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Politik

Eine Liebesgeschichte aus Syrien

Imane Mellouk kk
8. Januar 2019

Das Ehepaar Othman hat es geschafft. Der Jeside und die Muslima haben in Syrien viele Vorurteile erdulden müssen. Nun leben sie in Deutschland - so frei und unabhängig, wie sie es immer wollten.

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Deutschland Migranten aus Syrien
Bild: Privat

Die Geschichte dieser Liebe beginnt in Damaskus und endet in Lübeck. Es ist die Geschichte einer Liebe, die die Grenzen der Sitten, Traditionen und Konfessionen überwindet und ein glückliches Ende gefunden hat, wenn auch an einem ganz anderen Ort, als die beiden Helden jemals erwartet hätten. Dafür aber an einem Ort, der ihnen Sicherheit und Stabilität bietet.

Die Geschichte begann vor über 30 Jahren. Damals reiste Hanan Othman, ein kurdischer Jeside, aus seinem Geburtsort Bafliun nahe Aleppo auf der Suche nach Arbeit nach Damaskus. Der junge Mann ahnte damals nicht, dass ihm eine Begegnung bevorstand, die seinen Weg für immer verändern würde.

In Damaskus traf er die Liebe seines Lebens: Huda, eine junge Araberin und Muslimin aus dem Umland der syrischen Hauptstadt. Die beiden verliebten sich und beschlossen zu heiraten - und das, obwohl sie wussten, welche Schwierigkeiten auf sie warteten. Denn die Heirat einer Muslimin und eines Jesiden ist in den konservativen ländlichen Gebieten Syriens nicht vorgesehen. So musste Huda erfahren, dass sich ihre Eltern mit aller Kraft gegen diese Ehe stemmten. Die Tochter hielt das von ihrem Vorhaben nicht ab: Sie wurde trotzdem Hanans Frau.

Kampf gegen Vorurteile

Kurz nach ihrer Heirat begann ihr Leiden. Die beiden lebten in Hanans Heimatdorf, aber weder die Familie noch die jesidische Dorfgemeinschaft wollten etwas von ihnen wissen. Es war eine sehr schwierige Zeit, erinnert sich Hanan Othman. "Am Anfang haben mich meine Verwandten und die Nachbarn regelrecht ausgestoßen. Nur meine Eltern sagten sich nicht völlig von mir los. Ungefähr jedes halbe Jahr besuchten sie uns - wenn auch nur, um mir Vorhaltungen zu machen, mich und meine Frau zu beschimpfen und uns ihre Verachtung spüren zu lassen."

Aber er blieb stark, erzählt Hanan der DW: "Ich habe mein Leben und unsere Ehe verteidigt. Ich habe jedem verboten, meine Frau zu attackieren. Und ich habe alle Versuche, uns zu trennen, ignoriert. Im Laufe der Jahre gingen die Anfeindungen zurück."

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Hanan Othman in der Umgebung seines Heimatdorfes Bafliun nahe AleppoBild: Privat

Vier Kinder haben die Eheleute bekommen, drei Söhne und eine Tochter. Sie konnten ein weitgehend ruhiges Leben führen - abgesehen von den Grummeleien der Nachbarn, die die Verbindung als "verboten" bezeichneten.

Ihre Ehe sei stark, sagt Hanan Othman. Darum hätten ihr alle Versuche, sie zum Scheitern zu bringen, nichts anhaben können. Dazu beigetragen habe auch Hudas friedfertiger, kreativer und geduldiger Charakter. "Geduld, Weisheit und die Gnade Gottes haben es uns möglich gemacht, Feindseligkeiten durchzustehen."

Respekt vor dem Glauben

Geholfen hat dem Ehepaar aber vor allem der Respekt vor dem Glauben des anderen. "Meine muslimische Frau praktiziert ihren Glauben völlig frei", sagt Hanan, der Jeside. "Im Jahr 2009 habe ich sie in Begleitung ihrer Geschwister auf die Hadsch nach Mekka geschickt. Und unsere Kinder durften ihren Glauben frei wählen. Einige haben den ihrer Mutter, andere meinen angenommen."

Jeder Mensch soll seinen Gott auf seine Weise verehren, ist Hanan Othman überzeugt. "Denn dieses Verhältnis geht nur den einzelnen und Gott etwas an. Dritte sollten sich da raushalten."

Zusätzlichen Schutz bot Hanan auch sein Beruf: In Syrien war er Polizeibeamter. So wagte es niemand, der Familie ernsthaften Schaden zuzufügen. "Das war sehr hilfreich. Ohne meine Autorität als Polizist wäre unser Leben sehr schwierig gewesen."

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Undogmatischer Glaube: Hanan Othman an einer jesidischen KircheBild: Privat

Die Flucht

Doch das zerbrechliche Gleichgewicht von Hanans und Hudas Alltag geriet in Gefahr. Während des Krieges rückten Milizen der Terrororganisation "Islamischer Staat" auf Bafliun vor und lieferten sich Gefechte mit den Bewohnern. In dieser angespannten Situation bedrängte die Dorfgemeinschaft die ungeliebte Familie wieder. Irgendwann blieb den Othmans nur die Flucht in die Türkei. Knapp einen Monat später beschlagnahmte der IS ihr Haus.

Aber auch in der Türkei wurden die Lebensbedingungen immer schwieriger. "Meine Kinder haben syrische Universitätsabschlüsse", sagt Hanan Othman. "Doch als wir in die Türkei kamen, mussten sie in Nähereien und auf Baustellen arbeiten. Überall begegneten sie rassistischen Vorurteilen. Arbeitgeber zahlten ihnen den Lohn nicht aus. Als meine Kinder sich beschwerten, drohte man ihnen mit Kündigung."

Schließlich entschied sich Hanan, der etwas Geld zur Seite gelegt hatte, mit zwei Söhnen die Flucht über das Mittelmeer nach Griechenland zu wagen. Von dort sollte es weiter nach Deutschland gehen. "Um Geld zu sparen, aßen wir nur einmal am Tag. Wir wollten doch meiner Frau und den anderen Kindern in der Türkei finanziell helfen."

Neue Heimat Deutschland

Zwei Monate nach der Ankunft in Deutschland lieh sich Hanan Geld, um den Rest der Familie nachzuholen - kurz darauf waren sie endlich wieder vereint.

Die Familie Othman wurde ein Musterbeispiel der Integration: Der älteste Sohn, mit einem Informatikdiplom der Universität Damaskus in der Tasche, hat eine Arbeit an einem Hamburger Bildungsinstitut gefunden. Der zweite Sohn studiert Ingenieurs- und Roboterwissenschaften an der Universität Lübeck. Dort hat sich auch die Tochter in Medizintechnik eingeschrieben. Der jüngste Sohn hat sich für einen Studienplatz in Informationstechnologie beworben.

Die Eltern haben eine Sprachschule besucht und Hanan arbeitet jetzt in einem Büro in Lübeck. Einen Wermutstropfen gibt es: Seine Frau Huda ist krank und geschwächt und kann sich kaum um das Nötigste im Haushalt kümmern - Hanan nimmt ihr alles ab. Aber, sagt er, "wir sind froh und glücklich, dass wir hier eine neue Heimat gefunden haben. Deutschland bietet uns die Sicherheit und Stabilität, die wir uns immer gewünscht haben."

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