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Vom Protest zur Politik

Markus Symank, Kairo1. Januar 2014

In vielen Ländern des Arabischen Frühlings tun sich junge Aktivisten schwer mit dem Wechsel in die Politik. Dort dominieren noch immer die Polit-Dinosaurier. Doch es gibt auch hoffnungsvolle Ansätze.

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Ein Demonstrant der Jugendbewegung des 6. April mit einem Anti-Mursi-Plakat auf einer Demonstration in Ägypten (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Fast drei Jahre nach dem Sturz des Diktators Husni Mubarak wird die ägyptische Politik von alten Gesichtern dominiert. Die drei wichtigsten Figuren der derzeitigen Übergangsregierung - Präsident Adli Mansur, Ministerpräsident Hasim al-Beblawi und Verfassungsratsvorsitzender Amr Mussa - kommen zusammen auf stolze 221 Jahre. Karrierediplomat Mussa war überdies bereits unter Ägyptens Präsident Gamal Abdel Nasser Ende der 1950er Jahre politisch aktiv.

In anderen Ländern der Region sieht es nach dem Arabischen Frühling kaum anders aus: Tunesiens säkulare Kräfte schlugen kürzlich einen 79-Jährigen als neuen Ministerpräsidenten vor. Die islamistische Ennahda schickte ihrerseits das 88-jährige Polit-Urgestein Ahmed Mestiri ins Rennen.

Einige junge Revolutionäre, die mit ihren Massenprotesten die alten Regimes zu Fall brachten, zeigen sich von der anhaltenden Dominanz der Polit-Dinosaurier desillusioniert. Ein Aktivist, der seinen Namen nicht nennen möchte, erklärt: "Die Jungen haben keine Erfahrung. Von der Revolution haben sie nicht profitiert, weil sie nichts verstanden haben und sich von Sicherheitskräften und Geheimdiensten haben austricksen lassen."

Verfassungsratsvorsitzender Amr Mussa (Foto: EPA)
Amr Mussa war schon Ende der 1950er Jahre in der Politik aktivBild: picture-alliance/dpa

Fehlende Finanzen

Während der Mubarak-Diktatur konnten sich in Ägypten keine unabhängigen Nachwuchspolitiker herausbilden. Zwar räumte das Regime der islamistischen Muslimbruderschaft einen begrenzten Spielraum ein. Jede echte Opposition von säkularer Seite wurde jedoch mit harter Hand unterdrückt.

Die nach dem Sturz des alten Regimes von einer jüngeren Generation gegründeten liberalen und linken Parteien spielten auch bei den ersten freien Wahlen nur Monate nach der Revolution keine Rolle. Der junge Aktivist macht dafür neben fehlendem Know-how auch die mangelnden finanziellen Ressourcen verantwortlich. Aus seiner eigenen Erfahrung als ehemaliges Mitglied der von mehreren prominenten Aktivisten gegründeten Gerechtigkeitspartei erklärt er: "Die Finanzierung war ein großes Problem. Wir hatten ein Büro für die Partei, das wir aber aufgeben mussten, weil wir nicht genügend Geld hatten." Inzwischen hat sich der 32-Jährige von der Partei getrennt und weitgehend aus der Politik zurückgezogen. An Protesten säkularer Kräfte gegen die Armee wie zuletzt im vergangenen Monat beteiligt er sich nur noch sporadisch.

Wandel von unten

Ein optimistischeres Bild zeichnet Schihab Wagih von den "Freien Ägyptern". Der 29-Jährige ist Sprecher und politischer Ausbilder der liberalen Partei, die bei den vergangenen Parlamentswahlen immerhin 15 Sitze gewinnen konnte. Wagih arbeitet außerdem als regionaler Koordinator bei der deutschen Friedrich-Naumann-Stiftung in Kairo. Auch er äußert sich unzufrieden darüber, dass der politische Wandel seit der Revolution nur schleppend vorankommt.

Die führenden Köpfe der Regierung und vieler Parteien zählten noch immer viel zu oft zur alten Garde. Allerdings sei dies nur die halbe Geschichte: "Es gibt junge Leute, die in die Politik einsteigen. Seit dem Revolutionsbeginn am 25. Januar 2011 sehen wir jüngere Gesichter in der Politik, teilweise sogar auf der Führungsebene einiger Parteien." Wagih weist darauf hin, dass auch der Vorsitzende seiner Partei, Ahmed Hassan Said, zu einer neuen Generation von Politikern zähle. Wichtiger als das reine Alter aber sei ohnehin, ob die Personen neue Ideen mitbringen sowie Dialog und Transparenz als demokratische Werte hochhalten würden. Denn genau daran fehle es der derzeitigen Übergangsregierung, die bei ihren Entscheidungen zu wenig auf Stimmen von außen höre, so Wagih.

Interne Querelen

Er ist der Meinung, dass sich viele Aktivisten aus falschen Gründen Parteien anschließen. "Nicht jeder tritt der Partei bei, weil er deren Ideologie teilt. Manchmal tun Leute das nur, weil sie gerade Lust dazu haben. Sie sagen sich zum Beispiel: Mohammed el-Baradei sieht nett aus, also gehe ich zu dieser Partei." Andere hofften auf finanzielle Vorteile oder wollten sich im Licht bekannter Revolutionäre sonnen.

Ägyptens ehemaliger Präsident Mohammed Mursi (Foto: Reuters)
Die Tamarod-Bewegung hat zum Sturz des Präsidenten Mohammed Mursi beigetragenBild: Reuters

Die chaotische Phase, die das Land seit dem Sturz Mubaraks durchläuft, hat es den neugegründeten Parteien zusätzlich erschwert, Strukturen aufzubauen. Bei ihrem Versuch, aus der Revolution politisches Kapital zu schlagen, standen sich die Aktivisten aber auch immer wieder selbst im Weg. In Ägyptens Protestbewegung 6. April kam es schon Monate nach dem Volksaufstand zur Spaltung. Die Bewegung Tamarod (Rebellion), die maßgeblich am Sturz des ehemaligen Präsidenten Mohammed Mursi im Sommer 2013 beteiligt war, hat derzeit mit einem internen Aufstand ihrer Basis zu kämpfen. Um sich bis zu den kommenden Parlamentswahlen in Stellung zu bringen, bleibt den jungen Kräften nur noch wenig Zeit.