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Von Ablehnung bis Zustimmung

Nina Werkhäuser6. Dezember 2004

Eine EU-Mitgliedschaft der Türkei ist außenpolitisch ein spannendes Thema. Aber auch in Deutschland wird darüber diskutiert. Ein Überblick über die Positionen der deutschen Parteien.

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Breites Meinungsspektrum im Bundestag zur TürkeiBild: AP

Die Haltung der rot-grünen Bundesregierung ist klar: Ja zu Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Das hat Bundeskanzler Schröder nach seinem Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan im Oktober noch einmal bekräftigt.

"Soweit das der Fall sein sollte, wird Deutschland auf dem Europäischen Rat im Dezember dafür stimmen, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen", so der Kanzler. "Wir beide stimmen darin überein, dass es um Beitrittsverhandlungen geht - und um nichts anderes." Die ursprüngliche Einschränkung der Bundesregierung (' wir sagen Ja, insofern die EU-Kommission sich dafür ausspricht') braucht jetzt auch nicht mehr gemacht zu werden, denn die EU- Kommission hat am 6. Oktober die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei empfohlen.

Während das SPD-Präsidium diesen Kurs unterstützt, murren einige Abgeordnete, wenn auch eher hinter vorgehaltener Hand als vor den Mikrofonen. Sie meinen, dass die SPD-Spitze mit ihrer kompromisslosen Haltung eine offene Diskussion über Vor- und Nachteile eines möglichen EU-Beitritts der Türkei verhindere. "Niemandem hilft es, wenn wir dieses Thema tabuisieren, wenn wir nach der Art der Gutmenschen sozusagen voraussetzen, dass es richtig ist und die Menschen schon wissen, dass der Beitritt vernünftig ist", sagte der SPD-Abgeordnete Rainer Wend. "Es gibt eine Reihe von diffusen Ängsten und Sorgen, denen muss man offen gegenübertreten, die muss man ansprechen. Man muss die Menschen überzeugen."

Grünes Votum für türkische EU-Mitgliedschaft

Auch die Grünen sähen die Türkei gerne in der EU, sofern rechtsstaatliche Standards gewahrt und Menschenrechte garantiert werden. Für Außenminister Joschka Fischer ist das auch eine sicherheitspolitische Entscheidung, die der Region und ganz Europa mehr Stabilität gäbe. "Das ist die Zukunftsentscheidung für die europäische Sicherheit: Ob es gelingt, den Islam - eine großartige Kultur, die missbraucht wird von den Terroristen - mit Demokratie, mit Rechtsstaat, mit einer modernen Marktwirtschaft und starken Zivilgesellschaft, mit Frauenrechten, mit Minderheitenrechten und Religionsfreiheit dauerhaft zusammenzubringen", sagte Fischer und ergänzte: "Das ist die Entscheidung. Und da sage ich: Da liegt Frau Merkel völlig daneben und ist dabei, einen historischen Fehler zu begehen."

Angela Merkel, die CDU-Vorsitzende, lehnt einen EU-Beitritt der Türkei ab, und wirbt für eine "privilegierte Partnerschaft", also für besonders enge Beziehungen der EU zur Türkei. "Wir begründen das vor allen Dingen auch mit der Frage: Was kann die bestehende EU in ihrer augenblicklichen Zusammensetzung leisten? Wir sind 25 Länder, wir bekommen zwei neue Mitgliedsstaaten und sind dann 27 mit Rumänien und Bulgarien. Und insofern ist die Frage, ob die Integrationskraft der bestehenden EU leidet, eine der zentralen Fragen. Ich glaube, dass Europa das zur Zeit nicht verkraften kann. Deshalb unser Angebot einer privilegierten Partnerschaft."

Zu hohe Kosten

Die hohen Kosten für einen EU-Beitritt - die EU-Kommission rechnet selbst mit bis zu 28 Milliarden Euro im Jahr - seien aus dem jetzigen Budget nicht zu bezahlen, meint Angela Merkel. So sieht das auch die FDP: Weder nach ökonomischen noch nach rechtsstaatlichen Kriterien sei die Türkei beitrittsfähig.