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Politik

Weiterhin Unmut in der Union

24. Juni 2018

Die CSU will im bayerischen Landtags-Wahlkampf angeblich keine Auftritte von Bundeskanzlerin Merkel. Die "Welt am Sonntag" berichtet, dass Ministerpräsident Söder stattdessen Österreichs Kanzler Kurz einladen will.

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Grenzübergang Deutschland - Österreich
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Der ÖVP-Politiker Sebastian Kurz hat die Einladung laut Markus Söder bereits angenommen. Kurz vertritt im Gegensatz zu Merkel in der EU einen restriktiven Flüchtlingskurs. In ihrer fast 70-jährigen gemeinsamen Bundestags-Geschichte haben die Unionsparteien noch nie auf gegenseitige Unterstützung im Wahlkampf verzichtet. Damit droht im politischen Streit der Unionsparteien eine weitere Verschärfung.

Zwischen CDU und CSU läuft ein offener Machtkampf. Es geht um die Asylfrage. Die CSU will Asylbewerber an der deutschen Grenze abweisen, wenn sie schon in einem anderen EU-Land registriert sind. Merkel ist dagegen, so etwas ohne Abstimmung mit den EU-Partnern zu tun, und will eine europäische Lösung mit bilateralen Rücknahme-Vereinbarungen. Die CSU-Spitze hat Merkel dafür bis zum EU-Gipfel am 28. und 29. Juni Zeit gegeben. Dort soll Merkel Ergebnisse erreichen. An diesem Sonntag findet in Brüssel zur Vorbereitung ein informelles Arbeitstreffen statt, an dem 16 EU-Staaten teilnehmen.

Seehofer droht mit nationalem Alleingang

Schafft es die Kanzlerin nicht, auf EU-Ebene Vereinbarungen zu schließen, will Horst Seehofer als Innenminister gegen ihren Willen im nationalen Alleingang Zurückweisungen anordnen. Das könnte zum Bruch des Unions-Bündnisses und damit zum Ende der Koalition führen.

Seehofer gab sich zuletzt unversöhnlich. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte er, es sei höchst ungewöhnlich, gegenüber dem Vorsitzenden des Koalitionspartners CSU mit der Richtlinienkompetenz zu drohen. "Das werden wir uns auch nicht gefallen lassen." Er unterstütze zwar eine europäische Lösung. "Aber wenn es bis zum EU-Gipfel keine Regelung gibt, beginne ich mit den Zurückweisungen an der Grenze."

Deutschland Sebastian Kurz, Bundeskanzler Österreich & Horst Seehofer in Berlin
Österreichs Bundeskanzler Kurz unterstützt die Pläne von Innenminister SeehoferBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann beharrte darauf. "Im letzten Jahr haben wir in Deutschland 40.000 Flüchtlinge registriert, die schon in anderen Ländern einen Asylantrag gestellt haben. Wir brauchen jetzt eine eindeutige Regelung, wie man diese Antrags-Touristen an den Grenzen abweisen kann", sagte er der "Bild am Sonntag". Deshalb seien auch Grenzkontrollen in ganz Deutschland nötig - nicht nur in Bayern.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat neue Grenzkontrollen in seinem Land aber bereits ausgeschlossen. Das komme nicht in Frage, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Flächendeckende Grenzkontrollen wären nach Einschätzung von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) gar nicht machbar. Die Bundespolizei könne unmöglich die ganze Grenze kontrollieren, sagte er der "Bild am Sonntag". Sollte Seehofer Zurückweisungen im Alleingang anordnen, sei zu befürchten, dass Italien Flüchtlinge nicht mehr registriere, sondern ohne Kontrolle weiterreisen lasse.

Schäuble warnt Seehofer

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble warnte Seehofer vor einem Alleingang. "Wenn in dieser Frage ein Minister anders als die Kanzlerin entscheiden würde, hat sie aus der Würde ihres Amtes heraus keine Wahl", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". Schäuble bezog sich damit auf Merkels Möglichkeit, Seehofer bei einem Verstoß gegen die von ihr vorgegebenen Richtlinien zu entlassen.

Mäßigend meldete sich CSU-Vize Manfred Weber zu Wort. Die Kanzlerin brauche nun Unterstützung, um auf EU-Ebene Ergebnisse im deutschen Interesse zu erreichen, sagte der Chef der EVP-Fraktion im EU-Parlament den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Auch die Kommunalpolitische Vereinigung von CDU und CSU rief beide Seiten zur Mäßigung auf. Deren Vorsitzender Christian Haase sagte, die kommunalen Kräfte in der Union seien "fassungslos angesichts der Eskalation innerhalb der Bundesregierung".

SPD sorgt für weitere Komplikationen

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner zog eine rote Linie für die Sozialdemokraten. Im Berliner "Tagesspiegel" lehnte Stegner Nachverhandlungen des Koalitionsvertrages und antieuropäische Positionen strikt ab. Zugeständnisse seiner Partei an die CSU beim Treffen des Koalitionsausschusses am Dienstag schloss Stegner in mehreren Punkten aus.

"Unser Nein gilt für direkte Zurückweisungen an der Grenze", sagte Stegner. Zudem lehne die SPD auch die von Bundesinnenminister Seehofer "offenbar geplante Absenkung von Sozialleistungen für Migranten, die Einführung einer Residenzpflicht sowie die Zahlung von Sachleistungen statt von Geld" ab. Eine sofortige Zurückweisung verstoße "gegen europäisches Recht und gegen europäische Grundsätze", sagte Stegner. "Das wird die Europapartei SPD niemals mittragen."

Politiker aus SPD und Opposition werfen der CSU vor, es gehe ihr bei der Eskalation auch um den Sturz der Kanzlerin. Die CSU ist auch mit dem Vorwurf konfrontiert, hinter den Kämpfen stecke Wahlkampfstrategie, um sich gegen die erstarkende AfD zu behaupten. Im Oktober ist in Bayern Landtagswahl. Der CSU droht der Verlust der absoluten Mehrheit.

hf/kle (rtr, dpa, afp)