Dobrindt verschiebt Start der Pkw-Maut
18. Juni 2015"Mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens bremst die EU-Kommission die Umsetzung der Infrastrukturabgabe", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (Artikelbild) der "Bild"-Zeitung. "Wir verhalten uns rechtsstaatlich und werden eine Gerichtsentscheidung abwarten." Ein Start der Pkw-Maut im Laufe des Jahres 2016 sei damit nicht mehr möglich, unterstrich der CSU-Politiker.
Dem Bericht zufolge ist wegen des schwebenden Verfahrens und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit eine Ausschreibung für die Betreiberfirmen der Maut nicht möglich. Er werde die Vorbereitungen für die Einführung jedoch wie geplant weiter vorantreiben, sagte Dobrindt. Die Bundesregierung habe eindeutig nachgewiesen, dass die Mautgesetze EU-konform seien. "Deshalb bereiten wir Ausschreibung und Vergabe des Mautmodells vor." Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs könne dann die Auswahl eines Betreibers erfolgen. Dobrindt weiter: "Von unserem Kurs, mehr Gerechtigkeit auf der Straße zu schaffen, lassen wir uns nicht abbringen."
"Harte Auseinandersetzung"
Der Minister kündigte an: "Ich werde mit Brüssel eine harte Auseinandersetzung führen." Am Schluss werde der Europäische Gerichtshof entscheiden. Niemand werde diskriminiert, alle Pkw-Halter entrichteten die Infrastrukturabgabe. "Was wir mit der Kfz-Steuer machen, ist ausschließlich nationale Hoheit, Brüssel hat da keine Kompetenzen."
Die EU-Kommission will sich an diesem Donnerstag zum bereits angekündigten Vertragsverletzungsverfahren äußern. Zuvor war aus EU-Kreisen verlautet, die Entscheidung für ein solches Verfahren sei gefallen. An diesem Donnerstag stehe die "offizielle Bestätigung durch die Übermittlung des Mahnschreibens an die deutsche Ständige Vertretung in Brüssel" an, schreibt die Nachrichtenagentur AFP. Dobrindt hatte zuvor erklärt, sich auf eine harte Auseinandersetzung einzustellen.
Benachteiligung von Ausländern befürchtet
In den vergangenen Monaten hatte die EU-Kommission immer wieder ihre Bedenken gegen die deutschen Mautpläne geäußert. Sie fürchtet eine Benachteiligung ausländischer Autofahrer. Ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren war aber nicht möglich, solange die deutschen Gesetze nicht fertig vorlagen. Vergangene Woche wurden diese dann von Bundespräsident Joachim Gauck ausgefertigt, womit der Weg für ein Verfahren frei wurde. Das bei der Maut anstehende Mahnschreiben ist die erste Stufe eines Verfahrens, das mit einem Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof enden kann.
Dobrindt machte derweil nochmals klar, dass die EU aus seiner Sicht für Einsprüche gegen das deutsche Maut-Modell gar nicht zuständig ist. "Brüssel hat keinerlei Kompetenz, über die Höhe der Kfz-Steuer in Deutschland zu entscheiden." Es sei klar geregelt, dass Steuern in der nationalen Hoheit eines Landes liegen.
Die Bundesregierung will inländische Autofahrer durch Gegenleistungen bei der Kfz-Steuer für die Einführung der Maut entschädigen. Deshalb besteht das Paket aus zwei Gesetzen - eines zur Regelung der Maut und eines für Änderungen bei der Kfz-Steuer. Tatsächlich liegen die Steuern weitgehend in der Hand der EU-Staaten. Durch die Kombination der beiden Gesetze würde die Maut allerdings faktisch vor allem Kfz-Halter aus dem Ausland treffen. Deshalb ist das Projekt so umstritten. Die EU-Kommission vermutet einen Verstoß gegen das Prinzip der Nicht-Diskriminierung. Es ist ein fester Grundsatz der EU-Verträge, dass kein Bürger aufgrund seiner Staatsangehörigkeit Nachteile haben darf.
kle/sti (rtr, dpa, afp)