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Verspielte Powerfrauen

Kay-Alexander Scholz9. Juli 2003

Die Pariser Haute-Couture-Schauen sind das Schaufenster der Luxusbranche. Hunderte sündhaft teure Einzelstücke zeigen, was die gutbetuchte Dame von Welt im kommenden Herbst und Winter tragen soll.

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Symbiose von Körper und HülleBild: AP

Die Luxusgüter-Branche hat einen Lichtblick bitter nötig: Die Dollarschwäche, die Lungenkrankheit SARS, der Irak-Krieg und das gesunkene Verbrauchervertrauen haben die Unternehmen schwer getroffen. Branchenführer LVMH, der in Paris unter anderem mit den Marken Givenchy und Christian Lacroix am Start ist, musste herbe Gewinneinbußen hinnehmen. Der italienische Moderiese Gucci sieht sich "mitten im Sturm" mit einem zuletzt um 96 Prozent gefallenen Reingewinn und sinkenden Umsätzen.

An den bis zum 10. Juli dauernden Schauen nehmen 12 Haute-Couture-Häuser teil - darunter Ungaro, Valentino, Lacroix, Jean-Paul Gaultier und Givenchy. Außerdem zeigen 12 eingeladene Modeschöpfer ihre Arbeiten. In diesem Jahr gehören der Libanese Elie Saab und das Italiener-Duo Grimaldi Giardina dazu. Weitere 24 "Off"-Schauen sorgen in der französischen Hauptstadt gut fünf Tage lang für einen dicht gedrängten Terminkalender.

Exotische Weiblichkeit und ein Schuss Reisefieber

Bei John Galliano, Chef-Couturier bei Dior, ist die modebewusste Frau eine Femme fatale, die sich in Korsetts zwängt und asymmetrische Stufenvolantröcke trägt. Dazu gehören Rückendekolletes, die bis zur Hüfte reichen, Netzstrümpfe und Mini-Tüllröckchen. Die Inspirationen dazu suchte sich der Modeschöpfer in Spanien, Indien und Frankreich.

Mode von John Galliano für Dior Haute Couture, Paris
Mode von John Galliano für Dior Haute CoutureBild: AP

Aus Spanien stammt der Einfluss des Flamencos, der während des Defiles erklang, und zu dem die Mannequins stolz ihre Luxuskreationen aus bestickter Seide, Satin und Taft trugen. Besonders elegant und verführerisch sind Gallianos lange Abendkleider, die bis zur Hüfte hauteng anliegen und dann zu einem asymmetrischen Rüschenrock aufgebauscht werden, der hinten großzügig am Boden schleift und vorne die beeindruckende Kürze eines Mini-Rocks erreicht.

Aus Frankreich stammen Gallianos Can-Can-Anleihen. Zu den weißen, roten oder blauen knielangen Rüschenröcken wird ein miederartig anliegendes, nicht ganz bis zur Taille reichendes Oberteil ohne Ärmel getragen.

Mode des Designers John Galliano für Dior Haute Couture, Paris
Mode des Designers John Galliano für Dior Haute CoutureBild: AP

Am Ende des Dior-Defilee, das in einem riesigen weißen Zelt auf der Pariser Pferderennbahn Auteuil stattfand, schritt Galliano selber über den Laufsteg: Langsam, mit schräg auf der Hüfte sitzender Hose und hautengem, bunt besticktem T-Shirt, ließ er sich feiern.

Auch Torrente setzt auf eiskalte, verführerische und sinnliche Schönheit. Die weibliche Silhouette, die der junge Modeschöpfer Christophe Josse für Torrente entworfen hat, ist weiblich, schlank, grazil und sehr sexy. Denn er zeigt ungeniert Körper, vor allem viel Bein: Die Mini-Tüllröcke verdecken nur das Wichtigste ebenso die langen Abendkleider, die ab Hüfte transparent und seitlich geschlitzt sind. Dazu trägt Frau Oberschenkel lange Stiefel und eine kurze, bis in die Taille reichende, eng anliegende Lederjacke mit Stehkragen. Die überwiegend in Schwarz, Grau und Weiß gehaltenen Modelle sind aus Musselin, Organza, Taft oder Tüll, und machen aus der modebewussten Frau ein "Pin-up-Girl", wie der Designer Josse sagt.

Luxus als Lebenseinstellung

Neben den spektakulären Schauen sind die berühmt-berüchtigten Haute-Couture-Partys Highlights der Modewoche. Die frühere Muse von Yves Saint Laurent, Loulou de la Falaise, etwa zeigt im Rahmen einer Edel-Party modische Accessoires und Kleider. Kenzo weiht mit großem Pomp sein neues Domizil in der Nähe der berühmten Seinebrücke Pont-Neuf ein.

Die Modeschöpferin Lolita Lempicka soll von Kulturminister Jean-Jacques Aillagon in die Ehrenlegion aufgenommen werden. Sie macht zwar "nur" Prêt-à-porter-Mode, die anders als die Haute Couture weltweit in Geschäften zu finden ist. Aber die ist in der Regel immer noch teuer genug, um in den luxuriösen Pariser Rahmen zu passen.

Die Haute Couture - also maßgeschneiderte Mode mit höchsten Ansprüchen - wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Charles Frederick Worth in Paris begründet. Anfang des 20. Jahrhunderts dominierte Paul Poiret, der erstmals eine etwas lockerere Damenkleidung einführte. Im Ersten Weltkrieg und danach war besonders Coco Chanel mit zweckmäßig-bequemen Kleidungsstücken erfolgreich. Ein weiterer Vertreter der Glanzzeit der Haute Couture war Christian Dior.