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Vor Peking 2022: Nur nicht positiv auffallen

Davis Van Opdorp
21. Januar 2022

COVID-19 ist für die Athletinnen und Athleten, die sich auf die Olympischen Winterspiele in Peking vorbereiten, ein großes Problem. Die Angst ist groß, dass ein positiver Test alle olympischen Träume beenden könnte.

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Snowboarderin Anna Gasser beim Sprung über ein Hindernis
Snowboarderin Anna Gasser hofft bei den olympischen Wettbewerben auf eine MedailleBild: Red Bull Media/ZUMA /picture alliance

Nichts wäre schlimmer, als kurz vor dem Ziel erleben zu müssen, dass der große Traum doch noch zunichtegemacht wird. Viele Sportler, die ab dem 4. Februar an den Olympischen Winterspielen in Peking teilnehmen, haben sich jahrelang auf ihren olympischen Moment vorbereitet. Da wäre es fatal, wenn jetzt, in der Schlussphase der Vorbereitung, oder kurz bevor der Wettkampf in Peking losgeht, eine COVID-19-Infektion alles kaputt machen würde.

Anna Gasser: "Besonders vorsichtig sein"

"Ehrlich gesagt ist das meine größte Angst, vor allem angesichts der Pandemie, die gerade mit Omikron grassiert", sagt die österreichische Snowboarderin Anna Gasser Mitte Januar bei den Laax Open in der Schweiz gegenüber der DW. Die 30-Jährige hofft, ihre Big-Air-Goldmedaille von Pyeongchang in Peking zu verteidigen und spekuliert außerdem auf eine Medaille im Slopestyle-Wettbewerb. Bevor Gasser jedoch nach China reist, nimmt sie am Weltcup teil und startet Ende Januar auch bei den X-Games in Aspen, Colorado. Gasser muss also nicht nur auf der Piste bestehen, sondern es auch schaffen, dem Virus zu entgehen und nicht positiv getestet zu werden.

"Meine größte Sorge ist, dass es mich kurz vor den Spielen erwischt und meinen Traum zerstört", sagt Gasser, die in der Schweiz Zweite im Slopestyle der Frauen wurde. "Ich werde einfach versuchen, mich von den Leuten fernzuhalten und zwei Wochen vor den Spielen in China besonders vorsichtig zu sein."

Snowboarderin Anna Gasser mit Wollmütze beim Interview
Snowboarderin Anna Gasser will in den letzten Tagen vor den Olympischen Spielen noch vorsichtiger seinBild: HANS PUNZ/Apa/picture alliance

Positiver Test - was nun?

China hat sich verpflichtet, die Olympischen Spiele "COVID-frei" zu gestalten, und das Handbuch für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer spiegelt dies wider. Sie müssen ihre Körpertemperatur und andere Gesundheitsparameter 14 Tage lang kontrollieren und vor der Abreise zwei negative PCR-Tests beibringen. Zwei weitere negative PCR-Ergebnisse werden von den Athletinnen und Athleten verlangt, die sich in den 30 Tagen vor ihrem Flug nach Peking angesteckt und von der Krankheit erholt haben. Sollte einer der PCR-Tests positiv ausfallen, wird geraten, nicht nach China zu reisen. Wer nach der Ankunft in der "Olympia-Blase" in Peking noch mit einem positiven Testergebnis auffällt, wird von den Wettkämpfen ausgeschlossen.

Es ist daher leicht nachzuvollziehen, warum die angehenden Olympia-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer, die monatelang bei Weltcup-Veranstaltungen in der ganzen Welt gestartet sind, nun besonders vorsichtig handeln. "Ich habe mich während dieser Pandemie nicht mit COVID angesteckt, aber im Moment mache ich mir deswegen ein bisschen Stress", sagt der norwegische Snowboarder Marcus Kleveland, Slopestyle-Weltmeister von 2021, im Gespräch mit der DW. "Ich habe das Gefühl, dass jetzt jeder das Virus bekommt, also versuche ich einfach, an meinem Platz zu bleiben und nicht wirklich mit Leuten in Kontakt zu kommen und abzuhängen."

