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Herkules gesucht!

13. Dezember 2016

Bundesligist VfL Wolfsburg steht nach der Trennung von Sportchef Klaus Allofs am Scheideweg. Wer kann die sportliche Talfahrt stoppen? Und wie lange bleibt der VW-Konzern noch bei der Stange?

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Enttäuschte Wolfsburger Spieler nach der Heimniederlage gegen Leverkusen. foto: dpa-pa
Zuversicht sieht anders aus bei Mario Gomez (2.v.l.) und Co.Bild: picture-alliance/augenklick/firo/S. El-Saqqa

Ein Feuerwehrmann reicht nicht. Gleich zwei müssen wohl her, um den Brand beim Bundesligisten VfL Wolfsburg zu löschen - wenn es denn überhaupt noch möglich ist. Zunächst einmal sucht der VfL Wolfsburg nach dem Aus für Klaus Allofs einen neuen Sportchef. Und der dürfte sich dann wohl auch gleich auf die Suche nach einem neuen Trainer machen. Unter Valerien Ismael, der Mitte Oktober nach der Entlassung von Dieter Hecking eingesprungen war, haben die "Wölfe" in sieben Bundesligaspielen gerade mal einen Sieg und ein Unentschieden geholt. Mit mageren zehn Punkten steht der VfL auf dem 15. Tabellenrang. "Es gibt kein Vertun. Wir stecken im Abstiegskampf", verkündete Aufsichtsratschef Francisco Javier Garcia Sanz auf der Weihnachtsfeier des Vereins.

Allofs und Hecking lieferten - zunächst

Dieter Hecking und Klaus Allofs. Foto: dpa-pa
Vorübergehend erfolgreich: Hecking (l.) und AllofsBild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Wie konnte es nur so weit kommen? Als Klaus Allofs Ende 2012 nach 13 erfolgreichen Manager-Jahren bei Werder Bremen zum VfL Wolfsburg wechselte und gleich zu Beginn Dieter Hecking als Trainer verpflichtete, machte sich im Verein Euphorie breit. Diesem Duo trauten Fans und Klubverantwortliche sogar ähnlich große Erfolge zu wie den überraschenden Gewinn der deutschen Meisterschaft 2009. Allofs und Hecking lieferten zunächst auch: Nach einem halben Jahr unter ihrer Leitung beendete Wolfsburg die Saison 2012/13 als Elfter. In der folgenden Spielzeit waren die "Wölfe" am Ende Fünfter, 2014/15 sogar Vizemeister hinter dem FC Bayern. Als Zugabe durften die Fans den DFB-Pokalsieg 2015 feiern. Wolfsburg war wieder wer im deutschen Fußball und durfte sogar Champions League spielen.

Neuzugänge floppten

Erst im Viertelfinale der europäischen Eliteklasse war Schluss. Wolfsburg musste sich im vergangen April dem späteren Sieger Real Madrid geschlagen geben: Dem sensationellen 2:0-Sieg im Hinspiel folgte eine bittere 0:3-Schlappe in Madrid. Das Pendel schlug um. Mehr und mehr wurde offenbar, dass Nationalspieler Julian Draxler, für 35 Millionen Euro vom FC Schalke 04 gekommen, die Lücke nicht füllen konnte, die der Weggang von Mittelfeldstar Kevin de Bruyne für 75 Millionen Euro zu Manchester City gerissen hatte. Auch die anderen prominente Neuzugänge André Schürrle, Dante und Max Kruse zündeten nicht. Und es wurde noch schlimmer.

Julian Draxler mit lustlosem Gesichtsausdruck. Foto: dpa-pa
Keine Lust mehr auf Wolfsburg: Julian DraxlerBild: picture-alliance/Krause

Draxler wollte schon nach einem Jahr in Wolfsburg die Zelte abbrechen, wurde jedoch zum Verbleib verdonnert. Im Gegensatz zu dem Jungstar, der nicht durfte, suchten Schürrle, Dante und Kruse schnell das Weite. Und der Exodus wird weitergehen: Neben dem lustlos agierenden und deshalb inzwischen aussortierten Draxler wollen auch Verteidiger Ricardo Rodriguez, Mittelfeldspieler Luiz Gustavo und der portugiesische Europameister Vieirinha Wolfsburg den Rücken kehren.

Weniger VW-Geld

Das spricht nicht gerade für den Verein, dem immer das Etikett Werksklub anhaftet - und auch nicht für Wolfsburg, das in Spielerkreisen nicht gerade zu den attraktivsten Wohnadressen Deutschlands zählt. Die zweistelligen Millionen-Beträge, die der Volkswagen-Konzern alljährlich in den VfL Wolfsburg pumpt, reichen offenkundig nicht aus, um Fußballer dauerhaft und auch emotional an die "Wölfe" zu binden. Spielerkäufe zu rekordverdächtigen Preisen à la Draxler wird es auf absehbare Zukunft wohl nicht mehr geben. Der VW-Konzern muss vor dem Hintergrund der Milliardenforderungen wegen des Abgas-Skandals den Gürtel enger schnallen, auch im Sport-Sponsoring. Von Kürzungen der Zuschüsse für den VfL um 20 bis 30 Prozent war die Rede. Der geplante Neubau eines Nachwuchs-Leistungszentrums, der bis zu 40 Millionen Euro kosten sollte, ist erst einmal auf Eis gelegt. Wie lange gönnt sich der angeschlagene Automobilkonzern überhaupt noch sein teures Bundesliga-Engagement? Noch bestreiten die VW-Verantwortlichen vehement, dass über ein generelles Ende der Unterstützung nachgedacht wird. Aber die gewünschten Marketing-Effekte stellen sich kaum ein, wenn der Verein im Mittelfeld der Tabelle herumdümpelt oder gar in den Abstiegskampf gerät.

Wolfsburger Spieler diskutieren mit Schiedsrichter Daniel Siebert. Foto: Getty Images
Wer kann dem VfL Wolfsburg helfen? Die Schiedsrichter sicher nichtBild: Getty Images/Bongarts/D.Calagan

Angeblich noch keine Suche nach Allofs-Nachfolger

Mit der Entscheidung, nach Trainer Hecking auch Sportchef Allofs zu entlassen, haben die VW-Mächtigen im Verein klar zum Ausdruck gebracht: Es ist fünf vor Zwölf, und es muss sich dringend etwas ändern. Allofs dürfte seinen Job aus drei Gründen verloren haben: Er konnte die sportliche Talfahrt nicht stoppen; seine Einkäufe, zuletzt auch noch der alternde Nationalstürmer Mario Gomez, floppten in Serie; und die Stimmung im Team und im Verein ist auf einen Tiefststand gesunken. Angeblich will der VfL Wolfsburg keinen Schnellschuss in Sachen Allofs-Nachfolger. "Es sucht keiner im Moment", sagte Klubchef Wolfgang Hotze. "Wir beschäftigen uns noch nicht mit Namen." In den Medien wird spekuliert, dass der frühere Schalker Manager Horst Heldt, der ehemalige VfL-Nachwuchsleiter Jens Todt oder gar Ex-Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer das Ruder ergreifen könnten. Wer auch immer seinen Fuß auf dieses sinkende Schiff setzt, steht vor einer Herkulesaufgabe.