Viele Pläne, keine Lösung
20. September 2015Deutschland und Österreich fordern mehr Geld zur Versorgung syrischer Flüchtlinge im Nahen Osten, um sie von der Weiterreise gen Westen abzuhalten. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann und der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel bezifferten die notwendige Summe auf fünf Milliarden Euro. Wenn die Europäische Union jetzt nicht Geld in die Hand nehme, "dann werden sich noch mehr Menschen auf den Weg machen", sagte Gabriel bei einem Treffen führender europäischer Sozialdemokraten in Wien. Die USA und Saudi-Arabien sollten sich an dem Programm beteiligen, darin stimme er mit Faymann überein.
Entwicklungsminister Gerd Müller kündigte in der Zeitung "Welt am Sonntag" eine Soforthilfe in Höhe von 20 Millionen Euro für notleidende Syrer an. Damit könnten rund 500.000 Flüchtlinge in der Region drei Monate lang mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Das Geld gehe an das Welternährungsprogramm. Müller sagte, er hoffe, dass andere Staaten dem Beispiel folgten.
De Maizière fordert Flüchtlingskontingente
US-Außenminister John Kerry nannte die Situation der Flüchtlinge in Europa eine "humanitäre Katastrophe". Die Aufnahme von 10.000 syrischen Flüchtlingen in den USA sei nicht genug, sagte er dem britischen Sender Channel 4: "Wir schauen uns andere Optionen an, es ist dringend." Der US-Außenminister machte jedoch auch deutlich: "Man kann das nicht lösen, indem man einfach die Leute ins Land lässt." Kerry wird am Sonntag in Berlin erwartet.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière will mit einem neuen europäischen Asylrecht die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland begrenzen. "Wir können uns in Europa nicht abschotten. Wir können aber auch nicht alle Menschen aus Krisengebieten und alle Armutsflüchtlinge, die nach Europa und nach Deutschland möchten, aufnehmen", sagte der CDU-Politiker dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". Gebraucht würden feste, großzügige Flüchtlingskontingente in der Europäischen Union für eine legale Zuwanderung - wenn diese aber ausgeschöpft seien, sollten auch politisch Verfolgte in ihre Heimatregionen zurückgeschickt werden. Dort müsse ihnen dann geholfen werden.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mahnte eine gemeinsame europäische Antwort auf die Flüchtlingskrise an: "Es kann nicht sein, dass bei den ankommenden Hunderttausenden von Flüchtlingen am Ende sich nur vier Länder in Europa verantwortlich fühlen - Italien, Österreich, Deutschland und Schweden", sagte er in Magdeburg.
Schulz erhöht Druck auf Regierungschefs
Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, appellierte an die EU-Regierungschefs, bei ihrem für Mittwoch geplanten Gipfel endlich die versprochenen sieben Milliarden Euro zur Flüchtlingsbetreuung im Nahen Osten freizugeben. "Das Geld muss noch in dieser Woche fließen", sagte Schulz bei einem SPD-Kongress in Kiel. Er verwies auf Flüchtlingslager in der Türkei, im Libanon und in Jordanien, wo mehrere Millionen Menschen untergebracht seien.
Der Zug der Flüchtlinge in die Mitte Europas nimmt indes kein Ende. Bis zu 13.000 Menschen seien im Laufe des Samstags in Österreich eingetroffen, sagte der Leiter des österreichischen Roten Kreuzes, Gerry Foitik, der österreichischen Nachrichtenagentur APA. In der Nacht auf Sonntag wurden in Nickelsdorf an der Grenze zu Ungarn etwa 3000 Migranten von der Polizei gezählt.
Österreichs Nachbarland Ungarn hatte am Freitagabend eine Kehrtwende in seinem Umgang mit den Flüchtlingen vollzogen. Statt weiter gemäß der EU-Regeln auf ihrer Registrierung in Ungarn zu bestehen, bringen die Behörden die Flüchtlinge mit Bussen an die Grenze zu Österreich.
cr/jj/rb (dpa, rtr)