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Visite im Hinterhof

24. März 2002

US-Präsident George W. Bush ist auf Kurzbesuch in Mittel- und Südamerika. Ihm liegen zwei Dinge am Herzen: Die Eindämmung des Drogenhandels und die Ausweitung der wirtschaftlichen Kontakte.

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US-Präsident Bush tritt seine Lateinamerika-Reise nicht mit leeren Händen anBild: AP

Perus Hauptstadt Lima gleicht einer Festung. Polizisten in Bleiwesten kontrollieren die Autofahrer an den Einfallstraßen. Spezialeinheiten patroullieren in den Wohnvierteln der Reichen. Kein Flugzeug darf die Stadt am Pazifik in den nächsten 24 Stunden überfliegen. Am 20. März wurden bei einem - wahrscheinlich antiamerikanisch motivierten - Bombenanschlag in Lima neun Menschen getötet.

Erster Besuch seit 1928

Die Ehre, einen leibhaftigen US-Präsidenten begrüßen zu dürfen, wurde der Andenrepublik zuletzt im Jahre 1928 zuteil. Auf der Tagesordnung stehen zwei Dauerbrenner der amerikanischen Lateinamerika-Politik: Drogen und Wirtschaft. Der Anbau von Kokain in den Andenländern ist den USA ein ständiger Dorn im Auge. Zu dessen Bekämpfung haben sie im Jahr 2000 Kolumbien 900 Millionen Dollar Militärhilfe überwiesen. In der Folge wichen viele Drogenkartelle in die Nachbarländer aus, vor allem nach Peru. Lima hat deshalb die USA ebenfalls um "logistische Hilfe" gebeten. Die Anti-Drogenbehörde der USA unterhält bereits seit Jahren einen Stützpunkt in Perus Amazonasgebiet.

Freihandelszone in Planung

Am Samstag nimmt Bush an einer Sitzung der Staatsoberhäupter der Andenstaaten Kolumbien, Ecuador, Bolivien und Peru teil. Die Staatsführer verhandeln mit dem US-Präsidenten über das geplante Handelsabkommen ATPA. Es soll für 6.000 Produkte aus den Andenländern die US-Zollschranken aufheben und den Exportsektor der verarmten Region stärken. Eine ähnliche Vereinbarung bestand in den 90er Jahren, um Kolumbien, Peru, Bolivien und Ecuador vom Koka-Anbau abzubringen.

Bush wirbt auch für die gesamtamerikanische Freihandelszone, die im Jahr 2005 entstehen soll. Die geplante Free Trade Area of the Americas (FTAA) reicht von Alaska bis Feuerland und wäre mit 800 Millionen Konsumenten deutlich grösser als die Europäische Union (380 Millionen Konsumenten). Bis zur Realisierung des panamerikanischen Marktes müssen sich die über 30 Länder erst noch auf einen Fahrplan zum Abbau der Zölle einigen. Mit dem FTAA-Projekt wollen die USA auch der EU zuvorkommen, die mit dem Mercosur, einem Handelsverbund südamerikanischer Länder, seit längerem über ein Freihandelsabkommen verhandelt.

Kontinent in der Krise

Der Besuch des amerikanischen Präsidenten fällt in turbulente Zeiten: Argentinien wird von einer schweren Wirtschaftskrise heimgesucht, in Brasilien eskaliert der Kampf um Grund und Boden, in Mexiko schwelt der Chiapas-Konflikt, in Kolumbien werden Gewerkschafter ermordet und in Venezuela spaltet die populistische Herrschaft von Hugo Chávez das Land. Die politische Ernte der Liberalisierungswelle auf dem Kontinent seit Ende des Kalten Krieges ist eher arm ausgefallen, die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind gewachsen. (jf)