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Politik

Vorteil Maduro nach Wahl in Venezuela

7. Dezember 2020

Der Boykottaufruf hat offenbar gewirkt. Laut Opposition gaben bei der Parlamentswahl in Venezuela weniger als 20 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab. Davon profitieren wird wohl der autoritäre Staatschef Maduro.

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Venezuela | Parlamentswahlen PK Nicolas Maduro
Staatschef Nicolás Maduro kann seine Macht wohl weiter ausbauenBild: Fausto Torrealba/REUTERS

Bislang kontrollieren die Gegner von Nicolás Maduro die Nationalversammlung in der Hauptstadt Caracas. Doch nach der Wahl steht dem Triumph der regierenden Sozialisten kaum etwas entgegen.

Beobachter gehen davon aus, dass Maduros Partei PSUV die Mehrheit erzielen dürfte. Große Teile der Opposition boykottierten die Abstimmung, weil sie mit Betrug rechneten. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte bereits vor der Wahl erklärt, die Voraussetzungen für eine freie und faire Wahl seien nicht gegeben.

Maduro rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, das Wahlergebnis zu akzeptieren. "Wir respektieren das Selbstbestimmungsrecht der Völker", schrieb er auf Twitter. "Wir fordern Respekt vor der Souveränität des venezolanischen Volkes."

Sollte die Mehrheit im Parlament erwartungsgemäß an die Regierungsanhänger gehen, würde die Opposition die letzte von ihr kontrollierte staatliche Institution in dem südamerikanischen Land verlieren. Ohne Mehrheit in der Nationalversammlung dürfte auch die Legitimität des selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó infrage gestellt werden.

Nach Angaben der Opposition folgten zahlreiche Venezolaner ihrem Boykottaufruf. Die Wahlbeteiligung habe bei unter 20 Prozent gelegen, sagte der Vizepräsident der Nationalversammlung, Juan Pablo Guanipa. Das Wahlamt verlängerte am Abend die Öffnungszeiten der Wahllokale um eine Stunde.

Venezuela Parlamentswahlen Wahlkampf Juan Guaido
Oppositionsführer Juan Guaidó im WahlkampfBild: Juan Carlos Hernande/Zuma/picture alliance

"Die Wahl ist ein Betrug der von Nicolás Maduro angeführten Diktatur und wird die Krise im Land nur verschärfen", schrieb der Außenminister von Guaidós Gegenregierung, Julio Borges, in einem offenen Brief an die internationale Gemeinschaft. "Was Venezuela braucht, sind freie Präsidenten- und Parlamentswahlen."

Humanitäre Krise bahnt sich an

Venezuela steckt in einer tiefen Krise. Guaidó hatte sich Anfang 2019 selbst zum Interimspräsidenten erklärt und war von zahlreichen Ländern - darunter Deutschland und die USA - als legitimer Staatschef anerkannt worden. Allerdings gelang es ihm bislang nicht, sich gegen Maduro durchzusetzen. Der autoritär regierende Staatschef wird in dem Machtkampf vom mächtigen Militär gestützt. Die Vereinten Nationen werfen den Sicherheitskräften schwere Menschenrechtsverletzungen vor.

Während es Guaidó zunächst noch gelungen war, die Opposition hinter sich zu vereinen, traten mit andauernder Erfolglosigkeit auch die Gräben zwischen moderaten Regierungsgegnern und Hardlinern wieder offen zu Tage. Sollte Maduro nun auch die Mehrheit in der Nationalversammlung an sich ziehen, hätte er wieder alle wichtigen Staatsgewalten unter seiner Kontrolle. Erneut wäre es ihm gelungen, den Aufstand gegen seine autoritäre Regierung auszusitzen.

Unterdessen steuert das einst reiche Land auch immer tiefer in eine humanitäre Krise hinein. Aus Mangel an Devisen und wegen zahlreicher Sanktionen kann es kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs importieren. Selbst Benzin ist in dem Land mit den größten Ölreserven der Welt mittlerweile Mangelware. Laut einer Studie der katholischen Universität Andrés Bello leben 96 Prozent der Haushalte in Armut. Millionen von Venezolanern haben ihre Heimat verlassen.

An diesem Montag befassen sich die EU-Außenminister bei ihrem Treffen in Brüssel mit der Parlamentswahl in Venezuela. EU-Vertreter machten im Vorfeld klar, dass der Urnengang als weder frei noch fair betrachtet und somit nicht anerkannt werden kann.

gri/ust (dpa, afp)