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Politik

Viele ungeklärte Fragen nach dem Gipfel

Bernd Riegert Helsinki
16. Juli 2018

Die Präsidenten Trump und Putin suchen Gemeinsamkeiten und wollen weiter miteinander sprechen. Trump schließt eine Einmischung Russlands in die US-Wahlen aus, trotz Anklagen in den USA. Von Bernd Riegert, Helsinki.

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Finnland Helsinki PK Treffen Trump Putin
Bild: Reuters/G. Dukor

Über zwei Stunden, länger als geplant, saßen die beiden Präsidenten ohne weitere Mitarbeiter alleine zusammen und haben nach eigenen Angaben eine lange Latte von Konfliktherden und Problemen in den Beziehungen zwischen den USA und Russland besprochen. Hinterher waren beide voll des Lobes für ihren Versuch, die seit Jahren stockenden Gespräche zwischen den beiden Atommächten wieder in Gang zu bringen. Russlands Präsident Wladimir Putin nannte das erste Treffen mit Donald Trump geschäftsmäßig und erfolgreich.

"Ich bin im Allgemeinen zufrieden mit unserem ersten richtigen Treffen. Zuvor hatten wir uns ja nur kurz gesehen. Wir hatten gute Gespräche mit Präsident Trump und ich hoffe, dass wir beginnen, uns besser zu verstehen und ich bin Donald dankbar dafür", sagte Putin auf der gemeinsamen Pressekonferenz.

Der amerikanische Präsident, der vorher die Erwartungen an konkrete Ergebnisse des Gipfels heruntergespielt hatte, war ebenfalls zufrieden: "Das war ein sehr konstruktiver Tag, konstruktive Stunden, die wir miteinander verbracht haben. Es ist im Interesse unserer beiden Staaten, die Gespräche fortzusetzen. Darauf haben wir uns verständigt. Ich bin sicher, dass wir uns in der Zukunft oft treffen werden. Hoffentlich werden wir dann jedes einzelne Problem lösen, das wir heute diskutiert haben."

"USA verhielten sich dumm"

Die Beziehungen zwischen den USA und Russland waren deshalb so schlecht, weil die USA, wie alle übrigen westlichen Staaten, die russische Annexion der ukrainischen Krimhalbinsel verurteilt und mit Wirtschaftssanktionen geahndet haben. Präsident Trump machte klar, dass er die Schuld auch bei der Regierung seines Vorgängers Barack Obama sieht. Der jetzt begonnene Dialog hätte viel früher anfangen müssen, sagte Trump unter goldenen Lüstern im Staatssaal des finnischen Präsidentenpalastes.

Präsidenten von Russland und den Vereinigten Staaten treffen sich in Helsinki
Zufrieden mit dem Verlauf des Gipfels: Trump und Putin (re.)Bild: picture-alliance/dpa/TASS/V. Sharifulin

Zuvor hatte Trump gewettert, es sei die "Dummheit" der USA gegenüber Russland gewesen. Auch die laufenden Ermittlungen des US-Sonderermittlers Robert Mueller zu Cyberangriffen russischer Geheimdienste auf die Wahlen in den USA 2016 seien schuld, so Trump.

Trump zweifelt an seinen Geheimdiensten

Beide Präsidenten behaupteten, es habe keine Zusammenarbeit im Wahlkampf zwischen dem Kandidaten Trump und der russischen Regierung gegeben. Wladimir Putin wies zum wiederholten Male die Anschuldigung zurück, russische Hacker hätten den amerikanischen Wahlkampf beeinflusst. Allerdings gehen alle Geheimdienste der USA, das FBI und auch die Staatsanwaltschaft davon aus, dass zumindest 12 Geheimdienstoffiziere Server der Demokraten und von Wahlbehörden angegriffen haben. Präsident Trump, der ja auch oberster Dienstherr der Geheimdienste ist, sagte, er glaube das nicht. "Verschiedene Leute haben mir gesagt, es war Russland. Ich habe Präsident Putin, der sagt, es war nicht Russland. Ich sage nur, ich habe keine Grund anzunehmen, warum es Russland sein sollte."

Offenbar hat der russische Präsident, dem auch von europäischen Staaten Einmischung in den Wahlkampf per Cyberattacken und Social-Media-Kampagnen vorgeworfen wird, den amerikanischen Präsidenten überzeugen können. Donald Trump deutete an, womit: "Ich habe großes Vertrauen in meine Geheimdienst-Leute, aber ich muss Ihnen sagen, dass Präsident Putin extrem stark und kraftvoll beim Abstreiten war. Er hat außerdem ein unglaubliches Angebot gemacht." Putin bot an, dass der Sonderermittler Mueller in Russland bei der Vernehmung der 12 angeklagten Geheimdienstoffizieren dabei sein könne. Im Gegenzug forderte Putin aber, dass seine Ermittler einen Amerikaner in den USA befragen dürfen, der hohe Beträge an Steuern in Russland hinterzogen haben soll.

