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Verwirrung um russischen Unglücksjet

2. November 2015

Warum ist die russische Passagiermaschine über Ägypten abgestürzt? Das Flugzeug wurde nicht von außen getroffen, sagen Ermittler. Die Airline wiederum schließt einen Defekt aus und spricht von einer "äußeren" Ursache.

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Ägyptische Ermittler untersuchen am Tag nach dem Absturz Wrackteile (Foto: dpa)
Ägyptische Ermittler untersuchen am Tag nach dem Absturz WrackteileBild: picture-alliance/dpa/K. Elfiqi

Das im Sinai abgestürzte Passagierflugzeug aus Russland wurde nach Angaben aus Ermittlerkreisen nicht von außen getroffen. Einer ersten Auswertung des Flugschreibers zufolge setzte der Pilot auch keinen Notruf ab, bevor die Maschine vom Radar verschwand, sagte ein Insider. Aus dem Ermittlungsteam wurden zunächst keine weiteren Einzelheiten bekannt. In Luftfahrtkreisen hieß es, die Auswertung der Flugschreiber durch ägyptische, russische und französische Experten laufe noch.

Die russische Fluggesellschaft Metrojet schloss einen technischen Defekt oder ein Versagen der Besatzung aus. Als einzige Ursache komme ein anderer "technischer oder physikalischer Vorgang" infrage. "Das Flugzeug war in einem hervorragenden Zustand", erklärte Alexander Smirnow, Vize-Generaldirektor der Metrojet-Mutter Kogalymavia. "Wir schließen aus, dass es ein technisches Problem gab oder die Besatzung einen Fehler gemacht hat."

Alexander Smirnow, Vize-Generaldirektor der Metrojet-Mutter Kogalymavia (Foto: AFP)
Alexander Smirnow, Vize-Generaldirektor der Metrojet-Mutter KogalymaviaBild: Getty Images/AFP/K. Kudryavtsev

Kogalymavia-Mitarbeiter Viktor Jung sagte, weder Risse noch ein Ausfall der Systeme oder schlechter Treibstoff hätten das Unglück auslösen können. Nach Beginn der Katastrophe konnte die Maschine nicht mehr gesteuert werden. "Sie flog nicht, sie fiel", sagte Jung.

Die Crew habe keinen Notruf abgesetzt, sagte Vize-Generaldirektor Smirnow. "Offenbar war die Mannschaft zum Zeitpunkt der Katastrophe bereits vollständig arbeitsunfähig", meinte er. Smirnow ließ offen, ob es sich um einen Terroranschlag gehandelt haben könnte. "Es kann alles gewesen sein", meinte er. Kogalymavia zufolge wurden die Triebwerke am 26. Oktober getestet. Der in Irland registrierte Jet erhielt in diesem Jahr von den dortigen Behörden ein Lufttüchtigkeitszeugnis.

"Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich"

Einer Moskauer Untersuchungskommission zufolge soll die Maschine noch in der Luft zerbrochen sein. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, er schließe keine Version aus – "vom Terrorakt bis zum Unfall". Zwar haben sich Verbündete der Extremistenmiliz "Islamischer Staat" in einer nicht verifizierbaren Botschaft zu einem Anschlag bekannt. Experten zweifeln jedoch, dass sie in der Lage sind, einen Jet in fast zehn Kilometern Höhe abzuschießen. Denkbar wäre indes eine Explosion an Bord der Maschine - etwa einer in den Airbus geschmuggelten Bombe.

Ankunft der ersten Toten in St. Petersburg (Foto: Reuters)
Ankunft der ersten Toten in St. PetersburgBild: Reuters/D. Lovetsky

Der Geheimdienstdirektor der US-Regierung, James Clapper, erklärt in Washington, er kenne "bislang keine direkten Beweise für eine Verwicklung von Terroristen". Zu der Frage, ob der IS die Kapazität zum Abschuss eines Flugzeuges habe, sagte Clapper: "Unwahrscheinlich, aber ich würde das nicht ausschließen."

Auf einem streng abgeschirmten Areal der Gerichtsmedizin in St. Petersburg begann unterdessen die Identifizierung der Opfer. Ein erstes Flugzeug des russischen Katastrophenschutzes brachte die sterblichen Überreste von etwa 140 Passagieren aus Kairo in die nordrussische Stadt. Mit Spezialtransportern wurden die Leichen zur Forensik gefahren. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte der Nachrichtenagentur Itar-Tass, es müsse alles getan werden, damit man sich ein objektives Bild vom Unglück machen könne.

stu/uh (afp, dpa, rtr)