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WADA droht Klagewelle

Stefan Nestler (mit sid, dpa)14. April 2016

Nach ihrer überraschenden Kehrtwende im Fall der verbotenen Substanz Meldonium steht die Welt-Doping-Agentur in der Kritik. Auch Tennis-Star Maria Scharapowa darf nun auf Gnade hoffen.

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Scharapowa bei dem Australian Open 2016. Foto: dpa-pa
Bild: picture-alliance/dpa/L. Coch

Überraschende Kehrtwende im Fall der verbotenen Substanz Meldonium: Durch eine wissenschaftliche Fehleinschätzung steht die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) gut drei Monate vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro vor einer gewaltigen Blamage - und möglicherweise vor einer Klagewelle. Eine neue Pilotstudie durch mehrere europäische Wissenschaftler ergab, dass der seit 1. Januar 2016 verbotene Wirkstoff nicht - wie bisher angenommen - nur drei bis maximal sieben Tage, sondern sogar mehrere Monate im Körper nachweisbar ist. "Die Studie zeigt, dass es offenbar zwei Phasen der Ausscheidung gibt, eine sehr schnelle und eine sehr langsame, die möglicherweise einige Monate andauern kann, und dies ist so nicht erwartet worden", bestätigte Mario Thevis, Dopingforscher an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Mehr als 170 Sportler positiv getestet

Der Wirkstoff Meldonium steht seit Jahresbeginn auf der WADA-Liste der verbotenen Substanzen. Seitdem waren weltweit mehr als 170 Sportler überführt und teilweise auch suspendiert worden. Dies war noch unter der Annahme geschehen, dass der Athlet bei einem positiven Dopingbefund das Herzmittel Mildronat mit dem Wirkstoff Meldonium erst nach dem 1. Januar eingenommen haben müsse. Die WADA kündigte vor dem Hintergrund der neuen Erkenntnisse an, die Strafen möglicherweise zu lockern. Athleten, die vor dem 1. März 2016 mit weniger als einem Mikrogramm des Herzmittels erwischt worden waren, könnten auf Gnade hoffen. Weitere Streitfälle sollten neu bewertet werden.

"Eldorado für Anwälte"

Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), sprach von einem "Skandal" und bezeichnete den Rückzieher der WADA als "Armutszeugnis". Das Vorgehen der Welt-Anti-Doping-Agentur sei "ein schwerer Schlag gegen die Glaubwürdigkeit im Anti-Doping-Kampf". Wenn es wirklich so sei, dass Meldonium langfirstig nachgewiesen werden könne, so Prokop, "dann haben wir ein juristisches Problem." Derselben Meinung ist auch der deutsche Sportrechtler Michael Lehner. Das Meldonium-Verbot zum 1. Januar sei ein Schnellschuss gewesen. "Man hätte eine Übergangsfrist setzen müssen. Jetzt muss man zurückrudern", sagte Lehner und sprach von einem "Eldorado für Anwälte".

Zufriedener Putin

Nutznießerin der WADA-Kehrtwende könnte auch die berühmteste Meldonium-Sünderin sein: Tennisstar Maria Scharapowa. Die 28 Jahre alte Russin war bei den Australian Open im Januar positiv getestet und später suspendiert worden. Anfang März hatte sie in Los Angeles zugegeben, Meldonium genommen zu haben. Die Frage ist nun, wie hoch die Konzentration in ihrer positiven Probe war. Der Tennis-Weltverband ITF kündigte an, Scharapowa erneut anzuhören. Der russische Präsident Wladimir Putin reagierte mit Genugtuung auf die WADA-Entscheidung. "Diese Substanz konnte niemals als Dopingmittel betrachtet werden", sagte Putin im russischen Fernsehen. Das Mittel beeinflusse die Leistung nicht, so Putin: "Das ist total sicher."

Scharapowa bei der Pressekonferenz im März, bei der sie einräumte, Meldonium genommen zu haben. Foto: dpa-pa
Wende auch für Scharapowa?Bild: picture-alliance/dpa/M. Nelson

sn/tk (sid, dpa)