"Kein belastendes Material gegen Trump"

Auf die Frage eines amerikanischen Reporters hin vermied es Donald Trump, sein Gegenüber Putin direkt aufzufordern, sich künftig nicht mehr in Wahlen in den USA einzumischen. Wladimir Putin ging etwas auf Distanz zu seinem Gesprächspartner. Es gehe bei Präsidenten-Gesprächen nicht um Vertrauen. "Also, wenn es darum geht, wem man glauben und wem nicht, dann, muss ich sagen, können Sie niemandem glauben. Wieso haben Sie den Eindruck, ich würde Donald Trump trauen oder er mir? Er verteidigt die Interessen der USA und ich diejenigen der Russischen Föderation."

Finnland: Wahrt-die-Pressefreiheit-Banner anlässlich des Trump-Putin-Treffens
Präsidenten-Kritik: "Wahrt die Pressefreiheit", mahnt die Zeitung "Hesingin Sanomat" an ihrem VerlagsgebäudeBild: Aleksi Tuomola/Lehtikuva/dpa/picture alliance

Mit einem wissenden Lächeln sagte Wladimir Putin, er als ehemaliger Geheimdienst-Offizier des KGB wisse, wie man Dossiers anlege. Er bestritt aber, dass er belastendes Material über Donald Trump oder dessen Familie gesammelt habe. Er habe damals, als Donald Trump in Moskau oder Sankt Petersburg noch als Geschäftsmann unterwegs gewesen sei, gar nicht gewusst, dass er im Lande war und bestimmt kein Interesse an dem Mann gehabt. Auch Donald Trump sah sich bemüßigt, noch einmal auf die Frage von belastendem Material über angebliche Prostituiertenbesuche einzugehen: "Ich muss sagen, wenn sie etwas hätten, wäre es schon seit langem herausgekommen."

Keine konkreten Ergebnisse

Beim Thema Krim und Ukraine blieben beide Seiten bei ihren Standpunkten, berichtete der russische Präsident Wladimir Putin. Donald Trump halte die Annexion der Krim für illegal. Er selbst glaube, sie sei durch eine Volksabstimmung ausreichend legitimiert worden. Er würde es begrüßen, wenn Trump auf die Regierung der Ukraine einwirken würde, um diese zur Einhaltung des Friedensabkommens von Minsk anzuhalten. Der amerikanische Präsident schwieg zu dem Thema. Beide vereinbarten wohl, im Bürgerkrieg in Syrien enger als bisher zusammenzuarbeiten. Die Kooperation zwischen den Militärs beider Länder solle verstärkt werden. Die Bemühungen um humanitäre Hilfe für Flüchtlinge solle verstärkt werden. Konkrete Beschlüsse wurden aber nicht gefasst. Es gibt keine schriftliche Vereinbarung nach diesem ungewöhnlichen Gipfel.

Der russische Präsident berichtete, man habe auch über eine Verlängerung der Verträge zur Begrenzung von Atomwaffen in den USA und Russland gesprochen. Auch über die amerikanischen Raketenabwehrsysteme in Europa und eine Verletzung des Vertrages über Mittelstreckenraketen in Europa solle weiter konferiert werden. Auch zu diesen Punkten sagte Donald Trump nichts.

Finnland Putin schenkt Trump einen WM-Ball
Ein WM-Fußball für den Präsidentensohn: Die Gattin fängt ihn und wird ihn überbringenBild: Reuters/K. Lamarque

"Das war ein guter Start", lobte Donald Trump diesen Gipfel. Und ein Geschenk durfte er auch noch mitnehmen. Wladimir Putin schenkte ihm einen Fußball von der WM. "Ich hoffe, wir werden einen so guten Job machen wie Sie, wenn wir 2026 die Fußballweltmeisterschaft ausrichten", sagte der amerikanische Präsident. Dann warf er den Ball seiner Frau Melania zu, die in der ersten Reihe im Publikum saß. "Der ist für Barron, unseren Sohn." 

Die ersten Reaktionen aus den USA auf den Gipfel in Helsinki waren sehr negativ. Der Führer der oppositionellen Demokraten im Senat, Charles Schumer, sagte, Donald Trump habe sich "gedankenlos, schwach und gefährlich" gezeigt. Der republikanische Politiker Paul Ryan meinte, Präsident Trump müsse Russland stärker für die Wahlbeeinflussung zur Verantwortung ziehen. "Russland ist nicht unser Verbündeter", sagte Ryan, der Sprecher des Repräsentantenhauses in Washington. Donald Trump hatte als allerletzten Satz in seiner Pressekonferenz gesagt, es handele sich bei den Vorwürfen gegen ihn um "eine totale Hexenjagd".

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union