Verhärtete Fronten in der Zypern-Frage
2. September 2005Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sollten wie geplant beginnen, darüber seien sich alle 25 EU-Außenminister einig, bekräftigte auch Bundesaußenminister Joschka Fischer nach dem Gespräch mit seinen Amtskollegen. Allerdings konnte sich die EU noch immer nicht auf eine Reaktion auf die türkischen Weigerung einigen, das EU-Mitglied Zypern anzuerkennen. Vor allem Frankreich übte scharfe Kritik an der Türkei und verlangte eine schärfere Sprache.
"Gesuch zurückziehen"
Die deutliche Sprache benutzte allerdings zunächst die türkische Seite: Die Türkei werde ihr Gesuch um einen EU-Beitritt zurückziehen, falls die EU neue Bedingungen stellt oder eine Alternative zur vollen Mitgliedschaft vorschlägt, sagte der türkische Außenminister Abdullah Gül dem Magazin "The Economist", das das Gespräch am Freitag veröffentlichte. Ein solcher Rückzug werde dann endgültig sein.
Außenminister Gül wird am Freitag von den EU-Ministern in Newport erwartet. Er bekräftigte vor seiner Abreise nochmals, Schiffe und Flugzeuge aus dem griechischen Teil der seit 1974 geteilten Insel dürften trotz der Zollunion mit der EU die Türkei nicht anlaufen. "Häfen und Flughäfen zählen zum Dienstleistungssektor, dessen Öffnung nur von EU-Vollmitgliedern erwartet wird", sagte Gül. "Das ist zu unterscheiden von den Ländern, die erst (über eine Mitgliedschaft) verhandeln." Die EU-Kommission hatte erst am Vortag betont, die Türkei müsse nach dem Zollabkommen mit der EU auch Schiffen aus Zypern erlauben, ihre Häfen anzulaufen.
Zwei Standpunkte
Frankreichs Außenminister Philippe Douste-Blazy verlangte eine Klarstellung der Türkei und Garantien für die EU. Die türkische Haltung zu Zypern sei ein großes Problem. "Wenn man einer Gemeinschaft beitreten will, ist es nur normal, auch alle Mitglieder dieser Gemeinschaft anzuerkennen."
Sein deutscher Amtskollege Fischer äußerte sich deutlich zurückhaltender. Er warnte davor, sich in Spitzfindigkeiten zu verlieren. Zwar müsse das Zollabkommen vollständig umgesetzt werden, eine Anerkennung Zyperns durch die Türkei sei aber nie eine Bedingung für den Start von Beitrittsgesprächen gewesen.
Die Türkei erkennt die Regierung der Republik Zypern im Süden der seit 1974 geteilten Mittelmeerinsel nicht an und betrachtet hingegen die Regierung des türkischstämmigen Nordens als Vertreterin Zyperns. Fischer betonte, die EU sehe die Regierung des griechisch-stämmigen Teils als einzig legitime Vertreterin Zyperns an. Eine Anerkennung Zyperns macht die Türkei von einer Friedenslösung über die Zukunft der geteilten Insel abhängig. Diese war vor dem EU-Beitritt der Insel am griechischen Süden gescheitert. (sams)