kennen. Der Abschied vom Verbrennungsmotor würde wirklich in greifbare Nähe rücken. Mein Vorschlag für die neue Science-Fiction-Ära: Industrie 5.0.