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Volkswagen vor harten Zeiten

5. Oktober 2015

Angespannte Woche für die VW-Spitze: Der Chef soll die Mitarbeiter über den Skandal aufklären, die deutschen Behörden drängen auf Aufklärung, und der US-Kongress will den Amerika-Chef von VW "grillen".

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Blick auf Wolfsburg mit Autostadt und VW-Logo (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Der Volkswagen-Betrug bei den Abgaswerten seiner Dieselmotoren gleicht immer mehr einer Supernova, die sich unaufhaltsam ausdehnt, bis sie zu einem schwarzen Loch zusammenfällt. Im Moment jedenfalls dehnen sich täglich die Verluste an der Börse aus, steigen die von Experten hochgerechneten Schadenssummen, wächst die Zahl der betroffenen Manager, die - schuldig oder nicht - erst einmal beurlaubt werden.

Je nachdem, wie man rechnet, hat Volkswagen bisher bereits 30 bis 50 Milliarden Euro an Börsenwert verloren. Um gut 30 Milliarden ist der Wert der Aktien seit dem Bekanntwerden des Skandals vor zwei Wochen gesunken, und im Vergleich zum Kurshoch im März dieses Jahres verlor en die Aktien fast 50 Milliarden Euro an Börsenwert.

Anwaltskanzleien sind momentan auf der Suche nach VW-Fahrern und Aktionären, die eine Klage auf Entschädigung erwägen. Diverse Staaten kündigen drastische Strafen an und fordern Steuernachzahlungen. Der dickste Brocken wartet für die Wolfsburger wohl in den USA. Die Strafe für die Manipulationen liegt bei bis zu 20 Milliarden Dollar. Auch in anderen Ländern drohen VW empfindliche Geldbußen: Für jedes Auto, in dem die Manipulationssoftware genutzt wurde, könnte in Australien eine Strafe von umgerechnet 687.800 Euro fällig werden. Weitere Strafen in weiteren Ländern könnten folgen.

Große Anzeigenkampagne

Ob Volkswagen Schadensersatz an die rund 2,8 Millionen VW-Dieselfahrer in Deutschland zahlen muss, ist noch unklar. Der Konzern hat bereits angekündigt, Autos zurückzurufen und die Manipulation zu beheben. In ganzseitigen Zeitungsanzeigen hat der Konzern am Montag Reue gezeigt: "Wir werden alles tun, um Ihr Vertrauen zurückzugewinnen", heißt es in der Anzeige, die auch in mehreren auflagenstarken Sonntagszeitungen erschienen war.

Unterdessen geht die interne Suche nach Sündenböcken mit Hochdruck weiter. Mindestens zehn hochrangige Manager wurden bislang beurlaubt. "Die Betroffenen wehren sich, sagen, sie hätten von nichts gewusst. Aber ob das so ist, spielt keine Rolle mehr", so zitiert "Die Welt" in ihrer Online-Ausgaben einen VW-Insider. "Es reicht inzwischen für eine Beurlaubung, dass man hätte informiert sein können. Das geht hier nicht zu wie bei einer ordentlichen Gerichtsverhandlung."

Unterdessen haben laut einem Bericht der "Bild am Sonntag" mehrere Mitarbeiter Manipulationen gestanden. Die Ingenieure hätten bei Befragungen ausgesagt, 2008, kurz vor dem Start der Serienproduktion des umstrittenen Dieselmotors, die Manipulationssoftware installiert zu haben. Und die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" meldet, der VW-Aufsichtsrat gehe inzwischen von einem weitaus größeren Kreis an Mitwissern aus als bisher angenommen. "Die These, alles sei nur das Werk von ein paar kriminellen Entwicklern, ist nicht haltbar", zitiert das Blatt aus dem Kontrollgremium.

Gedrängter Terminkalender

Derweil drängen sich in Wolfsburg die Termine der Konzernspitze in Sachen Schadensbegrenzung. Am Dienstag spricht der neue Vorstandsvorsitzende Matthias Müller in Wolfsburg erstmals zu den Beschäftigten, tags darauf steht schon die nächste Krisensitzung des Aufsichtsrates auf dem Programm. Es soll den Vorschlag des Präsidiums absegnen, Finanzvorstand Hans-Dieter Pötsch zum neuen Chef des Kontrollgremiums zu machen.

Ebenfalls am Mittwoch läuft eine Frist ab, die das Kraftfahrtbundesamt den Wolfsburger Managern gesetzt hat. Bis dahin sollen sie einen konkreten Plan vorlegen, wann ihre Fahrzeuge ohne Manipulations-Software die Abgas-Vorgaben einhalten. Zudem hat das Präsidium des Aufsichtsrates angekündigt, der Vorstand werde der Öffentlichkeit noch in dieser Woche über "erste Zwischenergebnisse bei der Lösung der anstehenden Fragen" berichten.

Als genüge dies nicht, muss am Donnerstag der US-Chef von VW, Michael Horn, im amerikanischen Kongress Rede und Antwort stehen. Anders als bei so manchen Untersuchungsausschüssen in Deutschland wurden dort schon die Chefs von Autoherstellern wie General Motors oder Toyota regelrecht "gegrillt". Dass Michael Horn vor dem Ausschuss der US-Repräsentantenhauses für seinen Konzern Punkte sammeln kann, glaubt der Aufsichtsrat inzwischen nicht mehr. Er drängt laut Medienberichten Konzernchef Müller dazu, rasch höchstselbst in die USA zu reisen und dort Reue zu zeigen.

wen/nm (dpa, rtr, afpd)