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"Kulturgut der USA": Die Peanuts

Nikolas Fischer9. Mai 2016

"Wie Millionen Amerikaner bin ich mit den Peanuts aufgewachsen, aber ich bin ihnen nie entwachsen", schreibt Barack Obama. Am 10. Mai erscheint in den USA der 25. und letzte Band der Gesamtausgabe "Complete Peanuts".

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Illustration aus A Boy named Charlie Brown
Bild: picture alliance/United Archives/IFTN

Kein Geringerer als der US-Präsident persönlich hat das Vorwort zum letzten Sammelband geschrieben. Obama ist Comic-Fan seit Kindertagen – und die Peanuts sind für ihn eine Art amerikanisches Nationalheiligtum. Die Zeichnungen von Charles M. Schulz (1922–2000), die von 1950 bis 2000 in verschiedensten Zeitungen weltweit publiziert wurden, seien die "tägliche Schmusedecke" der Amerikaner gewesen, schreibt Obama mit Bezug auf Linus, einen der Protagonisten, der sich so gar nicht von seiner Lieblingsdecke trennen möchte.

Erwachsene gibt es bei den Peanuts (wörtlich: Erdnüsse) nicht. Charlie Brown, Linus, Schroeder und Co. sind amerikanische Vorstadtkinder, die – begleitet von ihren tierischen Freunden, dem Beagle Snoopy und dessen besten Freund, dem Vogel Woodstock – Tag für Tag kleine Abenteuer erleben. Durch die Augen der Heranwachsenden macht Charles M. Schulz mit simplen Zeichnungen die Kleinigkeiten („Peanuts“) und Widersprüche des Alltags in wunderbarer Weise erlebbar und nachvollziehbar – und schafft gleichzeitig eine literarische Ebene, auf der er gesellschaftliche und politische Probleme thematisiert. Kritisch Stellung bezieht Schulz aber nicht: Er wendet sich zwar dem aktuellen Tagesgeschehen der jeweiligen Zeit zu - die Peanuts sprechen etwa über den Vietnamkrieg oder über Rachel Carson und die amerikanischen Umweltbewegung - die konkrete Interpretation überlässt Schulz aber dem Leser.

Von Drachen und Kuscheldecken

Wenn Linus sich ein ums andere Mal nicht von seiner Kuscheldecke trennen kann, verheddert sich der gutmütig ernsthafte Pechvogel Charlie Brown - mit dieser Figur schuf Charles M. Schulz eine Projektionsfläche seiner eignen Kindheit - immer wieder aufs Neue mit seinem Drachen in einem Baum, und wird von den anderen Kindern dafür regelmäßig ausgelacht. Am liebsten von Lucy, die es liebt, Charlie und ihren Bruder Linus zu bevormunden und zu unterdrücken. Gleichzeitig ist sie in den Beethoven-Fanatiker Schroeder verliebt, für den es nichts Schöneres gibt als auf seinem Kinderklavier den lieben langen Tag lang Sonaten zu klimpern. Mit penetranter Energie versucht Lucy Schroeder davon zu überzeugen, dass die beiden später heiraten sollten. Ohne Erfolg.

Porträt Charles M. Schulz
Charles M. Schulz neben seinem Protagonisten Charlie Brown (1999)Bild: picture-alliance/dpa/UPI

Charlies latent verrückter Beagle Snoopy kann in den Comics zwar nicht sprechen – dafür aber Schreibmaschine schreiben. Außerdem kommuniziert er mit den Kindern - und dem Leser - über Denkblasen und Tanzeinlagen. Seine blühende Hunde-Phantasie entführt uns zudem des öfteren in skurrile Traumsequenzen, in dem er etwa als Pilot eines englischen Jagdflugzeugs aus dem Ersten Weltkrieg durch die Lüfte fliegt. Manchmal muss auch seine Hundehütte als Flugzeug herhalten.

Süchtig nach den Peanuts

All diese kleinen Geschichten – die sympatisch offensichtlichen Charaktereigenschaften, gepaart mit den immer und immer wiederkehrenden Szenen und Dramaturgie-Bausteinen – haben ein Sucht-Potential, dem sich der geneigte Leser schon nach kürzester Zeit kaum entziehen kann.

Die Reihe "Complete Peanuts" macht das Lebenswerk von Charles M. Schulz in seiner Gesamtheit chronologisch zugänglich. Sie erscheint seit 2004 (zwei Bände pro Jahr) beim Independent-Comicverlag Fantagraphics – und garantiert dessen wirtschaftliche Zukunft. Der letzte Sammelband fasst die Cartoons zusammen, die vom Januar 1999 bis zum 13. Februar 2000 veröffentlicht wurden. Einen Tag vorher, am 12. Februar 2000, war Schulz im Alter von 77 Jahren an Darmkrebs gestorben. Das vielfach ausgezeichnete Mitglied der Cartoonist Hall of Fame bekam für sein Lebenswerk die Congressional Gold Medal, die höchste Auszeichnung des US-Kongresses. 2002 wurde ihm in Santa Rosa mit dem Charles M. Schulz Museum ein Denkmal gesetzt.

USA Hollywood Snoopy erhält Walk of Fame Stern
Weltstar Snoopy besitzt sogar einen Stern auf dem Walk of Fame in HollywoodBild: Getty Images/AFP/R. Beck

Bereits vor Obama outeten sich übrigens andere Prominente als Peanut-Fans und gaben sich die Ehre, das Vorwort zu schreiben, etwa US-Schauspieler Alec Baldwin und die kanadische Jazzpianistin und Sängerin Diana Krall. In der deutschen Version übernahmen diesen Job unter anderem Literaturkritiker Denis Scheck und Schauspieler Oliver Rohrbeck. Der Hamburger Carlsen-Verlag verlegt die "Peanuts Werkausgabe", allerdings mit deutlicher zeitlicher Verzögerung: Zuletzt erschien am 1. März 2016 Band 20, der die Peanuts-Jahre 1989 und 1990 zusammenfasst. Der finale Band 25, der am 10. Mai in den USA erscheint, wird hierzulande erst in zwei Jahren zu haben sein.