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"Verhaftung der Altan-Brüder ist eine Gesetzlosigkeit"

Hülya Topçu14. September 2016

Die türkischen Journalisten Ahmet und Mehmet Altan sind seit Tagen in Haft. Im DW-Interview sagt der Anwalt der Brüder, Veysel Ok, er habe aus den Nachrichten erfahren, was ihnen überhaupt vorgeworfen wird.

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Screenshot Youtube Journalisten Ahmet Altan Nazlı Ilıcak und Mehmet Altan
Bild: Youtube

Deutsche Welle: Welche neuen Informationen haben Sie über Ahmet und Mehmet Altan?

Veysel Ok: Die Brüder Ahmet und Mehmet Altan sind mittlerweile seit fünf Tagen in Haft. Ihre Wohnung wurde am Samstag um sechs Uhr morgens gestürmt. Dabei wurden sie mitgenommen. Leider haben sie bis heute mit keinem Anwalt sprechen können. Der Staatsanwalt hat ihnen verboten, in den ersten fünf Tagen einen Anwalt zu sehen. Das ist ein Recht, von dem die Richter im Ausnahmezustand Gebrauch machen können. Uns Anwälten wurde noch kein Inhaftierungsgrund vorgebracht. Daher haben wir auch noch nicht auf offiziellem Weg erfahren, was die Anschuldigungen sind. Wir können uns höchstens anhand der Informationen, die wir von der Nachrichtenagentur Anadolu bekommen, ein Bild davon machen.

In den Nachrichten heißt es, Ahmet und Mehmet Altan würden beschuldigt, in "unterschwelligen Botschaften" zum Putsch in der Türkei aufgerufen zu haben. Wie sind diese Informationen an die Öffentlichkeit gekommen?

Diese Informationen sind durch ein Dokument öffentlich geworden, das der Staatsanwalt für die Polizei geschrieben hat und das aus der Staatsanwaltschaft durchgesickert ist. Daraus haben die Journalisten dann eine Nachricht gemacht.

Dieses Dokument ist also nicht zu Ihnen als Anwalt gekommen?

Wir haben keinerlei Informationen über die Haftentscheidung oder die offiziellen Anschuldigungen erhalten. Diese Woche sind wir zwei Mal zum Gericht gegangen. Wir haben den Staatsanwalt nicht erreicht. Durch das an die Öffentlichkeit gelangte Dokument und die Nachrichten haben wir erfahren, dass Ahmet und Mehmet Altan beschuldigt werden, unterschwellige Botschaften abgegeben zu haben. Das ist alles, was wir wissen.

Ahmet Altan
Ahmet Altan und sein Bruder Mehmet gehören zu den bekanntesten türkischen IntellektuellenBild: picture-alliance/dpa/J.Woitas

Wann werden Sie Ihre Mandanten besuchen können?

Laut Gesetz haben wir das Recht, sie morgen (am Donnerstag) zu sehen. Wenn wir nicht daran gehindert werden. Nach dem Gesetz über den Ausnahmezustand haben Anwälte das Recht, fünf Tage nach einem Anwaltsverbot ihre Mandanten zu besuchen. Die Entscheidung des Staatsanwalts über das Verbot hat uns die Polizei nur von Weitem gezeigt. Wir konnten sie nicht anfechten. Morgen werden wir versuchen, unsere Mandanten zu sehen. Sollte dies nicht möglich sein, werden wir weitere juristische Wege einschlagen. Wir werden Widerspruch einlegen und keinen juristischen Weg unversucht lassen.

Sie haben eine Erklärung mit dem Titel "Das ist keine unterschwellige, sondern eine offenkundige Gesetzlosigkeit" geschrieben. Worin liegt die Gesetzlosigkeit?

Zwei bedeutende Autoren, die in der Gesellschaft und auch in der Welt bekannt sind, werden aufgrund der Tatsache, dass sie ihre Gedanken äußern, kurz vor einem Feiertag morgens bei einer Hausstürmung festgenommen. Und sie dürfen ihre Anwälte nicht sehen. Das ist eine Gesetzlosigkeit an sich. Hätte es ein Verhör gegeben, wären wir darüber informiert worden. Wäre Anzeige erstattet worden, wären wir oder unsere Mandanten selbstverständlich zur Staatsanwaltschaft gegangen. Aber das wollte man nicht. Man nahm sie fest, als hätten sie eine schreckliche Tat begangen. Dabei wurden beide nur inhaftiert, weil sie ihre Gedanken frei äußerten. 217 weltbekannte Intellektuelle, Schriftsteller und Schauspieler haben sich inzwischen solidarisiert und Briefe an die Altan-Brüder geschrieben.

Die Brüder Ahmet und Mehmet Altan sind Journalisten und Autoren. Seit dem 10. September befinden sie sich in Haft. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu Ajansı wurden sie aufgrund von Äußerungen bei einem Fernsehauftritt am 14. Juli festgenommen. In der über soziale Medien verbreiteten Sendung "Can Erzincan TV" sollen sie angeblich in unterschwelligen Botschaften zum Putsch in der Türkei aufgerufen haben.

Das Interview führte Hülya Topçu.