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Waffenembargo gegen China sollte nicht aufgehoben werden

Matthias von Hein24. März 2005

Trotz Fortschritten ist auch die Menschenrechtssituation in China nach wie vor unbefriedigend. Die Aufhebung des Embargos, für die sich vor allem Deutschland und Frankreich einsetzen, wären deshalb ein falsches Spiel.

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Es war der kürzeste EU-Gipfel aller Zeiten. Ein wenig mehr Zeit hätten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs aber doch nehmen sollen. Denn ein zentrales Thema der europäischen Außenpolitik wurde bei den Beratungen ausgeklammert: Zur geplanten Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China gab es nur ohrenbetäubendes Schweigen. Der ursprüngliche Plan, das Embargo noch unter der luxemburgischen Präsidentschaft bis Juni 2005 aufzuheben, gerät ins Rutschen.

Daran ist nicht allein der massive amerikanische Druck schuld. Peking hat mit der Verabschiedung des gegen Taiwan gerichteten Anti-Abspaltungsgesetzes auf dem nationalen Volkskongress vor einer Woche (14.3.05) all jenen in der EU ein starkes Argument in die Hand gegeben, die ohnehin nur zähneknirschend zur Aufhebung des Embargos bereit waren.

Es ist nicht zu vermitteln, warum das Embargo fallen soll in einer Zeit, da China keinerlei Bedrohung von außen ausgesetzt ist, selbst aber wegen seiner Rüstungspolitik in Asien zunehmend als Sicherheitsrisiko wahrgenommen wird. Zwar wird von chinesischer Seite stets wiederholt, der massenhafte Kauf von Waffen in Europa sei gar nicht geplant - schon weil sie zu teuer seien.

Aber es geht auch gar nicht um den massenhaften Kauf von Rüstungsgütern. China wünscht von Europa einige Schlüsselprodukte zur Modernisierung seiner Streitkräfte. Zudem würde die Aufhebung des Embargos ein falsches Zeichen gegenüber den bisherigen Hauptlieferanten Russland und Israel setzen. Noch gibt es dort Hemmungen, Peking mit der neuesten Technologie auszustatten. Nach dem Fall des EU-Embargos dürfte sich das ändern.

Peking verlangt die Aufhebung des Waffenembargos als "symbolischen Akt". Aber womit hätte Peking diesen symbolischen Akt verdient? Mit einer signifikanten Verbesserung der Menschenrechtslage sicher nicht. Daran erinnerten am Mittwoch (23.3.05) 500 chinesische oppositionelle in einem offenen Brief an die EU. Für all jene, die sich unter großem persönlichen Risiko für mehr Demokratie, mehr Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte in China einsetzen, wäre die Aufhebung des Embargos eine herbe Enttäuschung. Nur schwer würde der Eindruck zu korrigieren sein, die EU sei eine prinzipienlose Versammlung von Krämern.

Europa muss sich darüber klar werden, wie es mit China umgehen will. Zwar unterhält die EU eine strategische Partnerschaft mit China. Doch verblüffenderweise fehlt es gerade an einer abgestimmten Strategie. Wie sonst konnte es passieren, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder ohne Konsultation mit den anderen EU-Staaten im Dezember
2003 das EU-Embargo als überholt bezeichnete. Mittlerweile haben insbesondere Schröder und sein französischer Amtskollege Jacques Chirac sich in ein ausgesprochen missliches Dilemma gebracht: Entweder sie bringen Washington gegen sich auf oder Peking.

Leider haben sowohl Schröder wie auch Chirac so viel Prestige in die Aufhebung des Embargos investiert, dass ein Zurück kaum möglich erscheint. Umso wichtiger erscheint der Zeitpunkt: Peking muss echte Fortschritte bei den Menschenrechten vorweisen. Und es darf nicht der Eindruck entstehen, massive Drohungen gegen Taiwan wie das
Anti-Abspaltungsgesetz könnten ohne Folgen auf internationaler Bühne ausgestoßen werden. Vor allem aber muss der geplante "code of conduct" mehr sein als eine unverbindliche Selbstverpflichtung. Er muss scharfe Zähne bekommen. Über all das hätte man in Brüssel reden können.