Brandenburg
Der Grasfrosch will nicht so, wie sie will. Jedes mal, wenn Kathrin Mielsch zupackt, hüpft das grüne Tier wieder auf und davon. "Die Frösche springen gern auf die Straße", sagt sie, packt diesmal fester zu und setzt das Exemplar, ein besonders groß geratenes Männchen, in ihren weißen Sammeleimer. "Auf dem warmen Asphalt fühlen sie sich wohl. Ohne unseren Schutzzaun hätten wir hier täglich Hunderte überfahrener Frösche, Molche und Kröten."
Unberührte Natur
Insgesamt sieben Kilometer engmaschigen grünen Schutzzaun haben Kathrin Mielsch und ihre Kollegen von der Naturwacht Brandenburg im Naturpark "Hoher Fläming" aufgestellt. Jeden Tag laufen sie die Zäune gemeinsam mit freiwilligen Helfern ab, sammeln die Amphibien ein und setzen sie in Teichgewässern fernab der Straßen wieder aus. Denn Mensch und Natur sollen hier im Schutzgebiet im Einklang miteinander leben.
Der "Hohe Fläming" ist eines von 15 so genannten Großschutzgebieten im Land Brandenburg. "Brandenburg ist nun mal dünn besiedelt", sagt Kathrin Mielsch. "Deshalb gibt es hier noch sehr viele ursprüngliche, unzerschnittene Landschaften. Die Leute kommen nach Brandenburg, weil sie unberührte Natur erleben wollen."
Seit 15 Jahren ist Kathrin Mielsch Naturwächterin. Nicht nur um die Brandenburger Frösche kümmert sie sich, im beigefarbenen Rangerhemd und grüner Jacke durchstreift sie die dunklen Kiefernwälder, die leicht welligen Wiesen und Felder, zählt seltene Arten und überredet die Bauern in der Region, auf naturschädliche Düngemittel zu verzichten.
Von der Arbeitslosigkeit in den Naturschutz
"Früher habe ich selbst in der Landwirtschaft gearbeitet, und zwar in einem volkseigenen Gut", erzählt Mielsch und legt ein weiteres Tier in den Eimer, diesmal eine träge Erdkröte. "Zu DDR-Zeiten haben wir dort Saatgut für die großen Landwirtschaftsbetriebe vermehrt. Auf den sandigen Böden hier gedeiht nicht besonders viel, deshalb waren die Anbauflächen riesengroß. Doch nach der Wende war Schluss mit der sozialistischen Planwirtschaft." Kathrin Mielsch wurde arbeitslos, und wie viele ihrer Kollegen hielt sie sich mit staatlicher Förderung über Wasser. 1993 bekam Mielsch dann einen Job im Naturpark. "Das war wie ein Lottogewinn", sagt sie, denn die 41-Jährige liebt die Arbeit im Freien.
Und obwohl sie als Brandenburgerin aus dem Kernland des einstigen Königreichs Preußen kommt, von den immer noch häufig beschworenen "preußischen Tugenden" wie Disziplin, Fleiß und Pflichtbewusstsein will sie nichts wissen. "Natürlich versuche ich, meine Arbeit so gewissenhaft wie möglich zu erledigen", sagt Kathrin Mielsch. "Aber nicht mit den so genannten preußischen Tugenden, sondern mit Begeisterung für die Sache."
Disziplin, Fleiß und Pflichtbewusstsein - preußische Tugenden
Zum Beispiel für die Großtrappe, eine sehr scheue Vogelart, die aussieht wie ein zu klein geratener Strauß und mit bis zu 18 Kilogramm Gewicht zu den schwersten flugfähigen Tieren der Welt gehört. In ganz Deutschland gibt es nur noch rund 110 Exemplare, rund 20 davon beobachtet Mielsch gerade durch ihr Fernrohr. Die Hähne sind eifrig am Balzen. Sie strecken ihre weißen Unterfedern in die Luft und wollen so die Weibchen beeindrucken. Auch Kathrin Mielsch freut sich über diesen Anblick, denn schon bald könnte es in Brandenburg einige Großtrappen mehr geben.