Vorfreude auf Sicherheit in Peking

Nach ihrem Titelgewinn beim Skeleton-Weltcup freut sich die Niederländerin Kimberley Bos auf China, und das nicht nur, weil sie als Goldmedaillen-Favoritin gilt. "Ich werde sehr froh sein, wenn ich in der Blase bin, jetzt schaffe ich das noch nicht", sagte Bos der DW Anfang des Monats. "Wir haben im Weltcup zwar auch eine Blase, aber es gibt trotzdem positive Fälle. Wenn man erst einmal in China ist, ist das Risiko sehr gering, weil es so viele Regeln gibt, die man befolgen muss", fügte sie lachend hinzu.

Olympisches Dorf in Peking
Viel sozialen Austausch zwischen den Aktiven wird es im Olympischen Dorf von Peking wohl nicht geben Bild: Zhang Chenlin/Xinhua/picture alliance

Anna Gasser glaubt ebenfalls, dass sie sich in Peking wegen der strengen Corona-Maßnahmen sicherer fühlen wird. Tägliches Testen und Fiebermessen ist dort für alle Teilnehmenden Pflicht, und abgesehen von Eröffnungs- und Schlussfeier dürfen sie sich meist nur in begrenzten und von anderen abgetrennten Bereichen aufhalten. "Es gibt so viele Maßnahmen, dass ich das Gefühl habe, wenn man es negativ nach China schafft, ist man wahrscheinlich am sichersten Ort der Welt", sagte Gasser der DW.

Unterschiedliche Teststandards

Einige Sportlerinnen und Sportler haben bereits Erfahrungen in der Blase von Peking gemacht: Bei Bob-, Rennrodel- und Skeleton-Wettbewerben konnten sie im vergangenen November die neu gebaute Olympia-Eisbahn im National Sliding Centre in Yanqing testen. Die Umgebung sei "relativ sicher", sagte Norbert Loch, Cheftrainer des deutschen Rennrodelteams, der DW. Allerdings: "Wir werden geschützt sein, aber wir müssen trotzdem immer sehr, sehr vorsichtig sein", so Loch.

Der Bundestrainer befürchtet, dass ein falsches Positiv-Ergebnis einen Teilnehmer unnötigerweise aus dem Wettbewerb nehmen könnte, zumal China strengere Teststandards als die EU hat. Tobias Artl, der 2014 in Sotschi und 2018 Pyeongchang Gold im Doppelsitzer gewann, hat das erlebt: Bei seiner Reise nach China im November wurde er nach einem fälschlicherweise positiven Ergebnis in Quarantäne geschickt und saß isoliert im Hotelzimmer, statt am Testwettbewerb teilzunehmen.

Rennrodel-Bundestrainer Norbert Loch
Rennrodel-Bundestrainer Norbert Loch reist mit gemischten Gefühlen nach PekingBild: Wassmuth/Fotostand/picture alliance

"Es kann nicht sein, dass ein falsch positiv getesteter Athlet wie Tobias Arlt gehen muss und keine Chance hat, seine Goldmedaille zu verteidigen", sagt Loch. Der deutsche Rennrodel-Trainer räumt allerdings ein, dass nicht jeder positive Tests falsch sein muss, schließlich kommt es immer zu Infektionen. Auch sein Sohn Felix Loch, Olympiasieger im Einsitzer von 2010 und 2014, wurde im Dezember positiv auf COVID-19 getestet. "Ich hätte gerne einhundertprozentige Sicherheit, und ich erwarte, dass das IOC uns dort im chinesischen Gesundheitssystem unterstützt", sagt Loch. "Denn das ist etwas, vor dem ich ein wenig Respekt habe."

Und eines ist klar: Da teilweise ein ganzes Sportlerleben lang gehegte olympische Träume auf dem Spiel stehen, kann man gar nicht vorsichtig genug sein.

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.